Das Anlegen mit künstlicher Intelligenz (KI) gibt es seit den 1970er-Jahren: Damals wurden die ersten elektronischen Börsen eingeführt – und seither bildet das «Algo-Trading» die dritte Anlagevariante neben aktivem und passivem Investieren. Vorbild für viele ist der legendäre Medallion Fund von Renaissance Technologies. Dieser für weitere Investoren längst geschlossene Hedgefonds soll seit 1988 lediglich ein einziges schwaches Jahr verzeichnet haben. Ansonsten lag die jährliche Performance bei 60 Prozent – pro Jahr.

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Prognosen sind gut, Performance ist besser

Das sind beeindruckende Zahlen, auch in Vergleich mit klassischen aktiven oder passiven Investments. Bereits ein Zehntel von 60 Prozent wird als grosser Erfolg verbucht. Eine US-Studie beschrieb eine durchschnittliche Überperformance schon bei 5,2 Prozent, und es gibt Hedgefonds, die sogenannten Quants, die durchschnittlich ein halbes Prozent monatlich an Extrarendite erwirtschaften und damit die normalen Fonds übertreffen. Bezogen auf die KI gibt es natürlich auch Anlageprodukte, die weniger glorreich unterwegs sind als der Medallion Fund und bei der die KI nicht zu einer überdurchschnittlichen Performance beitrug. Der in Branchenkreisen beachtete Eurekahedge AI Hedge Fund Index kam zwischen Ende 2009 und Juli 2024 auf eine jährliche Performance von 9,8 Prozent. Zum Vergleich: Der S&P-500-Index verzeichnete ein jährliches Plus von 13,7 Prozent in der gleichen Zeit.

Jetzt kommt die neue Generation der generativen KI ins Spiel, jedoch ist sie nur bedingt nutzbar. «Generative KI generiert Inhalte in derselben Form, in der sie trainiert wurde – Text, Bilder, Ton», erklärt David Wright, Fund Manager von Quest AI beim Vermögensverwalter Pictet Asset Management. «Aufgrund ihrer mangelnden Vorhersagbarkeit ist sie für quantitative Investitionen zur Erstellung von Prognosen oder Portfolios daher nur begrenzt einsetzbar.» Im Gegensatz dazu seien andere Machine-Learning-Techniken wie Klassifikations- und Regressionsbäume oder das sogenannte Gradient Boosting sehr effektiv für relativere Renditeprognosen. «Wir sind jedoch der Ansicht, dass es zum jetzigen Zeitpunkt am effektivsten ist, Prognosen aus maschinell trainierten Modellen mit traditionellen Portfoliooptimierungstechniken in ein effektives, risikokontrolliertes Portfolio zu integrieren», so Wright. «Wir untersuchen ausserdem, wie wir unsere KI-basierten Aktienprognosen direkter in den Handelsansatz integrieren können, um damit Handelsstrategien für unsere langsamer reagierenden quantitativen Produkte zu entwickeln.»

Zu wenig lange Datenreihen

Banken wie die UBS nutzen schon seit langer Zeit datengestützte Methoden in der Marktanalyse und Portfoliobewertung. Moderne Ansätze wie Large Language Models (LLMs) stellen dabei eine neue Generation von KI-Verfahren dar, die neue Anwendungsfälle ermöglichen. Ein Alpha (also ein Mehrwert gegenüber dem Markt) durch LLMs ist gemäss UBS möglich, aber die Kombination aus menschlicher Expertise und KI-Unterstützung wird auch hier als zukunftsweisend angesehen. Die KI helfe, Prozesse zu beschleunigen und die Qualität der Beratung zu erhöhen, ersetze aber nicht die Erfahrung und das Urteilsvermögen von Portfoliomanagern, so der O-Ton. «Wir sehen auch hier die Kombination aus menschlicher Expertise und KI-gestützten Tools für den Erfolg als entscheidend», heisst es von der Bank. Die Kunden profitieren von schnelleren, präziseren Services, nahtlosen digitalen Prozessen und einer noch bedürfnisgerechteren Beratung, die durch KI unterstützt wird. 

Ähnlich klingt es dann auch von der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Hier lässt eine Sprecherin verlauten: «Wir erachten KI als eine der aussichtsreichsten Technologien des digitalen Wandels für Finanzinstitute.» KI, konkret Machine Learning (ML), kommt bei der ZKB insbesondere bei der Datenanalyse zur Anwendung, da sie grosse Datenmengen in kurzer Zeit analysieren kann. So lassen sich Muster erkennen, die für den Menschen schwer oder gar nicht wahrnehmbar sind. Diese Muster könnten potenziell als Alphaquellen dienen, indem sie beispielsweise auf Marktineffizienzen oder neue Korrelationen hinweisen, heisst es dann weiter vonseiten der Bank. In der Praxis zeige sich, dass die Wahrscheinlichkeit, Alpha zu generieren, bei einer Kooperation zwischen ML und Fondsmanager höher ist als bei einem direkten Wettbewerb zwischen beiden.

Geht es um den Aktienderivatehandel, betreibt die ZKB im Tradingbereich selbst kein Algo-Trading. Es gibt aber Produkte, die die KI nutzen, um die risikogewichtete Performance zu optimieren und beispielsweise bei einem Korb von Schweizer Aktien die Gewichtungen laufend durch KI anzupassen. Eine der grössten Herausforderungen in diesem Bereich sei jedoch die Verfügbarkeit von ausreichend relevanten Daten. Verglichen mit LLMs, die auf Billionen von Textfragmenten trainiert werden, stehen für gehandelte Aktien vergleichsweise wenig Daten zur Verfügung. Es gibt demnach viel Luft nach oben, dass KI den Menschen als Berater ersetzt – dies aber sieht bislang kaum ein Finanzinstitut.