Die Frage, die sich Produzenten von Personenwagen stellen, ist die gleiche, die auch bei den Herstellern von leichten und schweren Nutzfahrzeugen diskutiert wird: Kann sich die E-Mobilität durchsetzen? Zu Beginn der Gespräche war eine gewisse Skepsis vorhanden, und man fragte sich, ob ein 40-Tonner wirklich effizient elektrisch unterwegs sein kann. Mittlerweile jedoch zeigt sich, dass es funktioniert. Und elektrisch angetriebene Lieferwagen und Lastwagen (LKW) erfreuen sich einer zunehmenden Nachfrage seitens der Transportdienstleister. Herausforderungen gibt es jedoch auch weiterhin.
Laut Auto-Schweiz waren 17,2 Prozent der neu immatrikulierten schweren Nutzfahrzeuge (über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht) im ersten Halbjahr 2025 mit einem vollelektrischen Antrieb ausgestattet. Bei den Lieferwagen zeigen sich noch bessere Zahlen: Reinelektrische Modelle haben mit 2627 Zulassungen gegenüber dem Vorjahr um 78 Prozent zugelegt und machen knapp 13 Prozent der neu in Verkehr gesetzten Fahrzeuge aus. Das ist erfreulich, aber die positiven Zahlen erhöhen auch den Druck auf Anbieterseite, die entsprechende Ladeinfrastruktur auszubauen, mit dem Fokus auf Schnellladestationen. Eine Studie des Beratungsunternehmens EBP geht davon aus, dass bis zum Jahr 2030 15 Schnellladehubs in der Schweiz mit insgesamt 180 Schnellladepunkten für E-Trucks entlang der Nationalstrassen realisiert werden müssen.

Spezielle Anforderungen an die Ladeparks
Batteriebetriebene Lastwagen benötigen aufgrund ihrer Fahrzeuggrösse spezielle Lademöglichkeiten. So braucht es Platz für Nutzfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht zwischen 16 und 28 Tonnen sowie Sattelschlepper mit bis zu 40 Tonnen. Das Besondere an den neuen Schnellladestationen ist also nicht nur die hohe Ladeleistung, die erreicht werden muss, sondern auch das Layout. Leichte An- und Abfahrtswege und eine effiziente Raumnutzung sind dabei zwei wesentliche Faktoren. Um die kontinuierliche Stromversorgung zu gewährleisten, könnten Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Schnellladestationen platziert werden. Wichtig ist zudem die Bereitstellung hoher Netzanschlussleistungen durch die lokalen Elektrizitätsdienstleister. Die derzeit von verschiedenen Herstellern angebotenen schweren E-Trucks weisen eine Reichweite zwischen 300 und 500 Kilometern auf. Diese reicht für die Mehrzahl der täglichen Transporte in der Schweiz aus.
Investitionen in E-Flotte und Ladeparks
Aufgrund der Situation in der Schweiz haben zahlreiche Logistikdienstleister in jüngster Zeit erhebliche Mittel für den Bau von betriebseigenen Ladestationen eingesetzt. Heute verfügen die grösseren unter ihnen über eigene leistungsfähige Ladepunkte, die teilweise auch der Öffentlichkeit zugänglich sind. Etliche dieser Anlagen werden durch entsprechende Photovoltaikanlagen mit Energie versorgt. Diese Entwicklung zeigt, dass viele Dienstleistungsfirmen ihre Flotte ausbauen möchten. Die Handelszeitung befragte die führenden Logistikdienstleistungsfirmen nach ihren Plänen zum Ausbau ihrer E-Truck-Flotte.
Bei der Planzer Transport AG waren Mitte dieses Jahres 158 elektrisch angetriebene Lastwagen im Einsatz, was 8 Prozent der gesamten Fahrzeugflotte ausmacht. Die Elektroflotte wird gezielt weiter ausgebaut. Doch Pflanzer betont, dass dies von zahlreichen Einflussfaktoren abhänge. Dazu gehören in erster Linie Stromkapazitäten und Lademöglichkeiten mit entsprechenden Transformatorenstationen. Die eigenen Fahrzeuge werden an den eigenen Ladestationen aufgeladen. Gegenwärtig befindet sich der Bau von Ladeparks in Prüfung, auch eine Öffnung dieser Parks für Dritte ist durchaus möglich. Die Elektrifizierung der Fahrzeuge in der Citylogistik und im urbanen Verkehr ist ein Schwerpunkt im Flottenmanagement von Planzer.
