Da haben zwei das Heu offensichtlich auf der gleichen Bühne: Gerhard Marty, Geschäftsführer der Reismühle Nutrex in Brunnen, und Alois Gmür von der Brauerei Rosengarten in Einsiedeln. Die beiden sind offen für neue Ideen – und haben 2022 gemeinsam das Bio- und Fairtrade-Reisbier Jasmin entwickelt. Bereits 1980 lancierte die Brauerei das erste Maisbier der Schweiz. 1996 folgte Dinkel und 2016 das erste Heubier der Schweiz namens «Äs Gäächs».

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Steil oder «gääch» ist auch die Innovations- und damit Erfolgskurve bei Martys Unternehmen, wie das Beispiel Reisbier zeigt, das aus Bruchreis hergestellt wird: «Statt Nebenprodukte aus der Reismühle wie Schleifmehl oder Bruchreis zum Beispiel als Tierfutter zu verwenden, suchen wir konstant Verwertungsmöglichkeiten, um Food Waste zu minimieren.»

 

Innovationen inhouse

Die Reismühle Nutrex ist eine Division der Coop-Genossenschaft, wird jedoch unternehmerisch von der Zentrale an der langen Leine gehalten. So sei man für Innovationen und das Produktsortiment selber zuständig, betont Gerhard Marty, für die Sortimente Essig und Reis habe man schliesslich die Kernkompetenz im Hause. Für Innovationen besteht ein internes Kreativteam mit Mitgliedern aus allen Abteilungen. «Wir wollen jährlich ein bis zwei neue Produkte lancieren und versuchen konstant, sich verändernde Essgewohnheiten abzubilden.» Es gilt, keine Trends zu verpassen. Mit 50 Mitarbeitenden werden jährlich rund 13 000 Tonnen Reis und rund 10 Millionen Liter Essig (Rotwein-, Weisswein-, Apfelessig und Spezialitäten) produziert. Der Gesamtumsatz beträgt schätzungsweise 38 Millionen Franken. Reis  trägt rund 70 Prozent und Essig etwa 30 Prozent zum Umsatz bei. Mehr als die Hälfte des Reises und 30 Prozent des Essigs stammen aus nachhaltigem Anbau. Das Angebot umfasst über 70 Reissorten und 55 Essigsorten aus der ganzen Welt für den Detailhandel, Grosshandel, die Gastronomie und Industriekunden europaweit, welche das Basisprodukt wie Essig weiter veredeln und unter eigener Marke verkaufen, etwa Salatsaucen.

 

Grossbritannien im Fokus

Doch die Reismühle Nutrex ist eigentlich nur in Fachkreisen ein Begriff und damit ein eigentlicher «Hidden Champion», weil das Unternehmen in seinen beiden Nischenmarktsegmenten «Essig» und «Reis» eine führende Rolle einnimmt. Bei Essig ist man der führende Anbieter in der Schweiz. Volumenmässig beträgt der Marktanteil in der Schweiz beim Essig etwa 68 Prozent und beim Reis rund einen Drittel. Dass die Firma ausserhalb der Kundensegmente und dem engeren Umfeld in Brunnen kaum bekannt ist, damit kann Gerhard Marty gut leben. Für ihn zählt die Akzeptanz der Kundschaft und der Lieferanten. Und diese Akzeptanz ist offensichtlich gross.

Die wichtigsten Exportländer sind Deutschland und Österreich, gefolgt von den Niederlanden, Frankreich und Italien. Anteilsmässig werden etwa 25 Prozent Reis und 3 Prozent Essig exportiert. Derzeit planen Marty und sein Team einen weiteren bedeutenden Schritt: In den nächsten zwei bis drei Jahren will das Unternehmen in Grossbritannien Fuss fassen und sich etablieren. Standort der Reismühle Nutrex ist das beschauliche Brunnen in der politischen Gemeinde Ingenbohl am Vierwaldstättersee. Gegründet wurde die Firma 1956 als Reismühle Brunnen. Die Nutrex AG im thurgauischen Busswil wurde 1942 gegründet. 1971 erfolgte die Übernahme durch Coop.

2018 fusionierten die beiden Coop-Divisionen. 2021 erfolgte die Zusammenlegung der Standorte und später die Umbenennung in «Reismühle Nutrex». Den Ausschlag für Brunnen gab die gute Anbindung an die Gotthardeisenbahnlinie mit Industriegleisen, einer vorhandenen Infrastruktur und eine nach wie vor «treue Mitarbeitendenschaft, die teilweise seit Jahrzehnten dabei ist», so Marty.

Die Verlegung des Firmensitzes in einen anderen Kanton kann sich Geschäftsführer Gerhard Marty nicht vorstellen. Auch nicht in den Kanton Tessin, obwohl der Produktionsbetrieb dort doch näher an den Reislieferanten aus dem Tessin und Norditalien läge. Marty: «Unser Reis etwa aus Thailand, Vietnam oder Indien wird via Rotterdam geliefert. Dann müsste alles durch den Gotthard ins Tessin transportiert werden, was – wie die jüngsten Ereignisse zeigen – mit einem nicht zu unterschätzenden Risiko verbunden ist.» Auch der Transportweg müsste über den Hafen Genua erfolgen, was keinen kommerziellen Vorteil brächte. Kommt dazu, dass in Brunnen in den letzten drei Jahren rund 20 Millionen Franken in die Essigproduktion samt neuem Werk investiert worden sind. Dazu rund 10 Millionen Franken in die Reisproduktion. Und derzeit wird in die Erneuerung verschiedener Produktionsprozesse investiert. Damit dürfte sichergestellt sein, dass sich der Standort des Branchenprimus auch in den nächsten Jahrzehnten in der Zentralschweiz befinden wird.