Die zahlreichen Chalets und Ferienhäuser in der Schweiz, meist in dunklem Holz gebaut, legen Zeugnis dafür ab, dass mit Holz kreative architektonische Lösungen realisiert werden können. Für Industriebauten allerdings war bis vor einigen Jahren Holz kaum ein Thema. Dies hat sich in jüngster Zeit geändert, denn auch bei Industriebauten rückt der Nachhaltigkeitsgedanke immer stärker in den Mittelpunkt. Hier kann Holz durchaus seine Stärken ausspielen. Es gilt als besonderer Baustoff, der vielseitig einsetzbar ist und durch ein nachhaltiges Forstmanagement gewonnen werden kann. Holz kann CO2 speichern, wirkt im Innern von Gebäuden wie ein natürlicher Regulator der Luftfeuchtigkeit und schafft zudem ein angenehmes Raumklima.
Warum also nicht Holz auch bei Industriebauten einsetzen? Dieses Ziel verfolgt das Flagship-Projekt «Think Earth – Regeneratives Bauen» der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung Innosuisse. Ein breit abgestütztes Konsortium von Unternehmen unter der Leitung der ETH Zürich setzt auf moderne Bautechniken mit Holz und Lehm, um die Umweltauswirkungen im Bauwesen zu reduzieren. Das Projekt umfasst zehn Teilprojekte, die von der Materialwissenschaft und Verfahrenstechnik bis hin zu Prototypen für den Hochbau sowie zu Fallstudien und Normen für die Architektur reichen. So sollen die Grundlagen für klimaneutrales Bauen mit hybriden Elementen aus Holz und Lehm geschaffen werden.
Zahlreiche Vorteile
Holz weist im Vergleich zu Stahl einige Vorteile auf. Holz-Hochregallager in Silobauweise für Paletten sind korrosionsbeständig, haben eine niedrige elektrische sowie thermische Leitfähigkeit und sind weder magnetisch noch anfällig für elektrostatische Aufladung. Holz ist zudem antibakteriell und eignet sich für aggressive Lagerungen wie etwa Chemikalien oder Salz, aber ebenso für die Lagerung von verpackten Lebensmitteln in allen Temperaturbereichen.
Ein weiterer Pluspunkt von Holz als Baustoff für Industriebauten ist die deutlich kürzere Aufbauzeit. Da Holz-Hochregallager aus vorgefertigten Grosselementen bestehen, kann ihre Konstruktion vergleichsweise schneller und zügiger erfolgen als die eines konventionellen Stahlbaus. Lediglich beim Platzbedarf oder auch bei ausgesucht kritischen Raumklimabedingungen sind Zugeständnisse bei der Planung und Realisierung notwendig: Regale aus Holz brauchen im Durchschnitt 20 Prozent mehr Fläche als ihr Pendant aus Stahl. Ausserdem eignen sie sich nur bedingt für feuchte Umgebungen.
Projekte mit Vorbildfunktion
In jüngster Zeit sind eine Reihe von innovativen Industriebauten aus Holz erstellt worden. So etwa realisierte Alnatura, der Produzent von Biolebensmitteln, in Zusammenarbeit mit Swisslog eines der grössten automatisierten Hochregallager. Der Elektrogrosshändler Sonepar Suisse SA (ehemals Winterhalter + Fenner AG) investierte in Wallisellen rund 50 Millionen Franken in ein voll automatisiertes Zentrallager in Holzbauweise mit einer Gesamtlagerfläche von 10’000 Quadratmetern auf drei Ebenen. In Südtirol steht mit einer Höhe von 20 Metern und 18’144 Stellplätzen das erste Hochregallager Italiens, das ganz aus Holz ist, realisiert von der Firma Kaufmann Bausysteme GmbH im österreichischen Reuthe.
Unterschiedliche Holzformen ermöglichen eine breite Anwendungspalette. So kann Brettschichtholz für den Bau des Regalsystems mit Trägern, Balken und Stützen eingesetzt werden. Brettsperrholz ist für Wand-, Dach- und Deckenverkleidungen geeignet, während Holzfaserdämmplatten gegen Kälte, Hitze und auch Schall isolieren. Bei Verbindungen eignet sich Holz als alleiniger Baustoff dann, wenn die Bauteile leicht sind und deren Belastung gering ist. Zusätzliche Stahlverbindungen tragen zur Erhöhung der Stabilität bei und werden in Hochregallagern neben den reinen Holzverbindern für Längsträger eingesetzt. Aufgrund der zahlreichen Vorteile in Bezug auf Umweltfreundlichkeit, Konstruktionsvielfalt, Sicherheit sowie Wirtschaftlichkeit wird Holz in der Intralogistik ein immer wichtigerer Baustoff und dürfte sich langfristig betrachtet zu einer ernsten Konkurrenz von Stahl entwickeln.