Bis vor kurzem schienen nachhaltige Investitionen unaufhaltsam. Und auch bei den ETF berücksichtigten Anleger neben finanziellen Aspekten immer öfter Nachhaltigkeitskriterien in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Sogenannte ESG-Anlagen boomen. Doch zunehmend steht ESG im Gegenwind. 2023 und 2024 zogen Anleger 33 Milliarden Dollar aus amerikanischen ESG-Fonds ab, wie die Analysefirma Morningstar berechnete. Und seit der erneuten Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten hat der politische Wind erst recht gegen die Nachhaltigkeitsthematik gedreht. Politiker aus dem Lager des Präsidenten sehen ESG als Teil eines «woken» Kapitalismus, der Gewinne für liberale politische Ziele opfert.

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ESG als Wachstumstreiber

Zwei Analysen von McKinsey und MSCI (Morgan Stanley Capital International) legen nahe, dass ESG-Anlagen finanziell weiterhin Sinn machen. In verschiedenen Anlageklassen. Laut diesen Studien lassen verantwortungsvolle Unternehmen die Konkurrenz langfristig hinter sich, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. McKinsey untersuchte, wie sich die ESG-Bewertung einer Firma auf die Rendite auswirkt. Dazu analysierte die Beratungsfirma über mehrere Jahre die Leistungsdaten der 10 000 grössten globalen Unternehmen. Resultat: Zwar konnten starke ESG-Bewertungen schwache Fundamentaldaten nicht ausgleichen. Doch Firmen, die nicht nur beim Wachstum und bei der Rentabilität besser als die Konkurrenz waren, sondern auch ihre ESG-Bewertungen verbesserten, schnitten am besten ab. Sie hatten eine um 2 Prozentpunkte höhere Gesamtrendite für die Aktionäre als Firmen, die nur finanziell glänzten.

«Triple Outperformer» nennt McKinsey diese besonders erfolgreichen Firmen. Zwischen 2017 und 2021 verzeichneten laut der Studie mehr als die Hälfte der Triple Outperformers ein jährliches Umsatzwachstum von mehr als 10 Prozent. Insgesamt schaffte das in dem Zeitraum nicht einmal jedes vierte Unternehmen. «Firmen können nicht nur gut abschneiden, wenn sie Gutes tun, sondern sie schneiden gerade deshalb besser ab», kommentierte McKinsey Senior Partner Michael Birshan die Ergebnisse. Ein besonderes Augenmerk legt die Beratungsfirma auf das Verhalten der Führungskräfte. Wenn CEOs bedenken, welche Auswirkungen ihre Strategien auf die Menschen und den Planeten haben, dann senken sie nicht nur das Reputationsrisiko, so McKinsey, sondern können auch eher das volle Wachstumspotenzial ihrer Firma ausschöpfen. MSCI ist der grösste Anbieter von ESG-Daten zu börsenkotierten Firmen. In einer neuen Studie des Finanzdienstleisters geht es um zwei wichtige Fragen: Welche Nachhaltigkeitskriterien schützen am besten vor starken Kurseinbrüchen? Und welche sind am stärksten mit einer langfristigen Outperformance verbunden? Ergebnis: Als Schutz vor starken Kurseinbrüchen war die gute Unternehmensführung – also das G bei ESG für Governance – besonders wichtig. Ein schlechtes Abschneiden bei einem Governance-Kriterium war oft ein Frühwarnsignal für einen Crash. So waren beispielsweise Firmen Crash-anfällig, die dem Management überhöhte Löhne bezahlten.

Für die langfristige Outperformance gewannen laut der Untersuchung ökologische und soziale Themen an Bedeutung. Die Bedeutung von E und S für die Performance unterscheidet sich je nach Branche. So war zum Beispiel eine bessere Leistung in Bezug auf Schadstoffemissionen und Abfälle das beste Signal für höhere Renditen in den Sektoren Rohstoffe und Industrie. Im Gesundheitssektor war das beste Signal für Aktienrenditen der Ansatz eines Unternehmens zur Verbesserung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung. Für MSCI ist klar: Eine Analyse der ESG-Daten macht aus Anlegersicht Sinn, um sich vor bösen Überraschungen an der Börse zu schützen und die Performance eines Investments besser einzuschätzen.

Keine Wohltätigkeit

Die Analysen von McKinsey und MSCI zeigen: Verantwortungsvolle Firmen können bessere Renditen bringen, wenn sie auch sonst gut wirtschaften. Der Hype mag zu Ende sein. Doch ESG-Daten bleiben wichtige Informationen für die Auswahl von Investments. Viele Kleinanleger wissen dies ungeachtet des politischen Klimas: Laut einer Umfrage von Morgan Stanley aus dem Jahr 2024 interessieren sich 84 Prozent der Privatanleger in den USA für nachhaltige Investitionen. Am grössten ist das Interesse bei jungen Menschen, bei Millennials (96 Prozent) und der Generation X (91 Prozent). ESG ist noch lange nicht tot.