Es ist in der Weiterbildung wie mit allem im Leben: Wer hat, dem wird gegeben. Die Statistik erzählt diese Wahrheit in nüchternen Zahlen. Je höher der Bildungsgrad, desto mehr Weiterbildungen absolviert eine Person. Nicht selten wird die Finanzierung von den Arbeitgebern übernommen. Gemäss Bundesamt für Statistik erhielten vor der Pandemie 55 Prozent der Personen mit Tertiärabschluss von ihren Arbeitgebern Unterstützung für ihre berufliche Weiterbildung. Bei Personen ohne Berufsabschluss waren es gerade 16 Prozent. Corona hat diesen Graben vertieft. Vor allem die fehlende Finanzierung hält geringer Qualifizierte von Weiterbildungen ab, obgleich gerade sie angesichts der Entwicklungen an den Arbeitsplätzen, der alle Bereiche erfassenden Digitalisierung, dringend in ihre Arbeitsmarktfähigkeit investieren müssten – mit anderen Worten: in Weiterbildungen.

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Die Rolle der öffentlichen Hand

Das Bewusstsein, dass die öffentliche Hand hier stärker gefragt ist, hat in verschiedenen Kantonen jüngst zu verschiedenen Förderinitiativen geführt. So bietet die Stadt Zürich ab diesem Jahr sogenannte Arbeitsmarktstipendien an. Sie richten sich an Geringqualifizierte, die damit durch Weiterbildung ihre Stellung auf dem Arbeitsmarkt sichern oder verbessern können. Genf war bis vor kurzem der einzige Schweizer Kanton, der Gutscheine angeboten hat.

Auf ein anderes Instrument setzt der Kanton Luzern. Im September 2020 hat er Bildungsgutscheine eingeführt. Mit ihnen erhalten theoretisch rund 45 000 Erwachsene im erwerbsfähigen Alter die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten in den Grundkompetenzen Lesen, Schreiben, Rechnen oder in der Bedienung eines Computers zu verbessern. Im November letzten Jahres hat die Regierung beschlossen, die Bildungsgutscheine auch bis 2024 zur Verfügung zu stellen. Allein im Jahr 2022 haben bereits über tausend Personen von diesem Angebot Gebrauch gemacht.

Arbeitgeber könnten helfen, auf Gutscheine aufmerksam zu machen.

Ein Modell für Stiftungen

Gutscheine sind jedoch nicht staatlichen Förderern vorbehalten. So bietet die Stiftung Schweizer Berghilfe Personen in Bergregionen bereits seit 2018 an, die Hälfte von Kurskosten im Bereich digitaler Kompetenzen zu übernehmen. Sie ist dazu mit dem Schweizerischen Verband für Weiterbildung (Sveb) eine Partnerschaft eingegangen. Der Sveb stellt seine Kursdatenbank weiterbildung.swiss zur Verfügung und hat ein System entwickelt, das die Anspruchsberechtigung abzuklären vermag und eine Zahlungsabwicklung anbietet – eben auf der Grundlage eines Gutscheins.

Neben Luzern werden Gutscheine auch in den Kantonen Freiburg und, seit diesem Januar, im Kanton Aargau vergeben. Der Kanton Zug soll demnächst starten. Weitere Kantone prüften derzeit eine Einführung, heisst es beim Sveb. Damit das Modell funktioniert, braucht es aber nicht nur einen Financier, eine Datenbank und ein Anmeldesystem. Ohne Öffentlichkeitsarbeit geht es nicht. «Multiplikatoren sind das A und O», sagt die Projektverantwortliche beim Sveb, Birte Theiler. Wichtig sei deshalb auch die Partnerschaft mit dem Dachverband Lesen und Schreiben, der im Auftrag des Bundes die Kampagne «Einfach besser!» zur Förderung von Grundkompetenzen betreibt. Zudem könnten Arbeitgeber viel dazu beitragen, ihre Mitarbeitenden auf die Gutscheine aufmerksam zu machen.

In Luzern besitzt ein Gutschein einen Wert von maximal 500 Franken. Wer einen Kurs erfolgreich absolviert, kann im selben Jahr einen zweiten einfordern. Doch nicht zuletzt die Kosten für Kurse übersteigen zuweilen diesen Betrag. Weiterbildungswillige müssen deshalb weiterhin selbst in die Tasche greifen.

Beim Sveb plant man bereits die nächste Stufe, die eine Kombination von mehreren Gutschein-Möglichkeiten vorsieht. Die Idee: Auf einer Plattform werden die Förderangebote hinterlegt. Eine interessierte Person erhält dann je nach Weiterbildungsabsicht und Berechtigung Gutscheine von verschiedenen Anbietern angezeigt, neben kantonalen auch solche von privaten wie etwa Stiftungen.