Die Frage, wie sich der gewohnte Lebensstandard im Alter sichern lässt, beschäftigt auch die Menschen in der Schweiz. Es ist absehbar, dass die staatliche Vorsorge künftig nicht ausreichen wird. Die demografische Entwicklung, die steigende Lebenserwartung und die zunehmenden Unsicherheiten an den Kapitalmärkten stellen Anleger und Anbieter vor neue Herausforderungen. Wer frühzeitig und klug investiert, kann der Rentenlücke jedoch gezielt entgegenwirken.
Oliver Buomberger, Deputy CEO und COO bei der Saxo Bank
Private Marktanlagen als Pfeiler der Altersvorsorge
Eine zunehmend wichtige Rolle spielen dabei Privatmarktanlagen – also Investments ausserhalb der klassischen Börse. Private Marktanlagen umfassen verschiedene Anlageklassen mit attraktivem Rendite-Risiko-Profil. Richtig eingesetzt, können sie klassische Vorsorgelösungen wie Pensionskassen und Säule-3a-Konten sinnvoll ergänzen: So bieten Buyout-Fonds mit langem Anlagehorizont attraktive historische Renditen. Sie investieren in etablierte, oft unterbewertete Unternehmen mit klarem Entwicklungspotenzial. Beteiligungen an erneuerbaren Energien, Verkehrsnetzen oder sozialen Einrichtungen gelten als inflationsgeschützt, stabil und planbar – wichtige Eigenschaften für die Altersvorsorge. Und Immobilien gehören nach wie vor zu den beliebtesten Anlageformen in der Schweiz – auch wegen ihrer Stabilität und Sachwertkomponente.
Diese Anlagen sind langfristig ausgerichtet, weniger von kurzfristiger Marktdynamik abhängig und bieten gute Diversifikation. Sie erfordern jedoch Expertise, Zugang und meist einen höheren Kapitaleinsatz – weshalb sie sich besonders in gemanagten Vehikeln oder über Beraterzugang lohnen.
Neben den klassischen Privatmarktanlagen gewinnen auch automatisierte ETF-Sparpläne an Bedeutung. Sie sind einfach, transparent und kosteneffizient. Wer monatlich einen festen Betrag in breit diversifizierte ETFs investiert, profitiert langfristig vom Zinseszinseffekt und einem disziplinierten Anlageverhalten. Entscheidend ist die Kostenstruktur: Manche Anbieter verlangen hohe Gebühren oder schränken die Auswahl ein. Andere bieten Zugang zu einer grossen Auswahl kostenfreier ETFs – ohne Mindestbetrag, Kaufkosten oder laufende Gebühren. Solche Lösungen können einen wertvollen Beitrag zur individuellen Vorsorgestrategie leisten.
Faktor Mensch
Für eine nachhaltige Altersvorsorge braucht es jedoch mehr als gute Anlagen. Der Finanzberater der Zukunft wird zunehmend zur Vertrauensperson: technologieaffin, aber menschlich. Er versteht digitale Tools ebenso wie persönliche Lebensziele. Die Kombination aus datenbasierter Analyse, regulatorischem Know-how und Empathie macht den Unterschied. Besonders in der Vorsorgeplanung suchen viele Menschen nicht nur ein Produkt, sondern auch eine langfristige Begleitung.
Technologie – etwa künstliche Intelligenz (KI) – kann helfen, individuelle Bedürfnisse präziser zu erfassen. KI-gestützte Systeme analysieren heute schon Risikoprofile, Lebenssituationen und Markttrends in Echtzeit und schlagen passende Anpassungen vor. Künftig könnten Robo-Advisors laufend auf Marktveränderungen reagieren und Portfolios automatisch optimieren. Dennoch gilt weiterhin: Vertrauen entsteht durch Menschen – nicht durch Maschinen.
Regulierung und Verantwortung
Die Finanzbranche steht unter wachsendem regulatorischen Druck – auch als Folge der Finanzkrisen. Ziel ist, Transparenz, Anlegerschutz und Stabilität zu erhöhen. Seit der Finanzkrise 2008 wurde die Regulierung weltweit deutlich verschärft (zum Beispiel durch Basel III oder Mifid II). Damit soll der Anlegerschutz gestärkt, die Systemstabilität erhöht und Finanzkriminalität effektiver bekämpft werden. Die Schweiz ist gefordert, diese internationalen Entwicklungen weitgehend mitzumachen – mit der Herausforderung, dabei die Balance zwischen internationaler Konformität und Attraktivität als Finanzplatz zu wahren.
Die aktuelle Diskussion um die Eigenmittelanforderungen der UBS zeigt dieses Dilemma sehr deutlich. Doch gerade im Vorsorgebereich darf Regulierung nicht zur Hürde werden: Wer für das Alter vorsorgen will, braucht einfachen Zugang zu passenden Produkten, transparente Informationen und verständliche Beratung. Zugleich wächst die Verantwortung der Anbieter: Sie müssen klar kommunizieren, realistische Erwartungen setzen und vor allem jene Produkte fördern, die langfristig funktionieren – nicht kurzfristig glänzen. Denn Altersvorsorge ist kein Sprint, sondern ein Marathon.