Ende Januar 2022 lautete die Schlagzeile: «Die UBS kauft Wealthfront für 1,4 Milliarden Dollar». Der «automatische Wealth-Management-Provider», wie Wealthfront bezeichnet wurde, verwaltete damals ein Vermögen von 27 Milliarden Dollar für mehr als 470 000 Kunden. Der primäre Fokus des Unternehmens lag auf Millennials und der Generation Z – und damit bei den jungen Zielgruppen, welche bevorzugt ihre Portfolios mit ETFs ausstatten und die Bankfilialen kaum noch aufsuchen.

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Wichtige Skaleneffekte

Ein halbes Jahr später wurde der Deal abgesagt – ohne Erklärung, wie Bloomberg damals meldete. Danach war es lange ruhig, und die UBS hat sich mit der Übernahme der Credit Suisse verändert. Wealthfront hingegen lebt weiter und unternimmt in diesen Wochen den Börsengang. Ende 2024 hatte der Firmenwert bei 2 Milliarden Dollar gelegen, wie sich aus den Angaben zum Mitarbeitendenprogramm im inzwischen veröffentlichten Börsenprospekt berechnen lässt. Der Emissionspreis und damit der Firmenwert – federführend sind Goldman Sachs und J. P. Morgan – wird in diesen Wochen nach den Roadshows und beim Bookbuilding berechnet werden. Bei den digitalen Wealth-Managern beziehungsweise den Robo-Advisor-Betreibern in der Schweiz wird man genau hinschau hinschauen, um zu sehen, wie Wealthfront sein Geld mit den günstigen ETFs verdient. Die meisten Anlagestrategien, die hier zur Auswahl stehen, basieren auf diesen kostengünstigen Produkten. Damit arbeiten auch die Schweizer Robo-Advisors – aber man verdient im Geschäft mit Privatkundinnen damit bisher kaum Geld. Skaleneffekte sind dabei nur ein Thema. Wealthfront ist in den USA mit inzwischen rund 550 000 Kunden bezüglich der verwalteten Robo-Advisor-Vermögen lediglich die Nummer vier nach Vanguard Digital Advisor, der Robo-Sparte der Fondsgesellschaft, die 335 Milliarden Dollar verwaltet, Empower (mit 200 Milliarden) und Schwab Intelligent Portfolio, wo man auf gegen 90 Milliarden kommt. Die Zahl der User liegt unter jener von Betterment und kleineren Rivalen – Wealthfront richtet sich explizit an die wohlhabenden Personen mit deutlich überdurchschnittlichem Einkommen. Und man konzentriert sich auf den kommenden Generationenwechsel. Der Zeitpunkt, wenn die jüngeren User die Erbschaften der Boomergeneration antreten – und ihre Gelder gleich in die ETFs auf ihren Wealthfront-Depots lenken.

Die Zinserträge machen es

Skaleneffekte werden in der Schweiz unter den Robo-Advisors immer wieder als Herausforderung für das Wachstum auf einem kleinen Markt bezeichnet. Wealthfront kommt mit 300 Mitarbeitenden aus – auf jede und jeden kommt eine Dreiviertelmilliarde verwaltetes Vermögen. Zum Vergleich: Truewealth, ein schweizerisches Pendant, das im Sommer 2025 ein verwaltetes Vermögen von 2 Milliarden Franken auswies, verzeichnet beispielsweise eine mittlere zweistellige Zahl von Mitarbeitenden. Hier kommt auf jede Person ein mittlerer zweistelliger Betrag an verwaltetem Vermögen. Ausserdem muss bei Wealthfront das Personal von den Gebühreneinnahmen bezahlt werden. Wealthfront berechnet 0,25 Prozent, was auf 100 000 verwaltete Dollar gerechnet 250 Dollar macht. Schweizerische Robo-Advisors kommen auf deutlich höhere Beträge, und die Affluent-Abteilungen von Banken verrechnen ihren Kundinnen noch einmal mehr, wie die Analysen von Vergleichsdiensten ergeben.

Ein Geheimnis des lukrativen Geschäftsmodells lässt sich dem Emissionsprospekt entnehmen. Hier spricht Wealthfront genau 115-mal von Automatisierung. Das andere versteckt sich ein bisschen besser zwischen den Zeilen: Das Fintech weist keine Banklizenz auf. Deshalb lenkt das Unternehmen die Bargelder der Kunden auf Partnerbanken weiter – und wird dafür mit Zinsen entschädigt. Rund drei Viertel der Einnahmen kommen aus dieser Quelle. Aus den Anlagegebühren, die man für die Verwaltung der ETF-lastigen Portfolios verrechnet, kommt das weitere Viertel. Damit erklärt sich auch, warum das Unternehmen so effizient und profitabel ist: Die Weitergabe des Bargelds spielt zwei- bis dreimal mehr Geld ein als das ETF-Portfolio.

Mit einigen Anpassungen lässt sich das Modell auf die Schweiz übertragen: Bargelder, die von einem angeschlossenen Robo-Advisor kommen und gerade nicht benötigt werden, könnten dieses Problem für eine Bank lösen – wenn sie ein sauberes Bilanzmanagement macht. Grossbanken wie die UBS gehen noch mal anders vor: Sie bauen die Anlagemöglichkeiten in ihre mobilen Bankingplattformen ein und holen sich so die Gelder ins Haus.