«Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr.» Der Rütlischwur steht bis heute sinnbildlich für Eigenverantwortung, Gemeinschaftsgeist und den Mut, sich entschlossen den Herausforderungen der Zeit zu stellen. Gerade heute – inmitten durchaus tiefgreifender unter anderem technologischer Umbrüche – ist dieser Geist aktueller denn je. Künstliche Intelligenz (KI) ist in diesem Zusammenhang lediglich eine der neuen Wellen jüngster technologischer Innovationen. Sie reiht sich ein in eine Serie disruptiver Entwicklungen der vergangenen Jahre, wie Internet, Social Media, Mobility, Blockchain, heute disruptive Big Data oder eben KI, morgen autonome Roboter – und übermorgen vielleicht Quantencomputer. Sie alle regen immer wieder unsere hiesige Wirtschaft an und verhelfen ihr stets zu einem ordentlichen Fortschritt. Damit rückt die Frage ins Zentrum: Welche Rolle nehmen Fachhochschulen in diesem Wandel ein? Hierzu fünf Themen, wie Fachhochschulen und KMU gemeinsam den nächsten wirtschaftlichen Wachstumsschub auslösen können.

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Die Autorin

Katharina Windler, Senior Research Associate, Hochschule Luzern

Effectuation: Bestehendes nutzen

Kennen Sie den unternehmerischen Denkansatz der Effectuation? Studien zeigen: Erfolg entsteht oft dann, wenn Unternehmen mit den vorhandenen Ressourcen einfach loslegen. Anstatt erst ein möglicherweise fernes und bereits zu konkretes Ziel zu definieren und dann nach passenden Mitteln zu suchen. Eine häufig übersehene «Ressource» sind dabei Kundenbedürfnisse. Erfolgreicher ist, wer Produkte und Leistungen mit dem Markt entwickelt – also in kontinuierlichem Austausch mit Kundinnen und Kunden bleibt und nahezu permanent Feedback einholt. 

Haltung: KI ist da – und bleibt

Ein zentrales Ziel der Fachhochschulen ist, zur langfristigen Sicherung des Schweizer Wohlstands beizutragen – damit auch kommende Generationen in einem prosperierenden Umfeld leben können. Ergo ist das stete Aufkommen von KI mehr als ein Grund zur Freude! Diese Überzeugung muss sich im Alltag von Lehre und Weiterbildung widerspiegeln. Fachhochschulen müssen sich dabei als Dienstleister und Partner der KMU verstehen: auf Augenhöhe, praxisnah, lösungsorientiert. KI gehört künftig selbstbewusst zum Technologieportfolio – angewendet, getestet, integriert und verständlich aufbereitet für Unternehmen und Gesellschaft. Hier knüpfen Weiterbildungsangebote für Unternehmen an, die unlängst dank KI Studierenden die Erarbeitung von Projekten während der Weiterbildung ermöglichen, beispielsweise in einem CAS (Certificate of Advanced Studies).

Kooperation: Auch im Wettbewerb 

Der Bildungsmarkt – insbesondere die Aus- und Weiterbildung – hat sich mit dem ECTS-System stark verdichtet. In der Schweiz ist daraus ein leistungsfähiges Ökosystem entstanden, bestehend aus mehrheitlich überkantonal abgegrenzten Fachhochschulen, Förderinstitutionen wie Innosuisse, aber auch aus Wirtschaftsverbänden und KMU. Die Forschung zeigt: In solchen Netzwerken führt ein Teamplay unter spezifischen Voraussetzungen häufiger zum Erfolg als Wettbewerb allein. Dies gilt für Unternehmen und Fachhochschulen innerhalb als auch untereinander. Das Konzept der Coopetition (eine Mischung aus Cooperation und Competition) beschreibt genau das – eine Strategie, bei der Zusammenarbeit und Konkurrenz kein Widerspruch sind, sondern gemeinsam Mehrwert schaffen. 

Praxisnähe: Der Wirtschaft dienen

Im Unterschied zu Universitäten liegt der Auftrag der Fachhochschulen in der praxisbezogenen Ausbildung. Sie bereiten komplexe Inhalte so auf, dass diese unmittelbar in Unternehmen anwendbar sind. Das Ziel: direkt einsetzbare Fachkräfte, angewandte Forschung mit realwirtschaftlichem Nutzen und konkrete Problemlösungen für KMU. Fachhochschulen sollen keine Beratungsunternehmen sein, sondern als Sparringspartner, Coaches und regionale Innovationsbooster agieren. Akademische Titel und Statusdenken dürfen dabei keine Triebfeder sein.

Plattformen: Begegnung schaffen

Fachhochschulen sollten Plattformen sein, auf denen sich KMU austauschen, vernetzen und voneinander lernen. Das schafft Nähe zu den tatsächlichen Bedürfnissen der Wirtschaft und stärkt die Relevanz der Hochschulen selbst. Beispiele aus Luzern zeigen, wie das aussehen kann: der AI Agents Summit, das NPO-Forum oder der etablierte AI Hub LAC² bieten ideale Plattformen für kollaboratives Lernen und Innovation. Fazit: Auf zum Rütli! Lassen wir uns vom Geist des Aufbruchs inspirieren, holen aus dem Bestehenden das Beste heraus, begrüssen neue Technologien mit Neugier und Freude, kooperieren mutig, handeln praxisnah und stärken unser Land – gemeinsam, als «ein einzig Volk von Brüdern (und natürlich Schwestern)». Damit zünden wir die nächste Stufe der Schweizer Wirtschaft.