Die Volvo-Group zählt zu den weltweit tätigen Nutzfahrzeugherstellern und verfügt in Europa und in Nordamerika über eine starke Marktposition. Wo sehen Sie in den übrigen Märkten noch Absatzchancen?

Das Jahr 2023 war ein erfolgreiches Jahr für Volvo Trucks. Wir konnten unseren Marktanteil in mehr als 40 Ländern erhöhen. In Europa stiegen die Verkäufe im vergangenen Jahr um 14 Prozent an, in Nordamerika um 8 Prozent und in Asien konnten wir die Verkäufe um 15 Prozent steigern. Wir sehen durchaus auch Marktchancen in Indien, Afrika und in China.  

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Volvo Trucks entwickelte sich zu einem führenden Hersteller von elektrisch angetriebenen Nutzfahrzeugen. Mit dem Volvo FH Electric erhielt erstmals ein Elektro-Truck die  Auszeichnung «Truck of the Year 2024». Wie beurteilt man die Zukunft des E-Trucks?

Der Markt für elektrische Nutzfahrzeuge ist noch sehr klein, doch das wollen wir ändern, indem wir gezielt in die Zukunft der Elektromobilität investieren. Erfreulich ist, dass wir 2023 den Verkauf von E-Trucks weltweit um knapp 200 Prozent auf total 3523 Einheiten steigern konnten. Immer mehr Unternehmen investieren in umweltfreundliche Fahrzeuge, und diesen Trend werden wir aktiv unterstützen. Unsere Palette an elektrischen Modellen wird weiter ausgebaut und umfasst demnächst acht verschiedene Modelle. Wir sind ausserdem stolz darauf, dass wir bisher rund 5000 Elektro-Trucks in insgesamt 45 Ländern auf der Welt verkauft haben. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 die Hälfte aller weltweit verkauften Fahrzeuge mit einem Elektroantrieb anzubieten. Allerdings sollte bis dann auch das Ladenetz in den einzelnen Ländern ausgebaut werden. 

In welchen Ländern sieht man in Zukunft Absatzchancen für Elektro-Trucks?

Als Hauptmärkte für Elektrofahrzeuge sehen wir in naher Zukunft Nordamerika, Lateinamerika und natürlich Europa. Hier sehen wir vor allem Chancen für den E-Truck. In der Schweiz entfielen letztes Jahr 20 Prozent unserer Gesamtverkäufe auf elektrische Modelle. Aber auch in Schweden, Norwegen, in den Niederlanden und in Deutschland konnten wir die Verkäufe elektrischer Modelle steigern.  

Noch sind elektrische Modelle deutlich teurer als solche mit einem Dieselmotor. Wird sich diese Differenz in Zukunft verkleinern? 

Der Preis elektrischer Modelle hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab, je nach den Anforderungen der Betreiber dieser Fahrzeuge. Eine Rolle spielen aber auch der Dieselpreis, die Preisentwicklung bei den Batterien und nicht zuletzt die politischen Massnahmen zur Förderung des Verkaufs von E-Trucks. Mit der kontinuierlichen Steigerung des Produktionsvolumens von E-Trucks und den geringeren Unterhaltskosten dürfte längerfristig betrachtet die Differenz kleiner werden.

Die Volvo Group erwarb im Jahr 2021 60 Prozent des Aktienkapitals der Designwork Technologies mit Sitz in Winterthur, einem führenden Hersteller schwerer Nutzfahrzeuge mit Elektroantrieb. Wie wichtig ist der Schweizer Markt für Volvo Trucks? 

Grundsätzlich sind alle Märkte und alle Kunden wichtig für uns. Wir können vom umfassenden Know-how dieses Unternehmens in der Entwicklung und im Bau elektrisch angetriebener Nutzfahrzeuge für die Produktgestaltung unserer Fahrzeuge auch in anderen Ländern enorm profitieren. Wir sind stolz darauf, dass unsere Kunden in der Schweiz mit ihren E-Trucks schon mehr als 7 Millionen Kilometer zurückgelegt haben.  

