Mehr als 2 Millionen Franken für Schweizer Labor-Fleisch-Startup

Beim Börsengang von Delivery Hero – heute ein DAX-Konzern – hat er rund 45 Millionen Euro gelöst. Er verdiente mit am Verkauf der Tretroller von Circ an den US-Konkurrenten Bird. Mit dem finnischen Startup Wolt will er den europäischen Essensmarkt ein zweites Mal aufmischen. Und er interessiert sich für Flugtaxis, Mikro-Atomkraftwerke und erneuerbare Energien: Lukasz Gadwoski und sein Team Europe zählen zu den Schwergewichten unter den Venture-Capital-Investoren in Europa. Nun wird das Multi-Talent aus Deutschland grösster Investor beim Schweizer Startup Mirai Foods. Dem Unternehmen rund um CEO Christoph Mayr aus Wädenswil am Zürichsee gelang es im vergangenen Jahr, vier Mini-Burger im Labor zu züchten; und das in rekordverdächtig kurzer Zeit von nur wenigen Monaten. Mit an Bord: Paulig Nun konnte Mirai eine Finanzierungsrunde über 2,1 Millionen Franken abschliessen – ein Betrag, der seinesgleichen suchen dürfte unter Schweizer Food-Startups. Ebenfalls mit am Bord: das finnische Traditionsunternehmen Paulig Group, ein Getränke- und Nahrungsmittelhersteller mit knapp einer Milliarde Euro Umsatz. «Die Art und Weise, wie wir heute Fleisch produzieren, muss sich ändern», sagt der Lukasz Gadowski. Er sei überzeugt, dass man in ein oder zwei Generationen sehr kritisch auf die heutige Massentierhaltung zurückschauen werden, sagt der neue Food-Grossinvestor. «Die Menschen würden den Kopf schütteln und denken: Was für eine Sünde, was für ein Verbrechen», sagt der Mittvierziger, der sich selbst schon heute in einem moderaten Fleischkonsum übt alle selbst alle vierzehn Tage ein Stück Fleisch isst. «Ich bin sehr glücklich», sagt Christoph Mayr. Das Investment von Lukasz Gadowski – die beiden kennen sich von ihrer Zeit bei Delivery Hero, für das Mayr den südkoreanischen Markt aufrollte – sei der Beweis, «dass er an mich als Unternehmer glaubt». Kein Premium-Produkt Ziel von Mirai (japanisch für: die Zukunft) ist es, den «unreflektierten Fleischesser zu erreichen», sagt Mayr. Entscheidend sei der Impact, und der sei nur über ein grosses Publikum zu schaffen. «Wir wollen kein Premium-Produkt machen, das nur von denjenigen konsumiert wird, die ohnehin für ökologische Belange und für das Tierleid sensibilisiert sind.» Grösste Hürde dabei: die Kosten. Noch liegen die Kosten für ein Kilo Fleisch aus dem Mirai-Labor in der Grössenordnung derer eines Kleinwagens. «Wir haben Fortschritte gemacht seit vergangenem Sommer, aber das Fleisch ist noch immer viel zu teuer für einen Markteintritt», sagt der studierte Industrieingenieur.Zum Thema: Schweizer Startup züchtet Burger-Fleisch im Bioreaktor Beyond Meat und Co: Die neue Lust auf «Vleisch» Eine weitere Herausforderung sei die Herstellung verschiedener Fleischarten, also neben Kunstrind zum Beispiel auch Kunstpoulet oder Kunstfisch. «Das ist gar nicht so einfach», sagt der Startup-Unternehmer. Für jede neue Tiergattung müsse der Prozess angepasst werden. Fleisch aus dem Bioreaktor – also Fleisch, das in Nährlösungen heranwächst und für das deshalb keine Tiere sterben müssen – zählt zu den grössten Trends in der Nahrungsmittelindustrie. Zahlreiche Startups, vor allem in den USA, arbeiten daran, ausserhalb ist das niederländische Startup Mosa Meat (mit Partner Bell, beziehungsweise Coop) und das isrealische Aleph (mit Partner Migros) am weitesten. Beobachter attestieren dem kultivierten Fleisch auf mittlere Sicht ein grösseres Potential wie den pflanzenbasierten Fleischersatz-Produkten, mit denen Konzerne wie Nestlé, aber auch Hilcona (Coop) bei einem jüngeren, gesundheits- und umweltbewussten Publikum zu punkten versuchen.