Die Investitionen in ESG-konforme und nachhaltige Anlageprodukte sind etwas ausser Mode gekommen. Der Vermögensverwalter Robeco wartet nun mit einem neuen, transparenten und vielversprechenden Ansatz bei Investitionen in Recycling- und Abfallentsorgungsunternehmen auf. Mit dem Fokus auf vorgelagerte Lösungen wird das Anlageuniversum weniger stark eingeschränkt, und den Anlegerinnen und Anlegern eröffnen sich attraktivere Chancen über die gesamte Wertschöpfungskette hinaus.
Gerade für Privatanleger ist es schwierig, sich in der Thematik ESG zurechtzufinden. Dies umso mehr, nachdem die US-Regierung bei den ESG-Investitionskriterien zurückbuchstabiert hat. Eine aktuelle Umfrage des US-Vermögensverwalters Morningstar zeigt denn auch einen deutlichen Rückgang beim Interesse am Thema ESG in den USA. Ganz anders sieht die Lage in Europa aus, wo das Thema weiter an Wichtigkeit hinzugewonnen hat. Rund 60 Prozent der Investierenden erachten es als Pflicht, ESG-Kriterien in ihre Anlageentscheidungen einzubeziehen.
Breiteres Spektrum für mehr Diversifikation
Einen vielversprechenden Ansatz für nachhaltiges Investieren und Wachstum im Portfolio verfolgt Natalie Falkman, Senior-Portfoliomanagerin bei Robeco in Zürich. Wird der Fokus von nachgelagerten Recycling- und Abfallentsorgungsunternehmen auf vorgelagerte Lösungen erweitert, ergibt das für Anlegerinnen und Anleger ein vergrössertes Renditepotenzial. Dadurch diversifiziere sich auch das Engagement in verschiedenen Stilfaktoren, darunter wachstumsstarke Innovationen, hochwertige zyklische Werte und defensive Branchengrössen, begründet die Robeco-Expertin.
Zwar gelte «Reduzieren, wiederverwenden, recyceln» als anerkanntes Motto der Kreislaufwirtschaft weiterhin. Aber diese Begriffe haben für Unternehmen und Anleger eine sehr unterschiedliche Bedeutung. Recycling sei in einer Kreislauflösung nur der letzte Ausweg, während die Erweiterung auf vorgelagerte Lösungen zu besseren Ergebnissen für die Umwelt und die Portfolios führen könne, meint Falkman. Reines Recycling sei eine kostspielige, geringwertige Lösung. Für viele Branchen seien die Kosten für Recycling und Verwertung – Sammlung, Sortierung, Reinigung und Aufbereitung – zu hoch. Recyceltes Bruch- oder Altglas könne zum Beispiel bis zu 20 Prozent teurer sein als Neumaterial, meint die Robeco-Expertin.
Kreislauflösungen würden deshalb am besten bereits vorgelagert bei der Konzeption des Produkts berücksichtigt und nicht erst am Ende des Produktlebenszyklus. Das bedeute, dass langlebige, reparierbare, modulare und biologisch abbaubare Produkte entwickelt werden müssten. Das beziehe sich auch auf Unternehmen, deren innovative Technologien ihren Kunden ermöglichten, Ressourcen intelligenter zu nutzen und mit weniger mehr zu erreichen.
Pioniere der vorgelagerten Lösungen
Die Expertin von Robeco führt acht Unternehmen an, die im Bereich der vorgelagerten Lösungen führend sind. So zum Beispiel das Technologieunternehmen Cloudflare und die Industriefirma Ashtead Group, obwohl beide in sehr unterschiedlichen Branchen tätig sind. Die zwei Firmen fördern die Kreislaufwirtschaft durch gemeinsame Plattformen, die den Besitz von Anlagen vor Ort durch bedarfsorientierten Zugang ersetzen. Cloudflare vermietet Cloud-Computing- und Netzwerkinfrastruktur an entlegenen Standorten, damit die einzelnen Unternehmen keine eigenen Rechenzentren mehr aufbauen müssen. Die Ashtead Group vermietet auf der anderen Seite Industrieausrüstung, von Gerüsten und Arbeitsbühnen bis hin zu Förderbändern und Elektrowerkzeugen. «Modelle zur gemeinsamen Nutzung von Produkten erhöhen die Auslastung der Anlagen und die Langlebigkeit der Produkte dank einer zentralisierten Wartung», so Falkman. Noch wichtiger sei, dass diese Unternehmen helfen, mit weniger Ressourcen mehr zu erreichen. Dadurch sinke der Bedarf an physischen Vermögenswerten in der gesamten Wertschöpfungskette.
Celestica und Cavco sind wiederum zwei Unternehmen, die Fertigungsdienstleistungen für verschiedene Branchen anbieten. Cavco konzentriert sich auf vorgefertigte Häuser, bei denen die skalierte und optimierte Fertigung und Montage in der Fabrik den Materialüberschuss des Baus vor Ort erheblich verringert. Celestica stellt für Kunden aus den Bereichen Luft- und Raumfahrt, Energiesysteme, medizinische Geräte und Diagnoseausrüstung elektrische Komponenten in Gemeinschaftsproduktion her. Eine strenge Fertigungseffizienz und eine striktere Kontrolle der Lieferkettenlogistik tragen zur Reduzierung des Ressourcenverbrauchs bei. Das modulare Design fördert ausserdem die Instandsetzung und Reparatur von Produkten, wodurch deren Lebensdauer verlängert werden kann.
Nachhaltigkeit auf dem Teller
Sprouts Farmers Market und Sensient sind gute Beispiele für Kreislauflösungen im Lebensmittel- und Agrarsektor, erklärt die Robeco-Portfoliomanagerin. Sprouts ist ein Supermarkt, der sich auf frische, biologische und lokal angebaute Produkte konzentriert. Das führt zu weniger Verpackung, weniger chemischen Konservierungsstoffen und kürzeren Transportwegen, was insgesamt weniger Emissionen und einen kleineren ökologischen Fussabdruck im Vergleich zu stark verarbeiteten Lebensmitteln oder Fleischalternativen bedeutet. Sensient hat sich seinerseits darauf spezialisiert, Kunden in der Lebensmittel-, Kosmetik- und Pharmabranche mit Farben, Aromen und speziellen Inhaltsstoffen zu beliefern, welche natürlich regenerativ sind und aus Pflanzen und biologischen Quellen stammen.
Im Bereich Gesundheits- und Umweltdienstleistungen nennt Natalie Falkman Halma und das Schweizer Unternehmen Galenica als Beispiele. Halma entwickelt Technologien für die Sicherheits-, Gesundheits- und Umweltüberwachung – von Reinwassersensoren bis hin zu Brandmeldesystemen, die Risiken vorbeugen und die Nutzungsdauer von Anlagen verlängern. Mit einem eigenen Apothekennetz und eigener Logistik verbessert der Schweizer Gesundheitsdienstleister Galenica den Zugang zu Arzneimitteln und beseitigt gleichzeitig Ineffizienzen im Gesundheitswesen.
Durch die Verlagerung weg vom Recycling hin zu Firmen mit vorgelagerten Lösungen können Privatanleger ein breites Spektrum von Branchen und Unternehmen mit langfristig ausgerichteten Geschäftsmodellen und wachsenden Marktanteilen erschliessen. Mittel- bis langfristig sollten weniger Kosten in der Entsorgungs- und Abfallbewirtschaftung anfallen. Eine Win-win-Situation für die Unternehmen und für die Anlegerinnen und Anleger.

