Bringen die Zürcher S-Bahnen während der morgendlichen Stosszeit alle zwei Minuten Hunderte von Fahrgästen zum Bahnhof Stadelhofen, quetscht sich jeweils ein Drittel der Menschen durch die enge, gerade im Umbau befindliche und frisch revitalisierte Passage. Die Blicke der Menschen sind nur aufs Handy gerichtet. In der Pendler-Enge bleibt kaum Zeit für die Passage selbst – obwohl sich hier gerade einiges tut. Nicht zuletzt, da nun mit dem Bau des vierten Gleises begonnen wird. Die in den 1980er-Jahren von Santiago Calatrava designte Passage wird demnach noch um weitere architektonische Highlights ergänzt.
Nachhaltigkeit ist gesetzt
«Die Stadelhofer Passage stammt aus einer Zeit mit deutlich weniger Passantenfrequenz», erklärt Ronny Hofmann, Regionalleiter Center & Mixed-Use Site Management (CMSM) bei Wincasa. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich der Bahnhof stark entwickelt, nicht zuletzt auch, weil sich das Einkaufs- und Konsumverhalten verändert hat. Dies gilt es daher bei Modernisierungen und Ausbauten zu beachten. So hat etwa die Bedeutung von Gastronomie und Verpflegung ausser Haus stark zugenommen. «Deshalb wurde die Strategie auf Gastronomie ausgerichtet. Und nicht genutzte Zwischengeschosse wurden aktiviert und zugänglich gemacht – damit entstanden mehr Aufenthaltszonen für Gäste, zusätzliche Umsatzzonen für Mieter und mehr vermietbare Fläche für den Eigentümer», so Hofmann.
Da Nachhaltigkeit für grosse Eigentümer mittlerweile ein strategisches Kernthema ist, fliesst sie heute in die Planung und Umsetzung so selbstverständlich ein, dass sie oft nicht mehr gesondert thematisiert wird. Fakt aber ist: Umbau statt Neubau erhält die «graue Energie». Neue Verglasungen, energiesparende Eingangsbereiche und Solarpanels auf den Dächern bilden die Standardelemente bei Neuausrichtungen.
Lage ist wichtig
Geht es um neue Konzepte für Einkaufszentren oder Passagen, spielt natürlich auch die Frage nach der Lage des eigenen Ladens eine Rolle. Dazu Hofmann: «Eine hohe Passantenfrequenz allein ist kein Garant für Umsatz – insbesondere wenn viele Menschen nur auf dem Weg zum Zug, zur Universität oder zur Arbeit sind. Nutzungen, die Zeit und Beratung erfordern, profitieren davon weniger. Auch hier brauchen A-Lagen den richtigen Kunden, die A-Lage allein reicht nicht.» Als CMSM bei Wincasa hat Hofmann grundsätzlich mit jeder Art von Lage zu tun. Die Firma betreut schweizweit 82 Shoppingcenter sowie 31 Areale und Grossprojekte mit einem Gesamtwert von 20 Milliarden Franken. «Die Begriffe A-, B- und C-Lage sind letztlich subjektive Kategorisierungen», erklärt er. «Im Schweizer Retailbereich gilt etwa die Zürcher Bahnhofstrasse als klassische A-Lage. In einem Shoppingcenter kann jedoch die Bewertung innerhalb desselben Gebäudes variieren – so gilt oft nur das Erdgeschoss als A-Lage, während ein drittes Obergeschoss eher einer C-Lage entspricht.» Das allein braucht kein Nachteil zu sein, wenn man sich als Eigentümer, Vermieter oder Mieter optimal darauf einstellt und mit professionellem Centermanagement und Beratung für eine Belebung solcher Standorte und für langfristige Wertstabilisierung sorgt. Hier setzt man bei Wincasa an: «Wir orchestrieren den optimalen Mix. So kann ein C-Lage-Quartiercenter plötzlich zur A-Location der Region werden.»
Auch C-Lagen haben ihre Reize
«B-Lagen und -Center erscheinen vielleicht nicht auf den Topstandortlisten, können aber im Verhältnis von Miete zu Umsatzpotenzial sehr attraktiv sein», erklärt Hofmann weiter. A-Lagen bringen in der Regel mehr Umsatz, die Mieten sind dort allerdings erheblich höher. C-Lagen sind meist günstiger, oft ausserhalb oder in Seitengassen gelegen. «Die Lage eines grossen Möbelhauses in einem Industriegebiet würde man nüchtern betrachtet als C-Lage einstufen – für dieses Konzept funktioniert sie aber: Grosses Einzugsgebiet, viel benötigte Fläche, und die Kundinnen und Kunden planen ihren Einkauf dort gezielt.» Für Retailer mit Zielkäufen könne daher auch eine C-Lage attraktiv sein, zumal man bei Umbauten die Objekte auf den neusten energetischen Stand bringt und damit auch die Betriebskosten deutlich reduziert.
Beispielsweise für das Neuhegi Center in Winterthur (ZH), das man im B- oder C-Lagen-Bereich verorten kann. «Zu Beginn werden die Ankermieter gesetzt – idealerweise ein Food-Retailer oder ein anderer starker Frequenzbringer –, und darauf aufbauend werden weitere Mieter ergänzt», beschreibt Hofmann die ersten Schritte bei der Umsetzung. «Im Fall Neuhegi hatten wir zunächst Migros und Denner neu platziert und vergrössert, bevor wir die restlichen Flächen besetzten.» Und obwohl die Vollvermietung erst in den nächsten Monaten erreicht wird, hat das Center bereits im Juli die Grenze von 100'000 Kundinnen und Kunden überschritten – die B-Lage ist damit auf dem Weg zur A-Kundenfrequenz, bei deutlich reduzierten Betriebs- und Energiekosten.
Und um bei solchen Projekten erfolgreich zu sein, brauche es Risikobereitschaft und Vertrauen in das Projektteam. «Zu starkes Mikromanagement und zu enge Vorgaben bremsen die Entwicklung», so Hofmann. «Der Markt ist kompetitiv – sowohl Retailer als auch Büromieter können heute wählen, wo sie sich ansiedeln.»