Erzählen Sie von Ihrem neuen Projekt, dem Showroom Pagani of Lugano.
Kessel ist seit 2015 offizieller Pagani-Händler. Jetzt, genau zehn Jahre später, eröffnen wir den einzigen Pagani-Showroom in der Schweiz. Für mich ist die Eröffnung eine Krönung der Reise mit Pagani, eine Vision, die erstmals von meinem Vater Loris initiiert wurde. Der Showroom wurde entworfen, um einer anspruchsvollen Kundschaft einen massgeschneiderten Service von der Konfiguration über den Kauf, die Wartung bis hin zur Nachbetreuung zu bieten.
Ronnie Kessel wurde im Jahr 1987 geboren. Seit 2010 leitet er das im Jahr 1976 von seinem Vater gegründete Familienunternehmen.
Was macht Pagani besonders, wie passt das Unternehmen zu Ihrer Vision von Sportwagen?
Pagani ist vor allem wegen der Handwerkskunst einzigartig. Pagani verwandelt Autos in echte Kunstwerke, indem es Ästhetik, akribische Aufmerksamkeit für Mechanik und modernste Technologie vereint. Pagani schätzt nicht nur mechanische Exzellenz, sondern integriert auch Innovation, um die Leistung zu maximieren, während unglaublich hohe ästhetische Standards gewährleistet werden. Eine ganzheitliche Philosophie, die perfekt zu meiner Vision von Sportwagen passt.
Was sehen wir vor Ort? Und wie sieht es aus mit Testfahrten?
Im Showroom werden Sie keine Autos zum Verkauf finden, da dort nur private Fahrzeuge im Lager untergebracht sind. Da jedoch grundsätzlich jeder Pagani massgefertigt ist, wird der Showroom zu einer grossartigen Gelegenheit, da er eine Vielzahl von Autos in zahlreichen Farb- und Materialkombinationen zeigt. Kunden können sich nicht nur das Design ihres Traumautos vorstellen, sondern auch wirklich verstehen, wie es Gestalt annehmen könnte. Testfahrten sind ein weiterer Bestandteil des Erlebnisses und werden immer in Zusammenarbeit mit dem Hauptsitz von Pagani organisiert.
In Zeiten von E-Mobilität einen weiteren Showroom für Supersportwagen zu eröffnen, war aber doch auch ein Risiko, oder?
E-Mobilität ist zweifellos ein zentrales Thema in der Automobilwelt, und das muss sie auch sein. Aber das bedeutet nicht das Ende der Strasse für Supersportwagen. Schon jetzt sind viele hybrid oder voll elektrisch. Ausserdem betrachten viele Hypercars und Supersportwagen als Sammlerstücke, ähnlich wie edle Uhren, seltene Weine oder Kunstwerke. Während Leistung wichtig ist, zählen Seltenheit, Handwerkskunst und Design oft genauso viel. Für viele Sammler geht es auch darum, einen Teil der Automobilgeschichte zu besitzen, insbesondere im Fall limitierter Editionen.
Welche Zukunft sehen Sie generell für Sportwagen im Automobilmarkt?
Es wird immer einen Markt für Sportwagen geben, besonders für Marken wie Ferrari, die tief in der Rennsportgeschichte verwurzelt sind. Auf der anderen Seite sind einige Autos auch wegen des Lebensstils, den sie repräsentieren, interessant geworden. Das Kino hat sie zu kulturellen Ikonen gemacht. In diesem Sinne spielen auch Botschafter eine wichtige Rolle, und Ferrari glänzt hier mit Persönlichkeiten wie Lewis Hamilton, Charles Leclerc und jetzt Jannik Sinner, die dem Brand ein starkes Identitätsgefühl verleihen.
Jetzt soll ja bald der erste vollelektrische Ferrari kommen. Wir freuen uns darauf, ihn auch bei euch in Grancia zu sehen.
Elektrifizierung und Hybridtechnologien prägen die Definition von Leistung grundlegend neu. Es geht nicht mehr nur um PS und Sound, sondern auch um Effizienz und Vielseitigkeit. Zum Beispiel bieten Elektromotoren sofortige Beschleunigung und reduzieren den Bremsenverschleiss durch Energierückgewinnung. Das Einzige, von dem sich Enthusiasten immer noch schwer trennen können, ist der Motorensound. Ferrari scheint dies in ihrem kommenden Voll-Elektro-Modell angesprochen zu haben und hat ein einzigartiges Klangerlebnis geschaffen, das die Emotion von Verbrennungsmotoren hervorruft.
Wie sehen Sie die Balance zwischen Leistung und Umweltfreundlichkeit bei zukünftigen Sportwagen?
Die Technologie entwickelt sich ständig weiter. Es gibt bereits mehrere Hochleistungs-Elektrosportwagen, die beeindruckende Ergebnisse liefern, oft bessere als die von traditionellen Verbrennungsmotoren. Schauen Sie sich zum Beispiel Rimac an, das von Anfang an ausschliesslich elektrisch war. Ich glaube an Innovation, und Leistung und Umweltverantwortung stehen nicht mehr im Widerspruch: Sie müssen koexistieren. Es ist eine notwendige Balance, und viele Marken, einschliesslich Ferrari, beweisen bereits, dass es möglich ist.
