Computerprogrammieren ist vierzig Jahre nach der Einführung des PC eine exotische Tätigkeit geblieben: Das Spezialwissen verteilt sich auf eine kleine Minderheit vorwiegend jüngerer Männer.

Das dürfte sich in den kommenden Jahren fundamental verändern. Denn die Programmiertätigkeit, für die man zu Beginn des Computerzeitalters vor sechzig Jahren vorwiegend weibliches Personal in einer Rolle als erweiterte Sekretariatsaufgaben vorgesehen hatte, könnte von viel mehr Menschen ohne spezielle Zusatzqualifikationen übernommen werden. Treiber dafür sind zwei Entwicklungen.

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Erstens gibt es einen Boom bei den «No Code/Low Code»-Programmierplattformen. Sie ermöglichen Interessierten den Zugang zu Softwaretools, mit denen Anwendungen praktisch mit den Fingerspitzen aus fertigen Elementen zusammengebaut werden können. In einzelnen Bereichen wie im Machine Learning, einer Disziplin der Programmierung für künstliche Intelligenz, stellen mächtige Anbieter wie Google und Microsoft ihre Baukästen zur Verfügung. Zweitens werden diese einzelnen Programmelemente zunehmend von Computern selber programmiert. Fortschritte bei der automatischen Generierung von Texten erlauben auch die automatische Programmierung von Software. Microsoft beispielsweise hatte im Juni dieses Jahres zusätzliche Funktionen in die eigene Entwicklungsumgebung Visual Studio integriert.

Startups wie OpenAI und Tabnine haben ebenfalls Software vorgestellt, die aus einem irgendwo anders produzierten Code neue Programme zusammenbaut. Als Nebenprodukt reduzieren sie Fehler im bereits geschriebenen Code.

Die Folgen dieser Entwicklung sind weitreichend: Wenn die Produktion des Softwarecodes näher an die Orte rückt, wo der Code genutzt wird, und sich das Personal den eigenen Computercode für lokale Zwecke schafft, dürften Computerprogrammierjobs das gleiche Schicksal erleben wie die vielen Sekretariatsstellen – sie werden verschwinden oder gepoolt. Zudem verlieren auch Offshoring- und Outsourcing-Modelle an Bedeutung.

Absehbar sind aber auch neue Herausforderungen. Separate individuelle Programmierung durch halbwegs qualifizierte Laien schafft neue Wirklichkeiten: Eine winzige Einstellung in einem der fertigen Softwaremodule genügt, und man kommt vielleicht zu ganz anderen Geschäftszahlen und Ergebnissen. Aber auch für die Handhabung solcher Themen gibt es Vorbilder. Sie kommen aus dem Social-Media-Bereich; diese Programmmodule sind ebenfalls schon entwickelt worden. Sie müssen nur noch angeklickt werden.