Die Vermögensverwaltung befindet sich im Umbruch. Technologische Neuerungen bieten den Firmen im Assetmanagement grosse Chancen, auf die veränderten Marktbedingungen zu reagieren. Und so für ihre Kunden langfristiges Vermögenswachstum zu schaffen. Nach der Finanzkrise ab 2007 hätten die Niedrigzinsen den Aktienmärkten zu einem Boom verholfen, erklärt Iwan Deplazes, Präsident der Asset Management Association Switzerland (Amas) und Leiter des Asset-Management bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Doch diese Zeiten seien vorbei. «Steigende Inflation, Zinswende, Corona-Pandemie, Russlands Krieg in der Ukraine und auch der Krieg in Nahost sowie zuletzt die erratische Handelspolitik der USA stellen die Märkte auf die Probe, was sich in einer erhöhten Volatilität äussert.» Doch wie hat sich das Asset-Management vor diesem Hintergrund verändert und was passiert als Nächstes? Das sind die wichtigsten Entwicklungen der letzten Jahre.
Siegeszug der passiven Anlagen
Passive Anlagestrategien zielen darauf ab, die Performance eines Markts abzubilden, statt diesen zu schlagen. ETFs, Finanzprodukte, die die Zusammensetzung eines Wertpapierindexes nachbilden, wurden seit der Finanzkrise immer beliebter. Dieser Trend sei auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen, sagt Deplazes. «Sie sind kosteneffizient und transparent, sie ermöglichen es Anlegern, ohne tiefes Fachwissen ein diversifiziertes Portfolio zu bauen, sie liefern zwar keine Outperformance, dafür aber konsistente Marktrenditen.»
Passive Anlageprodukte seien wegen der genannten Vorteile ideal für den Vertrieb auf digitalen Plattformen. «Der Passivierungstrend dürfte sich fortsetzen, zumal eine Mehrheit der aktiv gemanagten Fonds langfristig ihren Vergleichsindex nicht schlagen», sagt Deplazes.
Robo-Advisors und KI
Ein Robo-Advisor ist ein digitaler Vermögensberater. Solche Systeme, bei der die Anlageentscheidungen von Algorithmen bestimmt oder unterstützt werden, kamen in den 2010er-Jahren auf und verbreiteten sich rasch. «Sie sprechen aufgrund ihrer tieferen Kosten, einfachen Handhabung und des digitalen Erlebnisses vor allem das jüngere Anlegersegment an», sagt Deplazes. «Gleichwohl sind reine Robo-Advisors Nischenanbieter.» Für anspruchsvollere Anlagebedürfnisse werde die persönliche Anlageberatung weiterhin unersetzlich bleiben.
Die künstliche Intelligenz (KI) bietet dem Assetmanagement hingegen Möglichkeiten, die weit über die mathematischen Modelle hinausgehen, welche die Robo-Advisors einsetzen. «KI kann entlang der Wertschöpfungskette eingesetzt werden: bei der Automatisierung von Prozessen, im Daten- und Risikomanagement, auch im Portfoliomanagement sowie bei der Kundensegmentierung», sagt Deplazes. «Die KI-Revolution im Asset-Management ist in vollem Gang.» Aber KI könne nur so gut sein wie die Datenqualität. Zudem gelte auch hier: «Anleger ziehen weiterhin das persönliche Beratungsgespräch vor, insbesondere in Krisenzeiten.»
Krypto und Blockchain
Seit 2009 gibt es den Bitcoin. Die älteste Kryptowährung hat ihren Wert in den letzten fünf Jahren verzehnfacht. Seit 2024 bietet sogar der weltgrösste Vermögensverwalter Blackrock einen ETF auf den Bitcoinkurs an. Dennoch sind Kryptos laut Deplazes weiterhin eine Randerscheinung: «Das Marktvolumen aller Kryptowährungen beläuft sich derzeit auf 3,3 Billionen Dollar, davon fallen 2,1 Billionen Dollar auf den Bitcoin. Der Aktienmarkt ist rund 51 Billionen Dollar schwer, der Anleihenmarkt über 120 Billionen Dollar.» Die Marktkapitalisierung aller Kryptos ist damit kleiner als diejenige von Microsoft, der aktuell wertvollsten Firma der Welt (3,6 Billionen Dollar). Zumindest den Bitcoin könne man aber inzwischen zu den Bausteinen eines diversifizierten Portfolios zählen.
Keine Randerscheinung ist hingegen die Blockchain, die Technologie, auf der Bitcoin und die anderen Kryptowährungen basieren. Vereinfacht gesagt ist eine Blockchain eine dezentrale Datenbank, auf der Transaktionen als Blöcke chronologisch gespeichert sind. «Die Asset Management Association Switzerland sieht in erster Linie in der Tokenisierung des Anlagefonds, also des Gefässes für Vermögenswerte wie Aktien und Anleihen, grosses Potenzial bezüglich Effizienz und Transparenz sowie Zugänglichkeit zum Finanzsektor», so Deplazes. Die Schweiz sei in dem Bereich führend. «Kürzlich hat die Börse BX Digital die Genehmigung der Finma für eine Handelsplattform erhalten, welche die Abwicklung von Transaktionen und die Übertragung von Vermögenswerten auf einer öffentlichen Blockchain ermöglicht.» Auch der Finanzplatz Schweiz trägt so seinen Teil zur Revolution im Assetmanagement bei.