Mit rund 18 Millionen Dollar verzeichnen ETFs einen bedeutenden Anteil im weltweiten Fondsgeschäft. In den vergangenen Jahren stieg der Anteil konstant an und liegt jetzt zwischen 15 und 20 Prozent. In einigen Märkten wie in den USA ist der Marktanteil in den vergangenen Jahren sogar überdurchschnittlich stark gewachsen – und laut einer Prognose von PWC soll sich dies bis mindestens ins Jahr 2029 fortsetzen. Ein Grund ist, dass passives Anlegen gefragt ist, und Gleiches gilt für niedrige Kosten und die Standardisierung der Produkte. Diese Vorteile, die den ETFs bisher zu grossen Erfolgen verholfen haben, sind aber gleichzeitig auch ihre grösste Schwäche. Denn bis ins Jahr 2030 werden vielfach KI-Agenten die ETF-Auswahl in Portfolios übernehmen, wie die Experten von McKinsey an der Sibos-Bankenkonferenz in Frankfurt erklärten. Und das hat gravierende Auswirkungen für das Bankengeschäft.
KI-Agenten eliminieren Ineffizienzen
Bisher spielt sich der Wettbewerb vor allem auf der Angebotsseite ab: Banken und vor allem die grossen Assetmanagementfirmen, welche Fonds und ETFs emittieren, senken ihre Kosten bei den Standardprodukten laufend. Erst kürzlich hat beispielsweise Vanguard, ein grosser US-Assetmanager, eine weitere Preisrunde für ETFs auf Standardaktienindizes angekündigt.
Dieser wachsende Preiswettbewerb ist möglich, weil Banken und Assetmanager ihrerseits die Kosten durch den Einsatz von innovativer Technik laufend senken können. Künstliche Intelligenz (KI) nutzte man hier schon einige Jahre. Unter anderem zur Erkennung von auffälligen Mustern, die auf betrügerische Machenschaften hindeuten. Ebenso für das Risk-Management sowie bei der Optimierung des Vertriebs. Und schon vor dem Aufkommen der Gen KI gab es einige einfache Sprach- und Text-Bots für Kundenanfragen.
Nun kommt auf der Nachfrageseite Bewegung auf – und das gleich mehrfach: Denn die KI-Agenten übernehmen laufend weitere Aufgaben für die Endkundschaft: Abzusehen ist, dass sie in wenigen Jahren stellvertretend für ihre Kundinnen auch Anlageentscheide fällen werden, so wie sie das heute bereits bei der Musik- und Filmauswahl machen. Solche KIAgenten werden, wenn sie gut funktionieren, nicht nur die neue, entscheidende Schnittstelle zwischen Finanzdienstleistern und den Retailkunden darstellen. Die KI-Agenten werden von den grossen internationalen KI-Firmen der Welt entwickelt und kontrolliert – auch hier herrscht ein Wettbewerb, der sich verschärfen wird. Denn die besten und damit die Agenten, die für Kundinnen in Zukunft die günstigsten ETFs raussuchen, werden ihren Entwicklern das meiste Geld in die Kasse spülen. Und so den finanziellen Aufwand, der gerade für den Auf- und Ausbau von KI-Rechenkapazitäten und -Rechenzentren aufgewendet wird, zurückholen.
Erste ETFs werden tokenisiert
Hinzu kommen weitere Entwicklungen wie die Tokenisierung von ETFs. Anleger werden diese zukünftig – direkt oder via KI-Agenten – noch einfacher austauschen können. So oder so wird der Preis beziehungsweise der Kostenaufschlag beispielsweise als TER ausgewiesen – und wird möglicherweise auch die Performance sowie das mögliche maximale Verlustpotenzial bei aktiven ETFs zum Entscheidungsfaktor. Laut einer Überschlagsrechnung von McKinsey nehmen die Gebührenpools bei Bankprodukten um vielleicht 10 Prozent ab, wenn man die KI-Agenten als einen von mehreren möglichen Zugangswegen zu den Produkten ansieht. Wenn die KI-Agenten dominieren, könnten die Einnahmen bei Banken und Assetmanagern auch um 20 und mehr Prozente schrumpfen, da die KI-Agenten die bisherigen Ineffizienzen zugunsten ihrer Kundinnen aufspüren und beseitigen werden. Assetmanager und Banken müssen ihrerseits die Kosten um solche Grössenordnungen reduzieren.
Bei den Index-ETFs wird diese Entwicklung nicht stoppen: Geldmarktfonds eignen sich, besonders in ihrer tokenisierten Form, in die man innert Sekunden ein- und aussteigen kann, perfekt als zinstragendes Vehikel für mindestens einen Tag. Wenn solche Fonds durch KI-Agenten mitverwaltet werden, kommen laut McKinsey die Bilanzen von Banken unter Druck: Das praktisch nicht mehr verzinste Geld auf den Einlagen wäre weg und damit die Grundlage für das Kreditgeschäft. Selbst ein Boom beim Geschäft mit ETFs könnte diesen Einnahmeverlust nicht mehr ausgleichen.