Neben dem Elektroantrieb wird auch die Brennstoffzelle als alternativer Antrieb für Nutzfahrzeuge in Betracht gezogen. Volvo Trucks und Daimler Truck vereinbarten ein Joint Venture, um mit der Firma Cellcent  die Produktion von Brennstoffzellen voranzutreiben. Welche Rolle wird die Brennstoffzelle als Antrieb in Zukunft spielen?   

Für eine ganze Reihe von Einsätzen – beispielsweise im internationalen Strassengüterverkehr – wird es schwierig werden, Transporte auf langen Strecken mit Elektro-Trucks zu bewältigen. Vor allem auf Transportrouten entlang derer der Bau eines Ladenetzes kaum wirtschaftlich sein wird. Denken Sie doch einmal an die Roadtrains in Australien ... 

Ist der Gasantrieb auch eine Alternative?  

Wir arbeiten auch an Motoren, die mit LNG oder CNG angetrieben werden können. In bestimmten Einsatzfällen kann dieser Antrieb durchaus Sinn machen. Wir glauben, dass es alle Antriebsmöglichkeiten braucht, um die Klimaziele des Pariser Abkommens erfüllen zu können. 

Welche Möglichkeiten sieht man bei Volvo Trucks neben dem Antriebsbereich, um die Performance und die Effizienz von Nutzfahrzeugen noch weiter steigern zu können? 

Mit technischen Massnahmen, beispielsweise unserer I-See-Technologie, kann der Treibstoffverbrauch unserer Fahrzeuge weiter reduziert werden. Aber auch bezüglich Sicherheit rund um das Fahrzeug wurden echte Fortschritte erzielt. In der neuen Aero-Baureihe konnten dank verbesserter Aerodynamik und neuen Technologien – wie dem Kamera-Monitor-System – der Energieverbrauch und die Emissionen um bis zu 5 Prozent reduziert werden. Mit dem FH 16 mit Leistungen von 600 PS, 700 PS und 780 PS bieten wir derzeit den stärksten Schwerlastwagen an. 

Im Laufe dieses Jahres führt Volvo Truck die neue Aero-Baureihe im Markt ein. Was verspricht man sich von dieser neuen Modellreihe? 

Der neue Volvo FH Aero ist unser effizientester Lastwagen aller Zeiten. Wir starten mit der Produktion der neuen Fahrzeuge in der Kalenderwoche 21. Zuerst mit den Modellen FH Aero und dem FM Low Entry. Unabhängig vom Antriebsstrang – sei dies Elektro, Gas oder ein Dieselaggregat – weist die neue Aero-Baureihe einen geringeren Energieverbrauch auf und ermöglicht grössere Reichweiten und sichere Fahreigenschaften. Die neuen Modelle werden in den Jahren 2024 und 2025 in vier verschiedenen Versionen im Markt eingeführt.

Zur Person

Name: Roger Alm
Alter: 62
Funktion: Executive Vice President Volvo Group und Präsident des Unternehmensbereichs Volvo Trucks
Karriere: Seit 1991 verschiedene Führungspositionen innerhalb von Volvo Trucks in Polen und Brasilien 
und in Schweden.

Das Unternehmen Der Volvo Konzern zählt zu den weltgrössten Herstellern von Nutzfahrzeugen, Baumaschinen und Schiffsmotoren. Zum Konzern gehören die Nutzfahrzeughersteller Volvo Trucks, Renault Trucks und Mack (USA), der Bereich Construction Equipment (Baumaschinen) und Volvo Penta (Schiffsmotoren). Im Geschäftsjahr 2023 erzielte der Konzern einen Umsatz von 48,4 Milliarden Euro (+16,7%) und ein Ergebnis (Operating income) von 5,8 Milliarden Euro (+14,6%). Die Zahl der Mitarbeitenden betrug Ende Jahr 104 147. Weltweit wurden 246 272 Nutzfahrzeuge ausgeliefert – eine Zunahme von 6 Prozent.