Sind Ihre Kunden offen für E-Antriebe?
Reichweite ist eines der am meisten diskutierten Themen. Die Leute unterschätzen oft, wie leistungsfähig Elektrofahrzeuge bereits sind. Nehmen Sie den Maserati Granturismo Folgore: Er ist ein vollständig elektrisches Modell mit einer Reichweite von etwa 450 km. Das ist weit entfernt von einem reinen Stadtauto. Insgesamt hat sich das Bewusstsein deutlich verbessert, und mehr Kunden werden offen für die Idee. Der Kunde, der auf Leistung aus ist, tendiert dazu, ein Hybridfahrzeug zu bevorzugen, genau wegen der sofortigen Leistungsabgabe, über die wir bereits gesprochen haben. Die Skepsis nimmt ab, wo reale Leistung und Bequemlichkeit sich verbessern.
Wie hat sich der Automobilmarkt grundsätzlich in den letzten 15 Jahren verändert, seitdem Sie das Unternehmen von Ihrem Vater übernommen haben?
Eine der grössten Veränderungen, die ich gesehen habe, ist der Generationswechsel unter den Sammlern. Teilweise ist dies wahrscheinlich persönlich, da ich das Unternehmen übernommen habe, als ich noch ziemlich jung war. Aber auch breiter gesehen gibt es eine wachsende Zahl jüngerer Enthusiasten, die sowohl in die Welt der klassischen als auch modernen Autos eintreten, und diese Energie bringt Vitalität in den gesamten Sektor. Technisch gesehen haben wir auch einen verstärkten Fokus auf Personalisierung gesehen. Heute ist ein Auto weniger ein Produkt und mehr ein Ausdruck der Identität.
Wie wird es in Bezug auf den Motorsport weitergehen, wenn sich E-Mobilität durchsetzt?
Der Nervenkitzel des Rennens kommt nicht nur von der Leistung des Autos; es geht um die Harmonie zwischen dem Fahrer und seiner Maschine. Leistung wird immer wichtig sein, aber im Motorsport zählt die relative Leistung. Wie man sich im Vergleich zur Konkurrenz schlägt. Während Autos und Technologien sich weiterentwickeln werden, bleibt der emotionale Kern des Motorsports unverändert.
Sie sind Besitzer eines eigenen Rennstalls: Kessel Racing. Was sind die grössten Herausforderungen in der heutigen Motorsportwelt?
Motorsport ist eine Mischung aus Fahrern, Mechanikern, Ingenieuren, Strategen, Sporttrainern und mehr. Jedes Rennen bringt neue Herausforderungen, insbesondere bei Ausdauerrennen, die unser Schwerpunkt sind. Wir stehen oft unerwarteten Umständen gegenüber, die in sehr kurzer Zeit gelöst werden müssen. Einer der härtesten Aspekte ist die Anpassung an eine sich schnell wandelnde Umgebung, die die Leistung des Autos und die allgemeinen Rennbedingungen erheblich beeinflussen kann. Das Wetter ist eine der entscheidenden Variablen im Ausdauerrennen. Darüber hinaus hat sich das Wettbewerbsniveau enorm gesteigert. Die Fahrer sind heute professioneller und entschlossener als je zuvor, und ihre Erwartungen zu erfüllen, kann extrem anspruchsvoll sein, da sie die Messlatte immer höher legen und ständige Verbesserungen fordern.
Fast jeder Rennfahrer, der heute erfolgreich ist, startete in einem Gokart. Warum wollten Sie eigentlich zuerst nicht und haben sich dann mit 14 doch für eine Rennfahrerkarriere entschieden?
Als Kind hatte ich tatsächlich etwas Angst. Zu der Zeit, als mein Vater in der Formel 1 fuhr, war Motorsport noch eine Ära, in der er gefährlich war. Ihn zu beobachten, faszinierte mich und schüchterte mich gleichermassen ein. Damals waren die Sicherheitsstandards nicht auf dem Niveau, das wir heute haben. Einerseits fühlte ich mich von der Geschwindigkeit, dem Können und der Spannung des Motorsports angezogen; andererseits waren mir die Risiken bewusst, trotz dem Fahrvergnügen. Es dauerte eine Weile, bis ich diese Angst überwunden und das Selbstvertrauen aufgebaut hatte, das ich brauchte.
Und final: Wie steht es um Kessel Classic? Auch hier sind Themen wie Klimaneutralität und Nachhaltigkeit weniger im Fokus.
Klassische Autos und Nachhaltigkeit mögen wie zwei entfernte Welten erscheinen, aber das ist nicht ganz richtig. Bei der Restaurierung liegt der Schwerpunkt auf der Reparatur und Erhaltung der Originalteile, anstatt sie unnötig zu ersetzen. Unser Ansatz ist sehr konservativ und minimiert Abfall, während wir auch Wiederverwendung fördern, was mit nachhaltigen Praktiken übereinstimmt. Darüber hinaus sind klassische Autos keine Alltagsfahrzeuge: Sie sind hauptsächlich dazu gedacht, bewahrt und bewundert zu werden, wie echte Kunstwerke. Ihre begrenzte Nutzung reduziert auf natürliche Weise Emissionen.