Im vergangenen Jahr erzielten sowohl Gold als auch Bitcoin erhebliche Wertzuwächse. Beide gelten oft als Absicherung gegen Marktverwerfungen bei traditionellen Anlageklassen wie Aktien. Immer wieder stellen Anleger deshalb die Frage: Soll ich Gold kaufen oder lieber auf Bitcoin setzen?
Der Autor
Hans-Peter Schmid ist CEO der Privatbank Bank von Roll AG
Häufig wird übersehen, dass hinter beiden Anlagen unterschiedliche Kaufmotive stehen. Bitcoin wird oft aus spekulativen Überlegungen heraus erworben, während Gold in einer Vermögensallokation traditionell als stabilisierende Absicherung gegenüber volatilen Märkten dient. Insofern ist ein direkter Vergleich der beiden Anlageklassen ohne Berücksichtigung dieser unterschiedlichen Intentionen wenig sinnvoll. Spannend ist die Betrachtung beider Assets hinsichtlich ihrer Rolle als Beimischung zur Risikominderung innerhalb eines Portfolios.
Marktrisiken im Vergleich
Gold hat eine tausend Jahre umfassende Geschichte als Zahlungsmittel und Wertspeicher. Studien, etwa jene der Universität Zürich im Auftrag der Bank von Roll, unterstreichen diese Widerstandsfähigkeit in turbulenten Zeiten, insbesondere innerhalb diversifizierter Portfolios. Gold ist kulturell tief verwurzelt, physisch verfügbar und global anerkannt.
Im Gegensatz dazu verfügt Bitcoin über eine vergleichsweise kurze Historie und ist gesellschaftlich bislang weniger als Krisenanlage akzeptiert. Bereits eine kleine Beimischung von Bitcoin führt zu erheblichen Performanceschwankungen in einem Portfolio.
Operationelle Risiken
Neben den Marktrisiken spielen operationelle Risiken eine wesentliche Rolle. Gold besitzt einen entscheidenden Vorteil: Es lässt sich jederzeit handeln, da lediglich der Austausch gegen Waren oder Dienstleistungen nötig ist. Gold bewährt sich jederzeit als sehr liquide Anlageklasse, während beispielsweise Unternehmensanleihen während der Finanzkrise 2008 kaum Käufer fanden.
Bitcoin-Transaktionen erfordern eine stabile Stromversorgung und einen zuverlässigen Internetzugang. Hinzu kommen sogenannte Miner, die durch das Lösen komplexer mathematischer Aufgaben Transaktionen bestätigen. Je weniger Miner aktiv sind, desto langsamer und kostspieliger werden Bitcoin-Transaktionen. Da die Anzahl an verfügbaren Bitcoins begrenzt ist, könnten die Transaktionskosten künftig weiter steigen, um die Miner zu motivieren, diese rechenintensiven Aufgaben zu lösen.
Weiterhin beruhen Bitcoin-Transaktionen auf einem demokratischen Prinzip: Eine Transaktion gilt erst dann als bestätigt, wenn eine Mehrheit der Miner sie anerkennt. Das wirft die Frage auf, ob Anleger den Minern – häufig in Staaten mit fragwürdiger Rechtsstaatlichkeit – ausreichend vertrauen können.
Zusätzlich bestehen regulatorische Unsicherheiten: Während beim Goldhandel etablierte Standards bezüglich des Handels, der Besteuerung und Qualität existieren, sind diese für Bitcoin bislang nur punktuell definiert, was für Investoren zusätzliche Risiken birgt.
Blockchain-Gold: Zwischen Tradition und Innovation
Interessant wird es, wenn traditionelle Werte auf Innovation treffen, etwa beim tokenisierten Gold. Hier ermöglicht die Blockchain-Technologie, physisches Gold digital abzubilden. Tokens wie Paxos Gold oder Tether Gold repräsentieren physisch hinterlegtes Gold, das über digitale Wallets gehandelt werden kann, ohne traditionelle Finanzintermediäre.
Doch auch hier bleiben entscheidende Fragen: Wie ist die direkte Verknüpfung zwischen physischem Gold und digitalen Token gewährleistet? Während ein sogenannter digitaler Token fälschungssicher ist, ist die Echtheit des dahinterstehenden Goldbarrens nicht unbedingt verifiziert. So ist weiterhin eine unabhängige dritte Partei zur physischen Verifizierung notwendig, was dem Grundgedanken einer dezentralen Blockchain-Lösung widerspricht.
Eine Frage des Vertrauens
Die Frage, ob Gold oder Bitcoin langfristig die attraktivere Anlage ist, lässt sich nicht allein anhand technischer oder historischer Kriterien beantworten, sondern hängt stark von der gesellschaftlichen Akzeptanz und dem Vertrauen der Marktteilnehmer ab. Beide Anlagen erfüllen zentrale Eigenschaften eines Wertspeichers wie Knappheit, Teilbar- und Austauschbarkeit sowie Haltbarkeit, jedoch in unterschiedlichem Masse. Entscheidend wird letztlich sein, wem die Anleger dauerhaft ihr Vertrauen schenken. Gold war, ist und bleibt Gold.