Geht es um Stromer, hört man immer wieder das gleiche Gegenargument: Weil bei der Herstellung höhere CO₂-Emissionen anfallen, seien sie nicht umweltfreundlicher als Verbrenner. Eine Studie des International Council on Clean Transportation (ICCT) räumt nun mit diesem Vorurteil auf. E-Autos verursachen über ihre gesamte Lebensdauer deutlich weniger Treibhausgase als vergleichbare Benziner: In einem Zeitraum von zwanzig Jahren fallen laut der Studie bei einem Stromer in der EU von der Herstellung bis zur Verschrottung 73 Prozent weniger CO₂-Emissionen an als bei einem vergleichbaren Verbrenner. Und dies, obwohl E-Autos bei der Produktion rund 40 Prozent mehr Emissionen verursachen. Diesen Rückstand macht ein Stromer im Betrieb schnell wett: Schon nach 17'000 Kilometern zieht er mit einem vergleichbaren Verbrennermodell gleich. Es dauert also rund zwei Jahre, bis man mit dem E-Auto klimafreundlicher fährt als mit dem Verbrenner.

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Entscheidend für die Klimabilanz von E-Autos ist jedoch der Strommix. Die Studie berücksichtigt die voraussichtliche Elektrizitätsherstellung in der EU in den Jahren 2025 bis 2044. Der Anteil fossiler Energien am Strommix in der EU ist in den letzten Jahren stark zurückgegangen und wird weiter sinken. 2024 lag er bei weniger als 30 Prozent. Bereits 47 Prozent des Stroms wurden da aus erneuerbaren Energien gewonnen. Und bis 2050 will die EU Europa klimaneutral machen, wozu auch die Stromproduktion umgebaut wird. Auch die Schweiz strebt bis zu diesem Zeitpunkt das Klimaziel von netto null Treibhausgasemissionen an. Wobei der Stromproduktionsmix hierzulande schon heute fürs Klima weit vorteilhafter ist als in der EU: Nur 2 Prozent des hergestellten Stroms stammen in der Schweiz aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe. Den Löwenanteil machen die Wasserkraft (60 Prozent) und die Kernenergie (29 Prozent) aus. Die Schweiz ist zwar auch auf Stromimporte angewiesen, doch der gelieferte Strom stammt ebenfalls nur zu einem sehr kleinen Prozentsatz aus fossilen Energieträgern.

Wird das Fahrzeug nur mit erneuerbarem Strom geladen, liegen die Emissionen über die gesamte Lebensdauer 78 Prozent tiefer als bei einem Verbrenner. Die Studie kommt in diesem Fall auf einen durchschnittlichen Ausstoss von 52 Gramm CO₂ pro Kilometer. Nach der Produktion des Autos und der Batterie kommen fast keine Treibhausgasemissionen mehr dazu. Komplett anders sieht es beim Verbrenner aus. Egal ob Diesel (234 g/km) oder Benzin (235 g/km) getankt wird: Der CO₂-Ausstoss ist massiv grösser und wird vor allem durch den Treibstoffverbrauch und die Treibstoffproduktion angekurbelt.

Alternative Wasserstoff?

Und was ist mit anderen alternativen Antrieben? Hybride und Plug-in-Hybride schneiden über eine Lebensdauer von zwanzig Jahren nur um 20 Prozent (Hybrid) respektive 30 Prozent (Plug-in) besser ab als Benziner. Andere Studien haben gezeigt, dass Plug-in-Hybride viel seltener elektrisch gefahren werden als angenommen. Eine Dekarbonisierung des Verkehrs ist mit diesen Technologien folglich nicht zu machen. Potenziell besser fürs Klima wären hingegen Brennstoffzellenfahrzeuge, die mit Wasserstoff betrieben werden. Bei der Verbrennung von Wasserstoff entsteht kein CO₂, sondern vor allem Wasser. Der springende Punkt ist hier – analog zur Stromproduktion bei den E-Autos –, auf welche Weise der Wasserstoff produziert wird. Heute wird er zu rund 90 Prozent aus Erdgas hergestellt. Dieser «graue Wasserstoff» ist nicht klimafreundlich. Die Emissionen von Brennstoffzellenautos, die mit derzeit verfügbarem Wasserstoff aus Erdgas betrieben werden, schätzt die Studie auf 175 Gramm CO₂ pro Kilometer. Das sind nur 26 Prozent weniger als die Lebenszyklusemissionen von Benzinfahrzeugen und vergleichbar mit einem Plug-in-Hybrid. Völlig anders sähe die Bilanz hingegen mit «grünem Wasserstoff» aus, der mit erneuerbarem Strom produziert wird. Solche Brennstoffzellenautos hätten über zwanzig Jahre gerechnet Emissionen von lediglich 50 Gramm CO₂ pro Kilometer – 79 Prozent weniger als Benzinfahrzeuge. Da kann selbst ein E-Auto, das nur mit erneuerbaren Energien geladen wird, nicht mithalten. Allerdings macht grüner Wasserstoff heute erst 0,4 Prozent des hergestellten Wasserstoffs aus. Immerhin laufen Bestrebungen, die Produktion massiv hochzufahren.

Das Fazit der Studie ist daher eindeutig: Das EU- Verbrenner-Aus ist ein wichtiger Schritt zur Klimaneutralität, was aber nur in Kombination mit sauberer Energieproduktion und verbesserter Batterieherstellung zum Erfolg führt.