Apple ist informierten Kreisen zufolge einen entscheidenden Schritt in einem geheimen und spekulativen Projekt vorangekommen, das noch unter dem verstorbenen Gründer und Alt-Chef Steve Jobs begonnen wurde: die kontinuierliche Blutzuckermessung ohne Pieks, einfach über die Apple Watch.

Wie zu hören ist, wurden unlängst Meilensteine erreicht, die das Apple-Management zu der Auffassung gebracht haben, dass das Projekt «E5» in einer Markteinführung münden könnte.

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Die Glukosemessung im Blut ohne Entnahme per Stich wäre ein Segen für Diabetiker und würde dazu beitragen, Apple als bedeutenden Akteur im Gesundheitswesen zu etablieren. Für Millionen von Zuckerkranken auf der ganzen Welt könnte die Apple Watch ein unverzichtbarer Alltagsgegenstand werden.

In den USA hat rund jeder Zehnte Diabetes. Bislang wird der Blutzucker über regelmässige Blutproben gemessen. Innovationen gibt es von den Herstellern Dexcom und Abbott Laboratories. Sie haben Sensoren entwickelt, die auf die Haut geklebt werden und ihre Messdaten ans Handy übermitteln. Dabei ist ein regelmässiger Austausch der Sensoren nötig. Die Abbott-Lösung kostet rund 460 Euro im Vierteljahr.

Kurzfristig boostern, langfristig Zucker bekämpfen

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Apple verfolgt einen anderen Ansatz. Der Konzern aus dem kalifornischen Cupertino kombiniert die unter dem Namen Silizium-Photonik bekannte Chiptechnologie mit einem Messverfahren namens optische Absorptionsspektroskopie. Dabei schickt ein Laser Licht bestimmter Wellenlängen in einen Bereich unter der Haut, in dem sich Zwischenzellflüssigkeit befindet. Wenn das Licht nun zurück zum Sensor reflektiert wird, meldet es die enthaltene Konzentration von Gewebezucker. Ein Algorithmus errechnet daraus den Blutzuckerspiegel der Person.

Hunderte Ingenieure arbeiten dem Vernehmen nach an dem Projekt, das aus einer bisher unbekannten Geheimsparte namens Exploratory Design Group (XDG) hervorgegangen ist. Ähnlich wie Googles Abteilung X arbeitet diese an besonders futuristischen und potenziell folgenreichen «Moonshot»-Projekten. Konzernintern ist die XDG noch weniger Mitarbeitern bekannt als die geheimen Entwicklungsarbeiten an Autos und Virtual Reality. Ein Apple-Sprecher wollte sich zum Thema nicht äussern.

Der Konzern arbeitet den informierten Kreisen zufolge seit mehr als zwölf Jahren an seiner Glukose-Technologie und hat sie bereits an Hunderten Probanden getestet, sowohl an Menschen mit Prädiabetes und Typ-2-Diabetes als auch an solchen, die nicht wissen, ob sie Diabetiker sind. Angesichts der Vergleichsergebnisse gegenüber Bluttests ist Apple zur Ansicht gelangt, das Projekt habe den Machbarkeitsnachweis erbracht. Nun soll es darum gehen, die Grösse des Systems auf ein praktisches Mass zu schrumpfen.

Die Ingenieure arbeiten am Prototyp eines Geräts von der Grösse eines iPhones, das man sich um den Bizeps schnallen kann. Eine frühere Version des Systems war noch so gross, dass sie auf dem Tisch stehen musste. Letztlich wäre die Ideallösung, das System in die Apple Watch zu integrieren.

Durch die Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren wie Ärzten und Dienstleistungsanbietern werden digitale Plattformlösungen eingeführt, die nicht zuletzt massgeblich von Daten aus Wearable-Technologien angetrieben werden.

Apples Ziel ist es, die Innovation in eine Apple Watch zu integrieren.

Quelle: Keystone

Apples Ziel ist dabei die Entwicklung einer Präventivmassnahme, die Menschen warnt, wenn sie prädiabetisch sind. Sie könnten dann ihren Lebensstil ändern, um die Entwicklung von Typ-2-Diabetes zu vermeiden. Das Regulierungsteam von Apple hat bereits erste Gespräche über eine medizinische Zulassung des Systems geführt.

Ob die Pläne gelingen, ist bei Weitem nicht sicher. Zahlreiche Startups haben versucht, nicht-invasive Blutzucker-Überwachungen zu entwickeln und sind dabei gescheitert. Im Jahr 2014 kündigte Google Pläne für die Entwicklung intelligenter Kontaktlinsen an, die den Blutzucker über die Tränenflüssigkeit messen sollten. Im Jahr 2018 wurde das Projekt ad acta gelegt.

Die Apple Watch hat sich nach und nach zu einem Mittel zur Gesundheitskontrolle entwickelt. Das erste Modell von 2015 verfügte zwar über einen Herzfrequenzsensor, war aber eher als Fitness-Monitor positioniert. Seit 2018 ist das Gerät in der Lage, Elektrokardiogramme (EKGs) am Handgelenk zu erstellen. Ausserdem kann es jetzt die Körpertemperatur messen und den Sauerstoffgehalt im Blut berechnen.

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(bloomberg/spi)