Zunächst die Zahlen: Gemäss dem Arbeitsmarktdatenunternehmen X 28 sind gegenwärtig in der Schweiz rund 5400 Stellen im IT-Bereich ausgeschrieben. Davon entfallen knapp 30 Prozent auf die Softwareentwicklung und 18 Prozent auf Systementwickler. Gemäss X 28 wurde der Peak der vergangenen zehn Jahre im Juli 2022 erreicht (mit knapp 16’000 Jobs). Die Tendenz ist «klar sinkend». Interessant in diesem Kontext ist der Fakt, dass die kleinen und mittelgrossen schweizerischen IT-Unternehmen darum wissen, dass sie sich hier in der Schweiz vor allem auch mit den ganzen grossen Tech-Firmen wie Google, Microsoft und Co. messen müssen, geht es um die Talententwicklung. Das lässt sich auch in den Stellenanzeigen lesen. Die Zielgruppe der grossen Firmen ist «global, divers, international», das Employer Branding arbeitet hier mit Fokus auf Innovationen und Benefits. Die Zielgruppe der schweizerischen Unternehmen ist «lokal, regional, Schweizer Talente», hier spricht man von «Unternehmenskultur, Nachhaltigkeit und Work-Life-Balance». Und auch wenn es um das liebe Geld geht, gibt es gemäss den Zahlen von X 28 Unterschiede: Grosse globale Unternehmen schreiben von «überdurchschnittlichen» und «umfangreiche Zusatzleistungen». Schweizerische Firmen kommen eher mit «wettbewerbsfähig» und legen den Fokus auf «Flexibilität» und «Entwicklung». 

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Nicht monetäre Fakten

Die kleinen und mittleren Unternehmen sehen sich gegenseitig als Konkurrenten beim Kampf um Talente.«Zu unseren Mitbewerbern gehören etablierte Schweizer Softwareunternehmen, die mit anspruchsvollen Projekten um die gleichen Talente werben», bestätigt Gabriela Keller, CEO von Ergon Informatik mit Sitz in Zürich. «Hinzu kommen Start-ups, die mit ihrer Dynamik und unternehmerischen Kultur locken.» Geht es um die Gehälter, ist klar, dass man mit den ganz Grossen nicht mithalten kann: «Für Ergon ist es deshalb entscheidend, nicht nur auf monetäre Faktoren zu setzen, sondern auf das, was uns als Arbeitgeberin ausmacht: anspruchsvolle und abwechslungsreiche Aufgaben, ein motivierendes Arbeitsumfeld, Gestaltungsspielraum und eine Wertekultur, die langfristige Entwicklung ermöglicht.»

Der Wettbewerb um Talente werde sich deutlich verschärfen, erwartet Keller. «Zwar hatte sich der Fachkräftemangel in den Jahren 2023/2024 etwas entspannt, weil der IT-Markt in der Schweiz stagnierte und Big Techs weniger stark rekrutierten.» Diese Phase sei nun aber vorbei: Der Markt zieht wieder an, gleichzeitig wirkt die demografische Entwicklung. 

Kultur wird die neue Währung

«Wir konkurrieren mit Schweizer Softwareunternehmen aller Grössen», sagt auch Carsten Wengel, CEO von G+D Netcetera mit Sitz in Zürich. «Wir positionieren uns mit unseren Stärken: zukunftsweisende Projekte, starker Fokus auf persönliche Entwicklung, wertebasierte Führung und kreative Freiräume für sinnstiftende Arbeit.» Laut Wengel zeigt die Erfahrung, dass gerade Talente im Bereich der Softwareentwicklung oft Wissensmenschen sind, die nicht ausschliesslich materiell motiviert sind. «Sie suchen Impact statt nur Income», so der CEO. «Sie wollen echten Einfluss haben, persönlich wachsen und an sinnhaften Projekten arbeiten.»

«Wir heben uns vom Markt ab mit unserem konsequenten Fokus auf Employee-Engagement», so Wengel weiter. Dies versteht er als eine messbare strategische Initiative mit nachweisbarem Einfluss auf die Unternehmensergebnisse, denn die Mitabeitermotivation ist Kundenzufriedenheit und Geschäftserfolg. Kultur wird zur neuen Währung. Die Talente fragen sich: Anonymität beim Tech-Giganten oder Gestaltungsspielraum im persönlichen Umfeld? Ein entscheidender Faktor wird dabei Stabilität sein. «Während andere auf Hire and Fire setzen, bauen wir auf nachhaltige Entwicklung», so Wengel.

Wechselbereitschaft erhöht den Druck

Und auch bei Adnovum in Zürich ist der Wettbewerb um IT-Talente intensiv, wie Karin Bühler, Chief People Officer des Unternehmens, beobachtet: «Wir stehen im direkten Vergleich mit grossen Schweizer Unternehmen wie UBS, SBB oder Swisscom, aber auch mit internationalen Tech-Konzernen und agilen Start-ups.» Besonders im Bereich Softwareentwicklung sind die Optionen für Talente vielfältig. «Was uns auszeichnet, ist unsere Mischung aus Professionalität und persönlicher Atmosphäre: Adnovum ist big enough to play und kann in spannenden gesellschaftsrelevanten Projekten mitarbeiten – und small enough to care, das heisst, wir kennen und unterstützen uns gegenseitig», so Bühler.

«Keine Frage: Der Wettbewerb wird härter», sagt Bühler in Hinblick auf die kommende Entwicklung. «Der Fachkräftemangel verschärft sich – auch durch den wachsenden Bedarf an spezialisierten Skills – etwa rund um KI, Cybersecurity oder nachhaltige IT.» Gleichzeitig werde es für Talente einfacher, sich schnell und unkompliziert bei verschiedenen Unternehmen zu bewerben – das erhöhe den Druck auf die Arbeitgeber. Wer in den nächsten Jahren bestehen wolle, müsse mehr bieten als gute Löhne, glaubt Bühler. «Es braucht Haltung, Substanz und ein Umfeld, das Entwicklung möglich macht.»