Das laufende Jahr ist für Krypto-affine Investorinnen und Investoren durchzogen: Die meisten digitalen Währungen liegen gegenüber Ende 2024 leicht zurück. Beim Bitcoin, wo es Schwankungen zwischen 80’000 und 125’000 Dollar gab, ist der Rückstand auf das Vorjahr am kleinsten. Was der Markt aber auch zeigt: Drei, vier Tage mit Kursgewinnen aufseiten der führenden Kryptowährung hat auch Auswirkungen auf weitere Kryptowährungen. Denn steigt der Bitcoin, zieht er gewöhnlich auch die meisten anderen digitalen Währungen mit nach oben.
Nur Bitcoin ist Bares
Mit dem Boom dieser Anlagen haben auch die Investmentbanken ihr Portfolio erweitert und decken das Thema nun ab. Dabei werden drei Kategorien unterschieden. «Zunächst einmal betrachten wir Bitcoin als Ware, bei der Angebot und Nachfrage eine Rolle spielen», sagt Andrew Moss, ein auf digitale Assets spezialisierter Analyst bei der US-Investmentbank Jefferies. «Grundlegend anders als Bitcoin ist die zweite Kategorie, die Token wie Ethereum, Solana, Tron und Avalanche – sie unterstützen Smart-Contract-fähige Blockchains, die als Betriebssysteme ähnlich wie Microsoft Windows fungieren und es Entwicklern ermöglichen, darauf aufbauend Apps zu entwickeln.» Diese vier Blockchains und ihre dApp Stores haben seit 2021 einen Umsatz von 67,1 Milliarden US-Dollar generiert. Und die dritte und zahlenmässig weitaus grösste Kategorie machen die Memecoins aus. «Sie machen 99 Prozent der Token aus, haben jedoch keinen inneren Wert oder Nutzen», so Moss.
«Neben Bitcoin bieten insbesondere Ethereum oder Solana eine starke Ergänzung für ein Portfolio, da diese als Fundament für das gesamte Ökosystem dienen», erklärt Adrian Fritz, Head of Research bei 21Shares. «Da diese Plattformen Zentren für Innovation sind, agieren sie fast wie ein Index-Proxy für Trends wie Stablecoins, Tokenisierung oder DeFi, alles Narrative, die auf diesen sogenannten Smart-Contract-Plattformen aufbauen.» Darüber hinaus gewinnen Avalanche oder Sui zunehmend an Bedeutung, diese punkten mit hoher Skalierbarkeit und starken Entwickler-Communitys. «Wer etwas breiter diversifizieren möchte, kann auch exponierte Sektoren wie DeFi mit Token wie Aave, Uniswap und Hyperliquid oder Infrastrukturprojekte wie Chainlink beimischen», so Fritz weiter. «Wichtig ist, sich auf liquide, etablierte Projekte mit realer Nutzung zu konzentrieren, nicht auf kurzfristige Trends.»
Kein Ersatz, nur Ergänzung
Kryptowährungen sind heute noch miteinander korreliert, vor allem in Stressphasen. «Bitcoin ist der Taktgeber des gesamten Marktes, steigt oder fällt er, folgen meist auch die anderen Assets.» Allerdings würden die Korrelationen in Bullenmärkten aber auch langfristig abnehmen, wenn Investoren gezielt zwischen Ökosystemen und Werteversprechen unterscheiden. «Wichtig ist, dass Diversifikation im Kryptobereich nicht automatisch gleichbedeutend mit Risikoreduktion ist», erklärt Fritz. «Es braucht ein Bewusstsein für technologische und regulatorische Unterschiede.»
Als Grundlage für Anlageentscheidungen etablieren sich nach und nach erste Bewertungsmethoden. «Bei Bitcoin funktionieren relative Bewertungen, etwa der Vergleich zu Gold, oder es kommen Makro-Modelle wie Stock-to-Flow oder Realized Cap zum Einsatz», so Fritz. «Bei Protokollen wie Ethereum oder Solana werden hingegen zunehmend Cashflow-basierte Ansätze, etwa Discounted-Cashflow-Modelle, verwendet.» Es etablieren sich also nach und nach Standards. Dennoch bleibt die Bewertung derzeit eher dynamisch und narrativ getrieben, vergleichbar mit der Frühphase des Internets.
Eine sinnvolle Ergänzung
Die Höhe des Anteils digitaler Assets in Portfolios hängt vom Risikoprofil und dem Zeithorizont ab. «Für die meisten Investoren sind ein bis fünf Prozent des Gesamtportfolios ein sinnvoller Startpunkt – genug, um am langfristigen Wachstum zu partizipieren, ohne das Gesamtrisiko zu dominieren», rät Fritz. «Unsere Backtesting-Analysen zeigen, dass eine Krypto-Beimischung die risikoadjustierten Renditen verbessern kann – aufgrund der geringen Korrelation zu traditionellen Assetklassen.» Professionelle oder risikofreudigere Anleger könnten auch bis zu 10 Prozent oder mehr halten, sofern sie die Volatilität aushalten und die Assets aktiv überwachen.
Und solche Assets eignen sich auf für langfristige Anlageziele. «Dennoch ist Krypto kein Ersatz, sondern eine Ergänzung klassischer Anlagen», so Fritz. «Entscheidend ist, die Anlage nicht als kurzfristige Spekulation, sondern als strategische Beimischung mit asymmetrischem Potenzial zu sehen.»

