Trauben sind erfrischend, reich an Vitaminen und Mineralstoffen, ohne Plastik jedoch schwer einkaufbar. Auch der Kopfsalat bereitet Kopfweh: Wie kann man ihn unkompliziert wiegen und mitnehmen, ohne einen der jetzt wieder vieldiskutierten 5-Rappen-Plastiksäcke zu benutzen? Dass einem bei solchen Überlegungen Genf in den Sinn kommt, ist nicht naheliegend. Zwar haben die meisten Konsumenten davon gehört, dass dort kürzlich eine Vereinbarung über ein globales Plastikabkommen gescheitert ist. Aber es war ja bereits die fünfte Runde, und da kann man eh nichts tun …
Natürlich, die Lage ist dramatisch. In Amerika beispielsweise wird pro Tag und Person eine Einwegtüte aus Plastik verwendet. In den Ozeanen, um ein anderes Beispiel zu nennen, leiden laut einem Bericht des WWF 267 verschiedenen Arten unter der Plastikverschmutzung. Bis eine Plastiktüte auf einer Deponie vollkommen zerfällt, dauert es gemäss Earth Day Network 500 Jahre. Kein Wunder also, dass sich beim Einkauf von Kopfsalaten und grünen Trauben das schlechte Gewissen meldet. Wie um alle Welt bringe ich Gemüse und Früchte nachhaltig heim?
Vor zehn Jahren schien eine Lösung beim Einkaufsdilemma auf dem Tisch zu liegen. In Zusammenarbeit mit Politik und nationalen Umweltverbänden brachte der Detailhandelsverband Swiss Retail Federation (SRF) die Einweg-Plastiksäcke in die Verkaufsläden. 5 Rappen für die Umwelt und 5 Rappen gegen das schlechte Gewissen. Aldi, Coop, Lidl und Migros waren dabei, und die Endkunden machten, wenn auch widerwillig, mit. Letztlich akzeptierten sie die einfache Lösung eines komplexen Problems; zu Hause warf man die benützten Plastiksäckli dann ohne Hintergedanken weg.
Parallel zu den immer intensiveren Diskussionen in der Öffentlichkeit erlaubten es nun die neuen Küchenwaagen im Lebensmittelladen, Früchte und Gemüse auch ohne Plastik einzukaufen, sie also direkt in den Einkaufskorb zu legen. Möglichst halt so, dass die Ware nicht zerdrückt wird. Eigentlich ganz einfach, wenn man erst einmal die Lösung dafür gefunden hat, wie sich die Preisetikette zur Kasse bringen lässt. Aber letztlich konnten sich die Kundinnen und Kunden damit arrangieren.
Thema Food-Waste
Mit der Ruhe um die Plastiksäckli ist es vorbei. Unter anderem auch deshalb, weil das Thema Lebensmittelverschwendung inzwischen hinzugekommen ist. Immerhin können Konsumentinnen und Konsumenten da selbst mithelfen, indem sie bewusster und auch limitierter einkaufen, nur das zubereiten, was sie auch essen können, und die Reste wieder aufbereiten. Dazu passt, dass Lidl «Retterboxen» anbietet, die Früchte und Gemüse enthalten, deren Aussehen nicht den optischen Vorgaben unserer Gesellschaft entspricht. Für den Preis von 5 Franken bekommt man problemlos zum Verzehr geeignete Früchte und Gemüse.
Was die Plastiksäckli betrifft, Umweltverbände und SRF möchten die zehnjährige Vereinbarung kündigen, während Migros und Coop die Gebühr weiterhin erheben wollen. Die einen warnen vor der Zunahme von Plastikmüll, die anderen verweisen darauf, dass der Verbrauch an Einwegplastiksäcken seit der Einführung der 5-Rappen-Gebühr um 88 Prozent reduziert werden konnte. Aldi und Lidl signalisieren, dass sie die mit den Einwegplastiksäcken verbundene Administration nicht länger tragen wollen. Und so mutiert das Thema Umweltschutz immer mehr zu einer nationalen Polit- und Wirtschaftsangelegenheit.
Pragmatische Lösungen
Betreffend Einkaufstaschen können sich die älteren Generationen an einen Lösungsansatz aus der Zeit des Wirtschaftswachstums der 1960er-Jahre erinnern: die wiederverwendbare Tragtasche. Nicht Papiertaschen, die man beispielsweise bei der Migros für 40 Rappen erhält. Sondern die stabilen Einkaufstaschen aus wasserundurchlässigen Outdoorstoffen oder knitterarmen Möbelstoffen. Man bewahrt sie zu Hause auf und benutzt sie nur für den Einkauf. Natürlich, heute will man schnell und mobil unterwegs sein und hat wenig Geduld, zu Hause eine Tasche zu holen. Allerdings, wenn man die Anzahl von Rucksäcken sieht, mit denen mittlerweile fast alle Generationen unterwegs sind, dann braucht es solche Umwege gar nicht. Denn eine mehrmals genutzte Einkaufstasche lässt sich leicht zusammenlegen und fix im Rucksack verstauen.
Für die anderen Konsumenten gibt es Tipps, wie man sich Routine beim Benutzen von wiederverwendbaren Einkaufstaschen aneignen kann: Man soll die Tasche direkt bei der Wohnungseingangstür aufhängen, statt im Schrank zu versorgen. So sieht man sie immer. Falls man mit dem Auto unterwegs ist, kann man die Tasche einfach auf dem Beifahrersitz liegen lassen. Angebote für wiederverwendbare Einkaufstaschen gibt es ab circa 35 Franken. Und dazu kleine waschbare Mehrwegobstbeutel, die man in der Einkaufstasche auf Reserve hält und die auch nicht die Welt kosten: Ab 40 Franken sind zweihundert solcher recycelbaren Obstbeutel mit Griffloch und Bodenfalte erhältlich. Praktische Hilfsmittel also, sodass die Kundschaft weiterhin knackig grüne Trauben nachhaltig-korrekt am Obststand einkaufen kann, ohne dafür ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.