Dieser Wolkenkratzer trägt viel Last: Geschichten und Gerüchte, Skandale und Proteste. Damit das alles getragen werden kann, wurde zuerst eine fast ein Meter dicke Stützmauer 55 Meter tief in den Boden gegossen. Die Ausgrabungsfläche am Berghang betrug 25000 Quadratmeter, und darauf entstand eben das höchste Gebäude in Monaco.

Erstellt wurde es von der Groupe Marzocco, deren italienischstämmiger CEO Claudio Marzocco das regionale Immobiliengeschäft dominiert. Er fasziniert die lokale Boulevardpresse schon lange, auch weil er einst als kleiner Junge von der kalabrischen Mafia entführt wurde und gegen Lösegeld freigekauft werden musste. Später wurden Claudio und dessen Bruder Paolo wegen mutmasslicher Korruption angeklagt, allerdings 2017 freigesprochen. Die Familie Marzocco spielt im Fürstentum eine bedeutende Rolle; man ist im Pferdegeschäft involviert, im Yacht Club de Monaco und natürlich im elitären Golfklub. Man kennt sich, vor allem unter den Besserbetuchten. Und so erstaunt es nicht, dass allerlei interessante Persönlichkeiten im Tour Odéon eingezogen sind. Namen nennt niemand; die Liste der Besitzer und Mieter wird von Marzocco wie ein Staatsgeheimnis gehütet. Umso mehr versucht die Klatschpresse, herauszufinden, wer denn im Wohnturm Geld investiert hat oder dort sogar heimisch ist.

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Penthouse mit fünf Stockwerken

Das Stichwort Osteuropa taucht da immer wieder auf, man spricht unter anderem von einem namentlich unbekannten Ukrainer und von einem sehr bekannten Russen, Wladimir Putin. Swetlana Kriwonogich soll eine ehemalige Geliebte des russischen Präsidenten sein und mit ihm eine gemeinsame Tochter haben, Jelisaweta. Die Kriwonogichs sollen im Tour Odéon ein Luxusappartement besitzen, wie sogar in der amerikanischen Presse berichtet wurde. Aber auch Fürst Albert II. und Mitglieder der saudischen Königsfamilie wurden in den lokalen Medien als wahrscheinliche Eigentümer genannt, ohne dass dies je offiziell bestätigt wurde. Und wer jetzt tatsächlich das fünfstöckige Penthouse besitzt, dessen Wert auf weit über 300 Millionen Franken geschätzt wird, bleibt ebenfalls ein Geheimnis. Man sagt sich in den Strassen Monte Carlos, dass diese 3300 Quadratmeter grosse Wohnung in den Stockwerken 45 bis 49, mit Swimmingpool und Panoramablick bloss vermietet sei, zu einem Ansatz von über 300 000 Franken, monatlich natürlich.

La Tour de Odeon, Monaco

Das Penthouse erstreckt sich über fünf Etagen. Wert: rund 330 Millionen Franken.

Quelle: ZVG

Interessant ist übrigens, dass zwei Drittel der insgesamt 250 Wohnungen im Tour Odéon vom Staat gekauft wurden und verwaltet werden und dass diese Wohnungen zwingend Staatsbürgern von Monaco vorenthalten sind. Und so leben wohlhabende Prominente und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens im Turm, ohne dass man ihre Identität kennt.

Zur aufreibenden Geschichte des Turms gehören auch Bürgerproteste gegen den Bau an sich – Thema Schattenwurf –, die sich dann bis zum damaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy ausweiteten. Und die Einheimischen der benachbarten französischen Stadt Beausoleil kritisierten, dass der Wohnturm ihre Immobilienwerte mindere. Mittendrin ein weiterer Skandal, nämlich um den Bürgermeister von Beausoleil, Georges Marsan. Ihm wurde im Zusammenhang mit den Protesten vorgeworfen, Bestechungsgelder empfangen zu haben; er sass monatelang in Untersuchungshaft und wurde erst Jahre später freigesprochen.

Heute ist alles vergessen: Der Tour Odéon an der Avenue de l’Annonciade ist fester Bestandteil des monegassischen Panoramas. Rund 80 000 Quadratmeter Beton und 10 000 Tonnen Stahl wurden dafür verbaut, die Glasfassade bedeckt eine Fläche von 35 000 Quadratmetern. Es gibt sechs Aufzüge, einer davon führt exklusiv und direkt ins Penthouse. Zudem gibt es unterirdisch weitere zehn Etagen mit 550 Parkplätzen.

Gefragtes Investitionsobjekt

Pracht und Grösse passen zum Image von Monaco, das bekannt ist für aussergewöhnliche Immobilien, eine vorteilhafte Besteuerung und eine hohe Lebensqualität. Die Groupe Marzocco hat beim Wohnturm nur mit den Besten ihres Fachs gearbeitet: Der renommierte Fotograf und Innenarchitekt Alberto Pinto gestaltete die gesamte Inneneinrichtung, für die Begrünung arbeitet man mit dem Gartenarchitekten Jean Mus, und für die Beleuchtung wurde mit Yann Kersalé ein bekannter Fachmann geholt. Zum Abschluss dekorierte der kroatisch-französische Künstler Matéo Mornar mit seinen Wandskulpturen den Eingangsbereich. Mit all diesem Luxus wurden die Wohnungen auch beliebt bei Investoren, die entweder Geld parkieren wollen oder auf eine Wertsteigerung hoffen, teilweise mit Wohnungen, die bis zum Verkauf leer stehen. Im Fürstentum ist halt vieles speziell.