Das Jahr 2025 steht auch in der Schweiz im Zeichen der chinesischen Autos. Auch bei uns sind immer mehr Fahrzeuge aus China auf den Strassen unterwegs. Bereits im letzten Jahr starteten MG und Leapmotor, in diesem Jahr BYD, Zeekr und Xpeng. Dabei hatten die Hersteller aus dem Reich der Mitte bis vor kurzem einen miserablen Ruf. Doch mit dem Aufkommen der Elektromobilität scheint sich das zu ändern. Chinesische Autobauer seien sehr dynamisch und risikofreudig, sagt Experte Ferdinand Dudenhöffer, der Leiter des deutschen CAR-Instituts. «Sie sind Entrepreneurs im klassischen Sinne.»
Technische Innovationen sind Trumpf. Nicht umsonst werden chinesische Autos oft als fahrende Smartphones bezeichnet. «Alles, was mit Smart-Cockpit zusammenhängt, hat in China seine Heimat», erklärt Dudenhöffer. «Da man dort oft im Stau steht, sind Entertainmentfunktionen wichtig.» Es geht aber nicht nur um Spielereien. Autonomes Fahren ist in den Grossstädten bereits weit verbreitet, während die Technologie in Europa noch in den Kinderschuhen steckt. Doch in China kämpfen über 150 Automarken um den grössten Automarkt der Welt. Und teilweise nimmt der Preiskampf ruinöse Züge an, weil die Hersteller die Marktanteile über die Gewinne stellen. Die Chinesen hätten jedoch die Produktionskosten besser im Griff als wir in Europa, findet Dudenhöffer. «Das sieht man etwa an der Automatisierung der Werke, zum Beispiel bei Xiaomi.» Dazu kommt: China ist dominant bei der Herstellung von Batterien – chinesische Firmen beherrschen rund 75 Prozent der weltweiten Batterieproduktion für E-Autos. Auch dies ermöglicht eine billigere Produktion.
Harziger Markteintritt
Weil der US-Markt für chinesische Hersteller mit massiven Zöllen schon unter Ex-Präsident Joe Biden faktisch geschlossen wurde, sehen diese ihre besten Gewinnaussichten in Europa. So feierte Chinas Platzhirsch BYD im Frühling mit einem pompösen Event den Markteintritt in der Schweiz. Allerdings verlief der Verkaufsstart danach harzig. Die ersten Modelle Seal und Sealion waren mit Startpreisen von 48'990 und 49'990 Franken in einem Segment angesiedelt, in dem sich zahlreiche etablierte Marken tummeln. Die Folge: Der Weltmarktführer für Steckerautos konnte bis Anfang November nach den Zahlen von Auto-Schweiz lediglich 658 Fahrzeuge absetzen. Billigere Modelle wie der Dolphin Surf, der bei 20'990 Franken startet, sollen nun die Wende bringen. Und auch bei anderen chinesischen Herstellern sind die Stückzahlen hierzulande noch klein. Zeekr, die Premiummarke des Autokonzerns Geely (Volvo, Polestar, Smart und Lotus), startete im August in der Schweiz. Nur 44 Exemplare wurden bis Ende Oktober abgesetzt. Besser schneidet Polestar mit 904 verkauften Fahrzeugen ab; die Schwesterfirma von Zeekr und Volvo konnte den Absatz 2025 im Vergleich zum Vorjahr beinahe verdoppeln.
Den Einstieg geschafft hat auch Leapmotor. Bekannt ist der Hersteller vor allem für den kleinen Billigstromer T03, der ab 16'990 Franken zu haben ist. Insgesamt verkaufte die Marke hierzulande in den ersten zehn Monaten des Jahres 608 Fahrzeuge. Ganz neu in der Schweiz ist Xpeng, hier ist es daher zu früh für eine erste Bilanz. Und dennoch kann man sagen, weil es offensichtlich ist: Noch fehlt vielen Menschen im Westen das Vertrauen in die neuen Hersteller. Um das Jahr 2010 seien eine Reihe sehr schlechter Autos aus China auf den Markt gekommen, sagt Dudenhöffer. Als Beispiel nennt er die Marke Landwind, die es heute nicht mehr gibt. «Die Fahrzeuge wurden bei Tests zerrissen und als ‹Reisschüsseln› bezeichnet.» Einfacher haben es Marken, die bereits eine Tradition als eigenständige Hersteller haben und erst später von chinesischen Besitzern übernommen wurden. So zum Beispiel MG: Die einst englische Traditionsmarke gehört seit 2006 chinesischen Besitzern. Beim Neustart in Europa hat sie von ihrer reichen Geschichte profitiert und sich damit in der Schweiz rasch wieder etabliert: In diesem Jahr verkaufte die Firma bis Ende Oktober 2661 Stück – mehr als beispielsweise Mazda (2409). Auch Volvo gehört in diese Kategorie. Die Autos des schwedischen Traditionsherstellers unterscheiden sich nur noch wenig von der Schwestermarke Polestar. Trotzdem bleibt sie in der Schweiz beliebt: Mit 6819 verkauften Fahrzeugen in den ersten zehn Monaten gehört Volvo hier zu den grösseren Namen.
Ein Auto aus China? Mittlerweile denkbar
Für Dudenhöffer ist klar: «Bei westlichen Autos und Marken gibt es eine Historie für die Kunden.» Ohne diese Geschichte können die Konsumenten die Marke nicht einschätzen. «Als die Japaner und die Koreaner kamen, war es ähnlich wie heute bei den Chinesen.» Doch inzwischen sind Marken wie Toyota und Hyundai weltweit etabliert und erfolgreich.
Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag von Autoscout 24 in diesem Herbst können sich inzwischen 40 Prozent der Schweizer Bevölkerung vorstellen, ein chinesisches Auto zu kaufen. Interessantes Detail am Rande: Im Direktvergleich USA gegen China würden 27 Prozent das US-amerikanische Auto bevorzugen, aber 28 Prozent das chinesische. Der Wandel ist bereits in vollem Gang.

