Trotz seinen 48 Jahren sieht Charles Oberson noch aus wie ein junger Mann – vor allem dank seinem zum Teil schelmischen Lächeln. In seinem Blick liegt auch ein Hauch von Herausforderung. Und das aus gutem Grund: Die Aufgabe des Freiburgers ist immens. Der Mann ist Operation Director bei Frewitt. Das KMU mit Sitz im Freiburger Dorf Granges Paccot ist ein Juwel der Schweizer Industrie. Dessen Erfolgsgeheimnis? Das Geschäftsmodell basiert auf
einer Nische, die eine hohe technische Expertise erfordert. Frewitt stellt hochwertige Industriemühlen her. Diese Maschinen brechen, zerkleinern oder mahlen Materialien zu mehr oder weniger feinen Pulvern, die vor allem in der Pharmazie, aber auch in der Lebensmittel, Chemie oder Kosmetikindustrie eingesetzt werden. Charles Oberson ist sehr stolz auf seine Funktion. «Unsere Abteilung zählt 34 Mitarbeiter, von insgesamt 80 FrewittMitarbeitern.
Dazu gehören Produktion, Logistik, Qualität und Einkauf. Wir stehen zwar nicht in Kontakt mit Kunden. Aber wir gestalten die Produkte, die wir verkaufen. Das ist von grundlegender Bedeutung.» Frewitt setzt jährlich einige hundert Mühlen ab, von denen 85 Prozent ins Ausland, vor allem nach Europa, exportiert werden. Das 1946 gegründete Unternehmen setzt dabei auf seine Schweizer Identität.

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Überraschungen in Tieflohnländern

Ein Bereich, der für Charles Oberson von besonderem Interesse ist, ist der Einkauf. «Es ist einer der stärksten Treiber für die Rentabilität», erklärt er. «Umso besser, wenn der Umsatz steigt. Die Einsparungen, die wir beim Einkauf von Rohstoffen oder Teilen für unsere Maschinen erzielen können, haben einen viel direkteren Einfluss auf die Marge.» Charles Oberson ist seit 2009 bei Frewitt tätig. Nach seinem Ingenieurstudium an der EPFL arbeitete er bei Meggitt, einem auf Luftfahrtsensoren spezialisierten Unternehmen. Der junge Mann ging dann für drei Jahre in die deutschsprachige Schweiz. Auch hier war er technischer Projektleiter. Dann trat er in die Richemont Distribution Group ein und begann, sich mit der Logistik zu beschäftigen. Von dieser Erfahrung nimmt er beste Erinnerungen mit und die Lust, eine Branche vom Anfang bis zum Ende zu kennen. Bei Frewitt steht Oberson von Beginn weg vor grossen Herausforderungen. Der starke Schweizer Franken belastet die hiesigen Exportunternehmen und schwächt ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt. Entsprechend gilt es, im Ausland nach neuen Lieferanten zu suchen, welche die nötigen Teile zu besseren Preisen in ähnlicher Qualität produzieren können. Charles Oberson und seine Teams reisen viel, vor allem in China. Doch es warten einige Überraschungen auf sie. Zuerst gilt es, keinen Betrügern auf den Leim zu kriechen: «Als wir mit der Suche begannen, hatten wir Kontakt zu asiatischen Unternehmen, deren Zweck eindeutig darin bestand, unsere Maschinen zu kopieren», erinnert er sich. Sobald dieses Risiko ausgeschlossen werden konnte, wurden erste Termine vereinbart. Aber auch hier waren die Verhandlungen langwierig. «Einmal sind wir von Schanghai vier Stunden in eine Stadt gefahren, um ein Geschäft abzuschliessen», erklärt Oberson. «Als wir vor Ort waren, sagte uns der Direktor, dass seine Dienste zwanzigmal mehr kosten würden, als ursprünglich angekündigt. Wir haben versucht, eine Einigung zu erzielen, aber es war unmöglich.» Charles Oberson reist zwischen fünf und siebenmal im Jahr. Sein grosser Einsatz hat sich ausbezahlt: Die Komponenten der Frewitt Mühlen machen heute 30 Prozent des Verkaufspreises aus – gegenüber 40 Prozent vor sieben Jahren. Ganz auf den Schweizer Charakter zu verzichten, steht dennoch ausser Frage. «Unser Einkaufsmodell basiert auf drei Säulen: Lokale Lieferanten, die uns eine gewisse Flexibilität ermöglichen, europäische Lieferanten, die eine sichere Versorgung zu attraktiven Preisen bieten, und schliesslich Tieflohnländer, deren Produkte sehr günstig sind.»

Vielversprechende Zukunft

Für Oberson «müssen sich die Einkäufer von ihrer Rolle als unerbittliche Verhandlungspartner und Preisbrecher lösen und stattdessen zu Analysten der Wertschöpfungskette eines Produkts werden und Garant für eine Winwin Beziehung mit Lieferanten sein». Über sein Engagement wurde Oberson Vorstandsmitglied bei Procure.ch, dem Fachverband für Einkauf und Supply Management. «Die Zukunft der Branche ist vielversprechend», sagt er. Neue Technologien werden sie weiterentwickeln und Barrieren abbauen und die Unternehmen miteinander verbinden. In den kommenden Jahren müssen viele Stellen besetzt werden. Charles Oberson fördert mit Begeisterung den Beruf des Einkäufers bei der jüngeren Generation. «Dies ist ein Bereich, der für alle offen ist, weil er hauptsächlich über die Berufsausbildung zugänglich ist», sagt er. «Und ein Hauptvorteil ist, dass man verschiedene Kulturen kennen lernen kann. Eine unglaubliche Gelegenheit!»