Noch bis zum 16. Oktober läuft die Vernehmlassung des Bundesrates zu Änderungen von Verordnungen des Umweltrechts. Betroffen sind unter anderem die Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen sowie die Verordnung über Getränkeverpackungen. Ziel ist die Stärkung der Schweizer Kreislaufwirtschaft.
In der Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen sollen gemäss Umweltschutzgesetz die Wiederverwendung und das Recycling priorisiert werden. Zudem soll die Verordnung über Getränkeverpackungen aus dem Jahr 2000 totalrevidiert und zur Verordnung über Verpackungen werden. Neu soll der Geltungsbereich grundsätzlich sämtliche Verpackungstypen und -materialien umfassen. Ziel ist, die durch Verpackungen verursachte Umweltbelastung zu mindern. Dazu soll unter anderem eine schweizweite Separatsammlung von verwertbaren Kunststoffverpackungen geschaffen werden.
Schädliche Verbote
Und wie schätzt die betroffene Wirtschaft die Pläne ein? «Die Schweizer Wirtschaft begrüsst ausdrücklich die vorgesehenen Schritte zur Förderung der Kreislaufwirtschaft, zur Schliessung von Stoffkreisläufen und zur Steigerung der Ressourceneffizienz», sagt Lea Klingenberg, Projektmitarbeiterin Umweltpolitik bei Economiesuisse. Positiv hervorzuheben seien die Stärkung privater Branchenorganisationen, die künftig die Sammlung übernehmen sollen, und die teilweise Aufhebung des kommunalen Siedlungsabfallmonopols für bestimmte Materialien.
Für die Wirtschaft stehe die neue Verpackungsverordnung im Fokus, da sie umfassender sei, sämtliche Verpackungsmaterialien einbeziehe und neue Rücknahme-, Recycling- sowie Meldepflichten vorsehe. Ebenfalls unterstützenswert sei, so Klingenberg, dass auf Verbote verzichtet werde: «Erfahrungen aus Europa, insbesondere jene mit der EU-Einwegplastikrichtlinie, zeigen, dass Verbote zu weniger nachhaltigen Alternativen führen können und sich nur schwer umsetzen lassen.» Demgegenüber setze der hier gewählte Ansatz auf Innovation und marktwirtschaftliche Lösungen und fördere die Entwicklung effizienter, zukunftsfähiger Kreisläufe in der Schweiz.
Gezielte Ausnahmen
Und doch: Der Anwendungsbereich der neuen Verpackungsverordnung sei sehr breit gefasst und sollte präzisiert werden. Für Klingenberg müssen die vorgeschlagenen Massnahmen so ausgestaltet sein, dass sie praxistauglich bleiben, effizient umgesetzt werden können und weder zu Marktversagen noch zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Dies erfordere eine enge Abstimmung mit der Wirtschaft. Weitere wichtige Punkte seien die Planungssicherheit durch internationale Harmonisierung, wobei Handelshemmnisse und der hierzulande beliebte «Swiss Finish» zu vermeiden seien, sowie die Reduktion der Bürokratie – insbesondere die neuen Mitteilungspflichten mit sehr detaillierten Berichtsvorgaben sollten auf ein notwendiges Minimum beschränkt werden. Dies sei gerade für KMU von zentraler Bedeutung, so Klingenberg.
Grundsätzliche Haltung
Leicht positive Signale mit einigen Präzisierungen kommen auch von der Stiftung für Konsumentenschutz. Die Stiftung wird zur laufenden Vernehmlassung zwar keine detaillierte Antwort verfassen, aber eine grundsätzliche Haltung einnehmen, vor allem in Bezug auf die Verpackungs- und Abfallverordnung sowie auf die Herstellerverantwortung. «Grundsätzlich stimmt die Richtung, aber die Umsetzung bleibt viel zu zaghaft», moniert Chantal Sempach, Leiterin Nachhaltigkeit, Energie & Mobilität beim Konsumentenschutz. Das Verordnungspaket enthalte zwar Ansätze zur Förderung der Kreislaufwirtschaft, sei aber bei weitem nicht ausreichend. Auch der Schutz der Konsumenten greife zu wenig weit.
Der Konsumentenschutz pocht darauf, dass Recycling vermieden wird. Sempach: «Die Priorisierung muss klarer auf die Vermeidung von Abfällen ausgerichtet sein. Recycling allein reicht nicht aus, um ökologische Ziele zu erreichen.» Zudem brauche es verbindliche Vorgaben für Mehrwegverpackungen sowie eine aktive Förderung von Pfandsystemen und Rücknahmelösungen.
Kennzeichnungspflichten
Wichtig ist dem Konsumentenschutz Herstellerverantwortung statt Konsumentenbelastung. Sempach: «Die Hersteller sollen verpflichtet werden, ökologische Verpackungen anzubieten, und Entsorgungsgebühren dürfen nicht auf die Konsumentinnen und Konsumenten abgewälzt werden, wenn die Hersteller ihrer Verantwortung nicht nachkommen.» Ausserdem sollten dank einer klaren und verständlichen Umweltkennzeichnung für Verpackungen und Produkte nachhaltige Kaufentscheidungen ermöglicht werden.
Mit den schüchtern positiven Signalen (mit Einschränkungen) von Economiesuisse und der Stiftung für Konsumentenschutz scheint der Bundesrat mit den geplanten Änderungen von Verordnungen des Umweltrechts gut unterwegs zu sein. Doch bekanntlich steckt der Teufel im Detail. Die Vorlage wird die Betroffenen noch lange beschäftigen.