Während in den Städten die normale Post mit kleineren E-Vehikeln ausgeliefert wird, die gerade einmal Platz für die entsprechenden Sendungen im Verteilerraum bieten, sieht es bei Paketen anders aus. Hier kommen weiterhin Nutzfahrzeuge zum Einsatz – leichte (bis 3,5 Tonnen) wie auch schwere (ab 3,5 Tonnen). Und die Fahrzeugflotte der Post ist riesig. Eigenständig organisiert ist die Post Company Cars AG und als Flottendienstleisterin für die Beschaffung und Bewirtschaftung von über 18'000 Fahrzeugen im Post-Konzern verantwortlich.
Das Gleiche gilt bei anderen Zulieferern und Dienstleistern: Nutzfahrzeuge verlieren nicht an Relevanz. So lagen die Zahlen der neu zugelassenen Nutzfahrzeuge in der Schweiz im laufenden Jahr zwar hinter denen vorheriger Jahre, aber Fakt ist: Modelle aller Grössen bleiben das wichtigste Transportmittel im europäischen Wirtschaftsraum. Bei dieser Präsenz auf der Strasse ist aber auch klar, dass die Branche mit Blick auf die Nachhaltigkeit kritisch beäugt wird. Beziehungsweise wird diskutiert, wo klimafreundliche Modifikationen möglich sind. Doch auch hier findet ein spürbarer Wandel statt. Mit einem Anteil von 7000 E-Fahrzeugen – was einem grossen Anteil an allen Fahrzeugen entspricht – betreibt die genannte Post Company Car AG beispielsweise die grösste E-Flotte der Schweiz. Bewährt hat sich dabei vor allem der Renault Master E-Tech im Bereich der Kleintransporter.
Steigende Standortkonzentration
Was bei jeder Diskussion jedoch nicht vergessen werden sollte: Kein einziges Nutzfahrzeug ist zum Selbstzweck unterwegs, sondern erfüllt einen exakten Transportauftrag. Seit Jahren wächst die auf Europas Strassen täglich transportierte Gütermenge an – so lieferte die Post in der Schweiz im Jahr 2024 rund 180 Millionen Pakete aus, mit Waren aller Klassen. Und der Detailhändler Lidl verzeichnet mehr als 400 Fahrten am Tag bei voller Auslastung, in aller Regel mit LKW. Der Strassengüterverkehr ist demnach ein Abbild der Konjunkturlage im Land. Zieht die Konjunktur an, steigt automatisch das zu transportierende Gütervolumen. Dazu kommt, dass die hohe Flexibilität der Nutzfahrzeuge in der heutigen Güterversorgung eine entscheidende Rolle spielt.
In den vergangenen Jahren fanden in der europäischen Industrielandschaft und im Dienstleistungsbereich aber auch tiefgreifende Veränderungen statt: Grosse Konzerne konzentrieren ihre Produktionskapazitäten auf wenige Standorte. Coop versendet etwa vier von zehn Sendungen aus dem Verteilzentrum in Schafisheim AG. Und die Migros Verteilbetrieb AG beliefert täglich rund 600 Filialen und 300 Migrolino-Shops von ihren Hauptstandorten Neuendorf SO, Suhr AG und Ecublens VD aus. Der Grund: Je grösser die Produktions- oder auch Liefermengen sind, desto kostengünstiger ist deren Herstellung und Verteilung von einem Standort aus. Diese Stand-ortoptimierung, bedingt durch die Kostenentwicklung und das bestehende Lohngefälle innerhalb Europas, führt zwangsläufig zu höheren Transportvolumen und damit zu mehr Güterverkehr auf Schiene und Strasse. Hinzu kommt, dass heute verstärkt Halb- und Fertigfabrikate ausgeliefert werden – also Waren, die erst an ihrem endgültigen Verkaufspunkt finalisiert werden.
Nachhaltig und effizienter
Doch auch der Aspekt der Nachhaltigkeit steht heute beim Nutzfahrzeug im Zentrum. Sämtliche massgebenden Hersteller von leichten und schweren Nutzfahrzeugen setzen auf alternative Antriebe und reduzieren die durch fossile Brennstoffe angetriebenen Modelle. Mehr oder weniger freiwillig schreitet so die Dekarbonisierung im Strassengüterverkehr voran. Die Entwicklung und Investition in umweltfreundliche Technologien sind dabei von entscheidender Bedeutung. Elektrische Antriebe, Hybridmodelle sowie die Verwendung von Wasserstoff als Kraftstoff werden intensiv erforscht und zunehmend auf den Markt gebracht.
Neben den Antriebssystemen spielt auch die Effizienz der Fahrzeuge eine wichtige Rolle. Moderne Nutzfahrzeuge sind mit verbesserter Aerodynamik, effizienteren Motoren und einem geringeren Leergewicht ausgestattet, um den Kraftstoffverbrauch noch weiter zu senken. Auf der anderen Seite unterstützen innovative Technologien wie die künstliche Intelligenz (KI) die Organisation der Logistik. Leerfahrten werden vermieden und optimale Routen gefunden, wenn es sich staut. Damit erlebt eine Branche, die sicher nicht an Relevanz verlieren wird, eine nachhaltige Transformation. Und gewinnt immer weiter an Bedeutung – vor allem in der Schweiz.
