Mehr Eigenkapital für die UBS – dieses Thema verdeckt etwas die Sicht auf weitere Baustellen der Regulierung in der Schweiz: Auch für weitere grössere Banken stehen höhere Eigenmittelforderungen im Raum. In Fintech- und Crypto-Bitcoin-Kreisen fordert man Anpassungen, um den Standort gegenüber den USA, Singapur und den Vereinigten Arabischen Emiraten zu stärken beziehungsweise zu stützen. Und höhere Hürden beim Onboarding erschweren das Aufkommen neuer, «leichter» digitaler Geschäftsmodelle. Das wiederum widerspiegelt sich im Rückstand vieler schweizerischer Banken bei der Digitalisierung – und in diese Lücke stossen dann europäische Vertreter wie Revolut und Wise.

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Zu viel Papierkrieg für kleinere Banken

«Die Schweiz steht im internationalen Vergleich bezüglich der Bankenregulierung insgesamt gut da», sagt Fabian Schmid, Leiter Regulierung und Compliance für Financial Services beim Beratungsunternehmen Grant Thornton in Zürich. «Ihr prinzipienbasierter Regulierungsansatz, zu dem sich die Finma bekennt, fördert Eigenverantwortung und Flexibilität.» Im Gegensatz dazu würden andere Länder (EU-Mitgliedsstaaten, USA) stärker regelbasiert arbeiten. «Das erfordert in der Schweiz jedoch eine besonders kompetente Umsetzung durch Institute und Behörden», so Schmid weiter. Ein weiterer wesentlicher Unterschied liege in der Struktur der Bankenaufsicht in der Schweiz, die im sogenannten dualistischen Prüfsystem organisiert ist. «Dabei übernimmt die Finma die Aufsichtsfunktion, während zugelassene Prüfgesellschaften die Prüfung vor Ort durchführen», so der Experte. Dieses System kombiniert staatliche Aufsicht mit privatwirtschaftlicher Umsetzung und erlaubt Effizienz sowie Praxisnähe.»

Spätestens seit dem Inkrafttreten des Finanzinstitutsgesetzes (Finig), welches die umfassende Regulierung der unabhängigen Vermögensverwalter mit sich brachte, dürfte es in der Schweizer Finanzmarktregulierung keine grösseren weissen Flecken mehr geben, meint Schmid. «Die Ereignisse rund um die Credit Suisse haben aber klar gezeigt, dass das TBTF-Regime weiterentwickelt werden muss.» Ziel bleibt ein robuster und zugleich verhältnismässiger Rahmen für systemrelevante Institute. Auch eine bessere Koordination mit internationalen Aufsichtsbehörden wird angestrebt. «Ob Regulierung zu viel ist, hängt stark von der Perspektive ab», so Schmid weiter. «Viele Regeln sind wichtig und dienen der Stabilität.» Gleichzeitig würde das wachsende Regelwerk kleinere Institute deutlich mehr belasten. «Gerade bei den jährlich zunehmenden Reporting-Pflichten äussert sich dies in besonderem Masse», beobachtet Schmid. «Diese Asymmetrie ist somit real, wird aber im Schweizer Regulierungsmodell durchaus anerkannt.» Die Finma versucht, durch risikobasierte Aufsicht und abgestufte Anforderungen Entlastung zu schaffen, etwa für unabhängige Vermögensverwalter oder kleineren Banken.

Positive Zukunftsaussichten

Im Blockchain-Bereich gehört die Schweiz zu den führenden Standorten. «Mit dem DLT-Gesetz 2021 wurde früh ein verlässlicher Rahmen geschaffen», sagt Schmid. «Bei Stablecoins geht die neue Regulierung allerdings im internationalen Vergleich eher weit.» Positiv ist, dass die Finma kürzlich mit der Zulassung der BX Digital, die ein Token-Handelssystem betreibt, einen weiteren Fortschritt im Blockchain-Bereich ermöglicht hat. Geht es um den Einsatz und die Integration von KI, befindet sich die Fintech-Regulierung in der Schweiz derzeit in einer Übergangsphase. «Der Bundesrat verfolgt einen sektorspezifischen Regulierungsansatz statt eines allgemeinen KI-Gesetzes – das erhöht die Anschlussfähigkeit an internationale Entwicklungen, beispielsweise den AI Act der EU und die KI-Konvention des Europarates», kommentiert Schmid. Die Herausforderung bleibe, Innovation nicht zu bremsen und dennoch Risiken im Blick zu behalten.

Das gilt auch für das sich rasch verändernde globale Umfeld. «Die Finma trägt hier eine doppelte Verantwortung», so Schmid. «Gemäss Artikel 4 des Finmag ist es ihre Aufgabe, nicht nur für funktionierende Märkte und die Einhaltung der regulatorischen Standards zu sorgen, sondern auch zur Stärkung des Ansehens, der Wettbewerbsfähigkeit und der Zukunftsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz beizutragen.» Bis 2030 werde sich der Fokus noch stärker auf die effektive Steuerung von Risiken richten, erwartet Schmid. KI wird zunehmend auch bei der Anwendung und Auslegung von Regulierung unterstützen, nicht nur in der Überwachung, sondern auch bei der Ausarbeitung gesetzlicher Vorgaben, der risikoorientierten Überwachung sowie im Enforcement-Bereich. Und auch die Spitzenkräfte werden in die Verantwortung genommen. «So dürfte es 2030 in der Schweiz – wie in vielen anderen Ländern – ein Senior-Managers-Regime geben, um die individuelle Verantwortlichkeit der Führungspersonen fehlbarer Finanzinstitute besser abzugrenzen.»