Die Firma Galliker Transport AG verfügt bereits an jedem der nationalen Standorte über mindestens eine Schnellladestation (384 kW). Zudem wurden am Hauptsitz in Altishofen LU weitere Ladestationen für E-LKW-Flotten installiert. Dazu zählen auch der vom Bundesamt für Energie (BFE) mit dem Watt d’Or ausgezeichnete E-Power-Tunnel für 28 Lastwagen sowie das E-Power-Terminal, in dem gleichzeitig 12 E-Autotransportfahrzeuge geladen werden können. Bereits 2035 sollen 70 Prozent der nationalen und 30 Prozent der internationalen Fahrzeugflotte auf CO2-neutrale Antriebe umgestellt sein, was einer Gesamtstückzahl von 649 Lastwagen entspricht. 100 Prozent des selbst produzierten Solarstroms (aktuell rund 20 GWh pro Jahr) sollen bis dann selbst gespeichert werden. Das Unternehmen plant, den Ausbau massiv weiter voranzutreiben, um bis 2050 komplett CO2-neutral für die Kunden unterwegs zu sein. Galliker hat im Weiteren das Projekt «Zero Emissions Network» ins Leben gerufen. Es umfasst die Planung und Realisierung von umfassenden E-Ladeparks, Batteriespeichern und eigenen Mittelspannungsarealnetzen an allen Galliker-Standorten in der Schweiz. Damit sollen rund 570 Ladepunkte für E-LKW realisiert werden. Diese können, zumindest teilweise, innerhalb bestimmter Zeiten und wo sinnvoll, auch dem öffentlichen Schwerverkehr zugänglich gemacht werden. Die dafür nötigen Hardware- und Softwarekomponenten sind vorgesehen.
Die Firma Camion Transport mit Hauptsitz in Wil SG betrieb Mitte Jahr rund dreissig elektrisch angetriebene Nutzfahrzeuge. Weitere dreissig E-Trucks sind bestellt und werden bis zum ersten Quartal 2026 ausgeliefert. Im kommenden Jahr werden zwei Drittel der gelieferten Neufahrzeuge elektrisch angetrieben sein. Camion Transport erweitert die nötigen Ladeinfrastrukturen daher auch gezielt an den einzelnen Standorten. Schon jetzt stehen die Ladeparks anderen Unternehmen zur Verfügung, wobei jedoch nur Partner zugelassen sind.
Die Dreier AG betreibt derzeit rund fünfzig schwere Vierzig-Tonnen-Nutzfahrzeuge und hat schon Ende 2023 entschieden, im nationalen Verkehr nicht mehr auf Diesel-LKW zu setzen, sondern nur noch elektrisch angetriebene Fahrzeuge zu bestellen. Per Mitte 2026 dürfte die Zahl von siebzig schweren Elektrofahrzeugen erreicht werden, sofern es mit der entsprechend notwendigen Stromversorgung klappt. Der firmeneigene E-Park in Egerkingen wurde erweitert und soll 2026 mit grossen Megawattspeichern ausgerüstet werden. Sind die notwendigen Speicherkapazitäten vorhanden, wird in Egerkingen bis zum Ende des Jahrzehnts ein öffentlich zugänglicher Elektropark mit 10'000 Quadratmetern Fläche realisiert. Ausgebaut wird auch der Ladepark der Dreier AG in Oberentfelden.
Das Transportunternehmen Murpf betreibt derzeit drei E-Trucks, weitere sind in Planung. Neben zwei eigenen Ladestationen wurde eine mobile Ladestation bei Kunden eingerichtet und die eigenen Fahrzeuge werden bei einem Anbieter in der Ostschweiz «betankt». Über einen öffentlichen Zugang zu diesen Stationen wurde noch nicht entschieden.
Die Firma Hugelshofer Logistik betreibt derzeit einen der grössten E-LKW-Schnellladeparks im Land. So bietet dieser unter anderem 15 Schnellladesäulen mit jeweils 360 Kilowatt Ladeleistung, davon sind vier Ladepunkte öffentlich zugänglich. Mitte Jahr standen insgesamt 55 Elektrotrucks im Einsatz, und bis zum Jahr 2028 soll die Flotte auf 100 Fahrzeuge ausgebaut werden.
