Wenn Mitarbeitende einen Fall von Korruption, einen Datenmissbrauch oder illegales Handeln beobachten, haben sie zwei Möglichkeiten: Wegsehen und schweigen oder hinsehen, reden – und damit ihren Job riskieren. «Schweigen ist Gold» galt in der Vergangenheit meist als Devise. Zu hoch war das Risiko, sich Kündigung, Mobbing oder anderen Repressalien auszusetzen. Zumindest bis jetzt. Denn am 17. Dezember 2021 tritt die EU-Whistleblower-Richtlinie in Kraft. Diese besagt, dass bis zu diesem Zeitpunkt Unternehmen mit 250 oder mehr Mitarbeitenden eine anonyme Meldestelle anbieten müssen. Unternehmen mit 50 oder mehr Mitarbeitenden haben dafür bis zum 17. Dezember 2023 Zeit. Diese Meldestelle soll als Frühwarnsystem dienen, um primär die Hinweisgebenden zu schützen. In der Konsequenz schützen Unternehmen jedoch vor allem auch sich selbst – ihre finanzielle Stabilität, ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihre Reputation. 

Wirtschaftlicher Schaden halbiert

Wie wirksam der Hinweisgeberschutz ist, zeigen Zahlen aus den USA: In der Whistleblower-Nation fallen die wirtschaftlichen Schäden bei einem Compliance-Verstoss gerade mal halb so hoch aus wie in Westeuropa. Auch hierzulande halbieren sich die Kosten bei Unternehmen mit einem anonymen Hinweisgebersystem. «Studien zeigen: Die mit Abstand meisten Verstösse werden von Hinweisgebenden gemeldet (40%). Da können interne Audits (15%) und Management Reviews (13%) nicht mithalten», erklärt Thomas Wittkopf, Geschäftsführer der TELAG AG und Co-Initiator der ganzheitlichen Hinweisgeberlösung whistleTAG, der Schweizer Pionierin anonymer Hinweisgebersysteme. Missbräuchliche Meldungen haben Unternehmen gemäss Wittkopf nicht zu fürchten. «Unsere Erfahrung deckt sich mit der Studie der Fachhochschule Graubünden. Das Anschwärzen von Kolleg:innen ist ein seltenes Phänomen. Lediglich drei Prozent der Meldungen werden als missbräuchlich eingestuft.» Dass Mitarbeitende, welche falsche Hinweise geben, nicht von der Richtlinie geschützt sind, trage zusätzlich zur integren Verwendung des Systems bei.

Zürich, 20.07.21, Thomas Wittkopf, Geschäftsführer TELAG AG© Samuel Schalch / Weiterer Text über ots und www.presseportal.ch/de/nr/100086351 / Die Verwendung dieses Bildes ist für redaktionelle Zwecke honorarfrei. Veröffentlichung bitte unter Quellenangabe: "obs/TELAG AG/Samuel Schalch"

Thomas Wittkopf, Geschäftsführer der TELAG AG und treibende Kraft hinter whistleTAG, dem ganzheitlichen Hinweisgebersystem für Schweizer KMU, das wie eine Haftpflichtversicherung bei Compliance-Verstössen greift.

Quelle: obs/TELAG AG/Samuel Schalch

«Chance für den Mittelstand»

Prof. Dr. Patrick Krauskopf geht davon aus, dass anonyme Hinweisgebersysteme auch in der Schweiz schon bald und in grossen Umfang implementiert werden. «In der Whistleblower-Richtlinie sehe ich nicht ein zusätzliches Regulatorium oder eine juristische Verpflichtung. Ich sehe vor allem eine Chance für Schweizer Unternehmen und insbesondere bei KMU, wo zurzeit der grösste Nachholbedarf besteht», erklärt der Leiter des Zentrums für Wettbewerbsrecht und Compliance an der ZHAW und Verwaltungsratspräsident der AGON Partners Legal AG, der führenden Kartellrechtskanzlei in der Schweiz. Die Chancen sieht Krauskopf vor allem in der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Landes. «Compliance-Verstösse sind nie zum Vorteil für eine Gesellschaft und deren Unternehmen. Je korrupter und intransparenter ein Land, desto mehr ist der Wohlstand gefährdet.»

Patrick Krauskopf

«Ein wirksamer Hinweisgeberschutz steigert die Wettbewerbsfähigkeit.» Prof. Dr. Patrick Krauskopf

Quelle: ZHAW

Zudem können Compliance-Verstösse kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) in eine enorme Schieflage bringen. «Aufgrund der fehlenden oder unausgereiften Compliance-Prozesse ist gemäss ACFE-Report der Schaden in KMU doppelt so hoch wie bei grossen Konzernen. Am Ende des Tages haftet der Geschäftsführer», so Patrick Krauskopf. Seine Empfehlung: «Ein funktionierender Hinweisgeberschutz dient als Frühwarnsystem. Er stellt sicher, dass Schweizer Unternehmen nicht aus den globalen Lieferketten kippen und sich mit ihrem Bekenntnis zu Offenheit und Transparenz einen Wettbewerbsvorteil sichern. Dies sowohl im wirtschaftlichen Wettbewerb wie auch im Kampf um die besten Talente, die sich – vor die Wahl gestellt – eher für Unternehmen mit einer Tone-from the-Top-Kultur entscheiden». Tone-from-the-Top bedeutet das Bekenntnis der obersten Organe eines Unternehmens zu Compliance.

Doch wie starten?

Prof. Patrick Krauskopf empfiehlt den Austausch mit einem erfahrenen Partner. Als Best Practice haben sich ein anonymer, telefonischer Meldekanal in Verbindung mit einer digitalen, DSGVO-konformen Hinweisgeberlösung etabliert. Ganzheitliche Systeme wie whistleTAG bieten darüber hinaus die Kommunikationsdrehscheibe zwischen Hinweisgebenden und den zuständigen Stellen (CEO, CFO, HR, Compliance etc.) und das entsprechende Case Management ebenso an wie einen unabhängigen Ombudsservice und eine Manager Haftpflichtversicherung (D&O Versicherung).

«Auch das beste Hinweisgebersystem hilft nur, wenn es zielgerichtet kommuniziert wird. Nur wenn Mitarbeitende und Kunden, Partner und Lieferanten das System kennen, ist es wirksam. Wenn auch neue Talente auf Anhieb das Bekenntnis hinter einem funktionierenden Hinweisgeberschutz erkennen, führt dieses sogar zum Vorteil im Employer Branding», gibt Krauskopf zu bedenken.