Jahrelang hat niemand eine Chance gehabt, die Vormachtstellung von Google als Suchmaschine anzufechten. Doch die schnelle Eingliederung von Chat GPT lässt Investoren befürchten, dass die Google Mutter Alphabet ins Wanken gerät.

Während die Alphabet-Aktie in diesem Jahr inmitten eines Aufschwungs bei den Technologieaktien um 19 Prozent gestiegen sind, gab es mehrere steile Kurseinbrüche aufgrund von Bedenken, dass Google in Gefahr läuft, Klicks an Microsoft zu verlieren. Das Unternehmen integrierte vor Kurzem Chat GPT in ihre Suchmaschine Bing.

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Am Montag fielen die Aktien um bis zu 4 Prozent, nachdem berichtet wurde, dass Samsung erwägt, Google durch Bing als Standardsuchmaschine auf seinen Geräten zu ersetzen. Dies folgte auf einen Rückgang von 12 Prozent innerhalb von zwei Tagen im Februar, nachdem eine Demonstration von Googles eigenem Chatbot-Dienst Bard Fragen zu dessen Genauigkeit aufgeworfen hatte.

Am Donnerstag fasste Alphabet seine Forschungsgruppen für künstliche Intelligenz in einer Einheit zusammen, ein Schritt, von dem Chief Executive Officer Sundar Pichai sagte, dass er den Fortschritt des Unternehmens im Bereich KI beschleunigen würde.

Da Google laut Statista-Daten fast 85 Prozent des weltweiten Marktanteils bei der Internetsuche hält, hat es im Vergleich zu Bing, dessen Anteil bei 8,9 Prozent liegt, viel zu verlieren. Hinzu kommt, dass Alphabet einen weitaus grösseren Anteil der Einnahmen aus der Online-Suche und der Werbung erhält als Microsoft.

Fondsmanager ziehen sich bei Google zurück

«Selbst wenn Google in der neuen Welt 60 Prozent bekommt, Chat GPT 30 Prozent und alle anderen 10 Prozent, geht man von 90 Prozent auf 60 Prozent», so Michael Lippert, Portfoliomanager des Baron Opportunity Fund.

Das Risiko für das Suchgeschäft von Google, das im vergangenen Jahr einen Umsatz von mehr als 160 Milliarden Dollar erzielte, veranlasste Lippert, sein Engagement bei Alphabet zu reduzieren. «Es ist sehr schwer, genau zu wissen, wie die Monetarisierung aussehen wird», sagte er. Die Aussicht auf einen teuren Kampf um Marktanteile - insbesondere vor dem Hintergrund einer unsicheren gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, mit der der Werbemarkt in hohem Masse korreliert ist - könnte die Stimmung belasten.

«Das beste Szenario für Alphabet ist, dass es seinen Marktanteil beibehält, und da es bereits von einer sehr starken Position aus startet, hat es viel zu verlieren», sagte Jim Awad, Senior Managing Director bei Clearstead Advisors. Die Suche ist für Alphabet ein riesiges Geschäft. Im vergangenen Jahr stammten 57 Prozent der Einnahmen des Unternehmens aus dem Bereich «Google Search & Other», wie Daten von Bloomberg zeigen. Bei Microsoft stammten 5,8 Prozent der Einnahmen im Jahr 2022 aus der Suchwerbung. 

KI werde die Einnahmen noch nicht in die Höhe treiben

Analysten sind jedoch der Meinung, dass es noch eine Weile dauern könnte, bis die KI-Technologie zu einem bedeutenden Umsatzträger im Bereich der Suche wird, und die meisten sehen Alphabet trotz anfänglicher Fehltritte langfristig gut aufgestellt.

«Die Wahrnehmung der KI hat die tatsächlichen kurzfristigen finanziellen Auswirkungen in den Hintergrund gedrängt», so Stephen Lee, Gründungsdirektor von Logan Capital Management. «KI treibt die Einnahmen noch nicht in die Höhe, und es ist zu früh, um zu sagen, wie die Dinge längerfristig aussehen werden.»

Ein Faktor, der für die Aktie spricht, ist ihre Bewertung. Alphabet wird mit weniger als dem 18-fachen der geschätzten Gewinne gehandelt und ist damit der günstigste der vier grössten Technologie- und Internetaktien, zu denen neben Microsoft auch Apple und Amazon gehören. Alphabet wird unter seinem 10-Jahres-Durchschnittswert gehandelt und ist der einzige der vier Werte, der mit einem Abschlag zum Nasdaq 100 gehandelt wird.

Für Lee macht dies einen Teil des Reizes der Aktie aus. «Alphabet ist im historischen Vergleich nicht teuer, und als Anleger investieren wir gerne in Unternehmen mit guten Bilanzen und der Fähigkeit, Gegenwind zu überstehen», kommentiert er. «Alphabet passt in diese Kategorie.»

Tech-Index bewegt sich «super eng»

Der Nasdaq 100 Index hat sich in diesem Monat bisher in einer Spanne von nur 2,8 Prozent bewegt, die laut Daniel O'Regan, Managing Director of Equity Trading bei Mizuho Securities, «super eng» ist. Es wäre erst der sechste Monat seit 1985, in dem die Spanne innerhalb eines Monats weniger als 3 Prozent beträgt, schrieb O'Regan am Donnerstag. Ein weiteres Zeichen für die relative Ruhe am Markt ist der CBOE NDX Volatility Index, der seit seinem Höchststand im März um etwa 26 Prozent gesunken ist und Anfang der Woche den niedrigsten Schlussstand seit Januar 2022 erreichte.

(bloomberg/rul)