An den Zurich Design Weeks Anfang September präsentierte V-Zug die Installation «Continuum». Die in Zusammenarbeit mit Fischbacher 1819 und Bureau konzipierte Ausstellung zeigte zirkuläres Design für eine nachhaltige Zukunft. Oder um es weniger abstrakt zu beschreiben: Die Besucher erwartete ein Kunstwerk aus recycelten Materialien wie Verbundschäumen, rekonstituierten Textilien und mechanischen Teilen von Haushaltsgeräten. Im Zentrum der Installation standen recycelte Edelstahlwaschtrommeln von V-Zug-Geräten, die neu als Raummodule interpretiert wurden. Ziel der Ausstellung war, Zirkularität zu präsentieren und die vielfältigen Möglichkeiten aufzuzeigen, die Wiederverwertung mit sich bringen kann.
Materialien im Kreislauf behalten
«Zirkuläres Design basiert auf dem Ziel, Produkte und Materialien möglichst lange im Kreislauf zu halten», erklärt Marcel Delavy, Geschäftsführer von Design Engineering Zürich. «Diesem Ziel liegen Strategien wie Langlebigkeit, Reparaturfähigkeit, Wiederverwendung und Recycling zugrunde. Oder wie es die Designikone Dieter Rams in den 70er-Jahren bereits treffend beschrieben hat: weniger, aber besser.» Beim zirkulären Design geht es demnach um die Reduktion aufs Wesentliche, hohe Qualität und zeitlose Gestaltung. Lineares Design folgt dem Prinzip «Take, make, waste». Rohstoffe werden genutzt, Produkte entstehen, am Ende bleibt Abfall. Zirkuläres Design hingegen hält Materialien im Kreislauf durch Langlebigkeit, Reparierbarkeit und Recycling, wobei Recycling die letzte und schlechteste Option darstellt. «Im Bereich Geräte-, Maschinenbau oder Mess- und Medizinaltechnik gibt es bisher nur wenige Produkte, die spezifisch auf zirkulärer Produktentwicklung basieren», sagt Delavy. «PET-Recycling, Textilien-Re-Use oder Upcycling wie bei den Freitag-Taschen gibt es schon länger.» Nun aber zeigt sich ein neuer Trend. So kommen zum Beispiel Marken wie On mit recycelten oder biobasierten Schuhen im Abo-Modell auf den Markt und beweisen, dass man Kreislaufwirtschaft verstanden hat. Und bereit ist, in diese auch zu investieren.
«Aktuell scheitert die Umsetzung zirkulärer Designstrategien oft an höheren Entwicklungskosten, komplexeren Prozessen und fehlenden Standards», fasst der Experte zusammen. «Auch die Materialtrennung und Rückführung ist tech-nisch und logistisch anspruchsvoll.» So eignen sich eigentlich bislang nur Monomaterialien wie Metalle (etwa Aluminium, Stahl oder Kupfer), Glas und Rezyklate aus Kunststoffen für zirkuläres Design. Zudem fehlt es teilweise an Marktakzeptanz und klaren politischen Rahmenbedingungen. So sind Pilot- und einzelne Projekte willkommen, doch die Skalierung scheitert in der Schweiz bislang flächendeckend. Denn es braucht ein grundlegendes Umdenken bei planenden, herstellenden und ausführenden Unternehmen, um langfristig nicht nur nachhaltig, sondern in Kreisläufen zu denken – beginnend mit einer stärkeren Verankerung zirkulärer Konzepte in der Ausbildung.
Delavy selbst ist bekannt für Mechanical Design. Eine gute Grundlage in seinen Augen, um Zirkularität kreativ umzusetzen: «Mechanical Design unterstützt zirkuläres Design, indem Produkte modular, robust und leicht zerlegbar konstruiert werden. Verschraubungen statt Klebstoffe und standardisierte Teile erleichtern Reparatur, Austausch und Recycling.» Auffallend ist, dass das ja kein neues Konzept ist, sondern stark an Zeiten erinnert, in denen sich Reparaturen noch lohnten und vor allem umsetzbar waren. Heute lassen sich technische Geräte nicht einmal mehr auseinanderschrauben, Ersatzteile sind zudem oft nicht vorhanden. Ist ein Smartphone kaputt, ist es kaputt. Ist der Bildschirm auf dem Flat-TV schwarz, lässt sich mit wenigen Klicks ein neuer bestellen, und die Lieferanten nehmen den alten auch gleich mit. Was dann eben weniger kostet als eine Diagnose und Reparatur des alten Geräts.
Es braucht intelligente Produkte
Wie so oft dreht sich alles um Ressourcen. Endlichkeit zeigt sich hier immer häufiger und in immer mehr Bereichen. In Delavys Augen ist es daher Zeit für intelligente Produkte: «Das sind clever gestaltete und konzipierte Produkte, die den zirkulären Aspekten gerecht werden.» Doch der Erfolg dieser Produkte hängt wesentlich davon ab, dass Kunden die Notwendigkeit und Bedeutung der Kreislaufwirtschaft erkennen und aktiv einfordern. Denn nur wenn die Verbraucher diesen Umdenkprozess unterstützen und nachhaltige Produktionsweisen und Produkte bevorzugen, kann sich ein nachhaltiger Markt etablieren. «Wenn wir zum Beispiel ein modulares Design anstreben, könnte das in Zukunft ein Wiedererkennungsmerkmal sein», sagt Delavy. «Oder wenn wir vermehrt wieder auf Repairability setzen, wird dies in der Baustruktur der Produkte sichtbar werden.» Wenn die Konsumentinnen und Konsumenten beginnen, die Bedeutung dieser intelligenten zirkulären Produkte zu verstehen und deren Vorteile zu schätzen, wird die Nachfrage steigen. Im Umkehrschluss wird das die Industrie antreiben, mehr kreative und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Schliesslich ist es ein Wechselspiel zwischen Angebot und Nachfrage, bei dem eine informierte und engagierte Kundschaft entscheidend ist für die erfolgreiche Implementierung der Kreislaufwirtschaft.