Seit ein paar Tagen «threade» ich fleissig. Das neue soziale Medium «Threads» von Meta – die Mutter von Facebook und Instagram – ist seit dem 14. Dezember in Europa verfügbar. Die Plattform funktioniert ähnlich wie Twitter (die Autorin weigert sich, es X zu nennen) – und gilt auch als direkte Konkurrenz. Nicht nur das Erscheinungsbild erinnert an den Kurznachrichtendienst, auch die Beitragsart verläuft ähnlich. Ein Thread ist ein Post, der von mehreren Antworten lebt. Diese kann man gleich selbst geben, oder man wartet, bis andere antworten. Was in der Regel schnell passiert.

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Nach ersten Alternativen wie Mastodon oder Bluesky könnte Threads zum endgültigen Twitter-Killer werden. Denn: Seit Elon Musk übernommen hat, kriselt es beim Kurznachrichtendienst. Bluesky ist derzeit nur über Einladung zugänglich, und Mastodon wird von vielen als «komplex» bezeichnet. Beste Marktvoraussetzungen für Threads: Der Facebook-Konzern baut geschickt auf seinen Strukturen auf. Installiert man die App, kann man alle Voreinstellungen von seinen Meta-Accounts mitnehmen – inklusive Interessen, Follower und Algorithmus. Das gibt der App einen entscheidenden Vorsprung; sie schöpft aus einem etablierten Netzwerk. Allein Instagram zählt dieses Jahr rund zwei Milliarden Nutzerinnen und Nutzer weltweit. 

Hinzu kommt, dass Threads eine andere Hierarchie als Twitter hat: Es gibt das Zepter wieder den «Normalos» in die Hand. Grosse Instagram-Influencerinnen begrüssen jubelnd ihre Community auf Threads und erhalten teilweise dennoch weniger Reichweite als das Mädchen von nebenan. Für clevere und humorvolle Threads regnet es Likes und Antworten, unabhängig von der Anzahl Abonnentinnen und Abonnenten. Das kommt gut an. Die Atmosphäre ist einladend, es macht wieder Spass, aktiv auf Social Media zu sein. Ein Besuch auf Threads erinnert aktuell an die guten alten Zeiten von Twitter und Instagram – bevor Influencer, Entwicklerinnen und Milliardäre die Plattformen mit «professioneller» Kommunikation ruinierten.

Nach nur wenigen Tagen haben laut Evaluation des Datenunternehmens Data.ai über drei Millionen Europäerinnen und Europäer die App heruntergeladen. Der grösste Anteil davon – rund eine Million – kommt aus Italien, gefolgt von Deutschland und Frankreich. Auch in den USA startete die App stark: Im Oktober waren laut Meta-CEO Mark Zuckerberg knapp 100 Millionen Nutzende mindestens einmal im Monat aktiv auf Threads. Die Euphorie zu Beginn war riesig – seither verlor die App jedoch frappant an Aktivität. 

Beobachten wir auch in Europa nur eine erste Begeisterungswelle, die vielleicht schon bald wieder abebbt? Das kann man Stand jetzt noch nicht sagen. Klar ist aber: Für den Moment ist Threads gut aufgestellt, Twitter den Rang abzulaufen. Entsprechend «threade» ich munter weiter und lasse Twitter in Frieden ruhen.