In der Tiefzinsphase 1, also von 2015 bis ins Jahr 2022 hinein, war der Kauf einer Immobilie zur Weitervermietung – die Konzeption «Buy to let» – eine äusserst beliebte und erfolgreiche Kapitalanlage. Mit «Buy to let» liess sich eine schöne Rendite erzielen. Vor Steuern betrug diese in den 50 grössten Schweizer Städten im Schnitt 6 Prozent. 2,5 Prozentpunkte machten dabei die Mieteinkünfte aus, 3,5 Punkte die Wertsteigerung der Objekte. Noch einträglicher war das Modell für alle, die den Immobilienkauf mit einer Hypothek finanzierten: Mit 60 Prozent Fremdkapital stieg die Eigenkapitalrendite auf durchschnittlich 13 Prozent. Denn «Buy to let» rentiert, wenn mit viel Fremdkapital und zu tiefen Zinsen finanziert wird.
Privatpersonen kaufen eine Wohnung zur Fremdvermietung und refinanzieren die Kosten im Lauf der Jahre durch Mieteinnahmen und durch die Wertsteigerung der Immobilie: eine äusserst beliebte Form des «Betongolds», die aber nach 2022 mit dem Zinsanstieg und der für viele ungewohnten Volatilität und damit verbundenen Unsicherheit wesentlich an Boom-Wirkung einbüsste.
Ruedi Tanner, Präsident der Schweizerischen Maklerkammer SMK und Mitinhaber der Wirz Tanner Immobilien AG in Bern
Tiefe Zinsen, neues Glück?
Jetzt aber deuten viele Zeichen auf eine anstehende Tiefzinsphase 2. Nehmen damit die Kapitalanlagen in Immobilien zur Weitervermietung wieder an Fahrt auf? Wird «Buy to let» wieder zum Kassenschlager? Im Immobilienmarkt ist die Dynamik hoch. Nicht nur, was die Preisschwankungen anbelangt, sondern auch die regionalen Unterschiede und die sich disruptiv wandelnden äusseren Faktoren – seien das globale Wirtschaftsverwerfungen, rigider werdende Bankenvorschriften oder das Vakuum in der Bautätigkeit. Diese Gemengelage macht eine Anlagestrategie, die auf Immobilien zum Weitervermieten setzt, aktuell nicht nachhaltig renditesicher. Es fehlen die verbindlichen Parameter, die Gewissheit geben.
Ungeachtet der momentanen Umstände bleibt «Buy to let» in jedem Fall für alle jene Investoren sinnvoll, welche die Vermietung ihres Renditeobjekts nur als eine Phase betrachten, bevor sie selbst in die Wohnung ziehen. In diesem Fall sollte man sich unbedingt einen klaren Zeithorizont geben und den Mietvertrag zeitlich befristen, um Rechtssicherheit zu schaffen.
Lage, Lage, Lage
Grundsätzlich: Ob das Vermieten rentiert, hängt von der Immobilie ab – und von der Lage. Denn nicht jede Region, jede Gemeinde ist interessant. Kenntnisse des regionalen Marktes und seiner Entwicklungsperspektiven sind unabdingbar bei der Suche nach einem geeigneten, gut vermietbaren Objekt. Wer bereit ist, sich als Vermieter bei der Mietersuche zu engagieren, kann sich eine Investition in einer Agglomerationsgemeinde überlegen. Wer lieber eine ziemlich sichere, aber etwas tiefere Rendite hat, sollte sich in den Zentren umschauen.
Die Suche nach dem «Volltreffer»
In jedem Fall kann der Zuzug von ausgewiesenen Immobilienmaklerinnen und -maklern zur Evaluation des Marktes einen Mehrwert bringen. Denn je nach Kaufpreis, Unterhaltskosten und Attraktivität der Örtlichkeit fällt am Ende des Tages die Rechnung sehr unterschiedlich aus. Gerade für «kleine» Investoren, die das Konzept «Buy to let» bei einem einzelnen Objekt einsetzen, bestehen erhöhte Risiken. Für den Kauf einer Immobilie muss an attraktiver Lage aktuell viel Geld in die Hand genommen werden, gleichzeitig konzentriert sich die Renditehoffnung aber auf ein einziges Objekt an einem einzigen Standort. Weil die Diversifizierung fehlt, um eine Baisse abzufedern, muss die gewählte Immobilie ein nachhaltiger Volltreffer sein. Zudem ist diese Anlageform wenig liquide. Wer das Geld plötzlich und schnell braucht, wird dem Momentum im – regionalen – Immobilienmarkt ausgesetzt sein.
Rechte – und Pflichten
Zu beachten bleibt: Wer ein «Buy to let»-Objekt ersteht, wird zum Immobilienbesitzer und -vermieter. Was wiederum ein bewusstes Lebenszyklus-Management für die Immobilie verlangt mit professioneller Verwaltung und ausgewiesener Vermarktung. Oder anders gesagt: Käuferinnen und Käufer müssen bereit sind, mit ihren Mieterinnen und Mieter zu kutschieren. Diese bringen mit der Miete einen regelmässigen Zahlungseingang, sie haben aber auch Rechte. Zudem wird mit dem Ende eines Mietverhältnisses die Suche nach Nachmietern nötig. Sie muss schnell und effizient erfolgen, andernfalls kann die Ertragsrechnung aus dem Lot geraten. Und die Stockwerkeigentümergemeinschaft kann an den Nerven zehren. Verwaltung und Vermarktung verlangen Expertise. Und generieren Kosten.