KI wirbelt die Personalabteilungen der Schweizer Unternehmen ordentlich durcheinander. Denn die Möglichkeiten sind riesig. Doch wer die Technologie erfolgreich einsetzen will, muss umdenken und sich ganz klar mit den Spielregeln zu Ethik und Datenschutz auseinandersetzen. «Die grössten Potenziale für den KI-Einsatz im HR liegen immer dort, wo Administration von KI übernommen werden kann, wie etwa beim Formulieren von Stellenanzeigen, beim Erklären und Navigieren in komplexen Prozessen oder beim Zusammenfassen und Überführen verschiedener Datenpunkte in eine konkrete Handlungsanleitung», sagt Marcela Falahati, Head of People & Change bei Gambit Consulting. «Insbesondere das Recruiting bietet hier viele Anwendungsfälle, von Chatbots, die FAQs beantworten und Bewerbungsunterlagen vervollständigen, bis hin zur Analyse der skillbasierten Eignung.»

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Laut Marcela Falahati kommt KI im HR-Bereich in zwei Rollen zum Einsatz: als Automation (Ersatz) und als Augmentation (Ergänzung). Die Automation übernimmt repetitive Aufgaben wie das Verteilen von Reports und Erinnerungen, entlastet die HR-Manager enorm und reduziert Anfragen zur Digital Adoption. Die Augmentation hingegen stärkt die menschliche Entscheidungsfindung, indem sie beispielsweise bei Gehaltsgesprächen assistiert oder nach Leistungsfeedback mögliche Entwicklungspfade aufschlüsselt. Sie ist entscheidend bei der Erstellung individueller Lernpfade, wobei sie diverse Daten (Rollenprofile, Kompetenzen, Lernhistorie) abgleicht; hier gilt: Je mehr Daten vorhanden sind, desto besser kann die Abstimmung der nächsten Entwicklungsschritte erfolgen.

Skepsis bleibt gross

Trotz den vielen Vorteilen, die der Einsatz von KI in HR-Abteilungen bringen kann, zeigen aktuelle Zahlen, dass der breite Durchbruch im Personalwesen noch aussteht. So hat sich der Anteil der Unternehmen, die KI im Schweizer HR einsetzen, laut einer FHNW-Studie zwischen 2022 und 2024 zwar von 8 Prozent auf 24 Prozent verdreifacht, doch die Skepsis bleibt. Und das hat klar identifizierte Gründe. Das grösste Hemmnis liegt in ethischen und rechtlichen Bedenken. Die Sorge ist gross, dass KI-Systeme unbewusst Vorurteile aus historischen Daten übernehmen und damit gegen Diversitätsziele verstossen. Hinzu kommt die Angst vor Verstössen gegen die Datenschutzgesetze wie das Schweizer DSG oder die europäische DSGVO, insbesondere weil die Einhaltung des Zweckbindungsprinzips bei der Nutzung sensibler Mitarbeiterdaten schwer kontrollierbar ist und die Weitergabe an Drittsysteme Risiken birgt. Zudem besteht ein mangelndes Vertrauen in die Technologie, da KI im professionellen Umfeld plausibel klingenden Unsinn liefern kann, nicht aber menschliche Empathie und Rechenschaftspflicht, die in einem «People-Business» als unersetzlich gelten. Schliesslich verhindern auch praktische und finanzielle Hürden wie die oft unzureichende Qualität der HR-Stammdaten, die hohen Investitionskosten für die Integration in bestehende Systeme und der Mangel an internem KI-Know-how den Durchbruch.

«Ein grosses Risiko ist die Vereinheitlichung», sagt Falahati. «Auch bei der Optimierung von Stellenbeschreibungen zur Entfernung von Bias entsteht eine neue ethische Frage: Die KI greift auf die vorhandenen Ausschreibungen der Unternehmen zu. Ob diese nicht irgendwann alle sehr gleich klingen werden, ist die entscheidende Frage.» Denn wenn alle Unternehmen dieselben optimierten, aber intern trainierten Muster verwenden, besteht das Risiko, dass alle Stellenanzeigen letztlich austauschbar und uniform klingen. Die Technologie bildet ab, was bereits da ist, und wird dadurch zum Verstärker für langweilige Konformität. Um in Zeiten von Fachkräftemangel und demografischer Verschiebung eine diverse Zielgruppe anzusprechen und kreative Talente zu gewinnen, müsste die KI über diesen Tellerrand des unternehmensinternen Status quo hinausblicken. Die KI sollte somit als Werkzeug für kreative Diversität dienen und nicht als Verstärker für die Uniformität im Personalwesen.

Ein neues Denken

Die grösste und unbequemste Veränderung betrifft jedoch die Rolle des HR-Managers selbst. Falahati beobachtet: «Aktuell nehme ich wahr, dass sich HR-Manager oder auch Businesspartner weniger beratend um die Abteilungen kümmern, sondern vielmehr in einer Assistenzfunktion unterwegs sind.» Diese administrativen Vor- oder Nachbereitungen werden durch KI wegfallen. Die Skills, die das HR zukünftig brauchen wird, sind unternehmerisches Denken, Analysefähigkeiten, vernetztes Denken und viel Kreativität. Die Befürchtung, KI könnte den Job bedrohen, ist real. Wer sich diesem Wandel verweigert, wird langfristig nicht bestehen können. Falahati sagt: «Richtig vermeiden lässt sich das Risiko des Jobverlusts nicht, denn wer sich diese neuen Skills nicht angewöhnt und sich selbst in administrativen, organisatorischen Aufgaben wohlfühlt, wird langfristig keinen Job mehr haben.» In ihren Augen müssen Unternehmen diesen Wandel durch Schulungen fördern, aber am Ende entscheidet sich jeder einzelne HR-Mitarbeiter. «Wer sich nicht verändert, wird durch jemanden ersetzt, der dazu bereit ist. Leider ist die Wahrheit hart.» Die Zukunft des HR liegt nicht in der Verwaltung, sondern in der strategischen und empathischen Gestaltung der Arbeitswelt.