Airline Swiss wird 20: Niemandem ist zum Feiern zumute

Nun ist es zwanzig Jahre her, dass die Swiss International Air Lines (Swiss) ihren Betrieb aufgenommen hat. Am 31. März 2002 hob die erste Swiss-Maschine in Basel ab. Ein Jumbolino mit 57 Passagieren. Flugnummer: LX 2991, Abflug um 6.42 Uhr. Destination: Zürich. Mit an Bord: Der damalige Chef André Dosé. 20 Jahre später kämpft die Swiss wegen Corona mit den Nachwehen ihrer grössten Krise. Eine Analyse in vier Kapiteln, was in den letzten beiden Jahrzehnten gut und was weniger gut lief – sowie die Frage, wie es nun weitergeht. 1. Der Anfang Swissair war Geschichte und das Land erschüttert über den Zusammenbruch der Nationalairline. Aus Swissair und Crossair sollte dann die Swiss entstehen, angeschoben mit viel Geld vom Staat. Der Designer Tyler Brûlé schuf das neue Swiss-Logo, ebenfalls üppig bezahlt für seine Arbeit. Der erste Swiss-Flug ging dann am 31. März 2002 in die Luft: Nur 15 Minuten dauerte die Reise von Basel nach Zürich.Erster Flug nach Zürich 31. März 2002: So berichtete die «Tagesschau» über den Erstflug der Swiss. Vieles damals war noch nicht so richtig neu: Die Kopfbezüge an den Lehnen der Flugzeugsitze trugen ebenso wie die Abfalltüten noch das Crossair-Logo. Von Swiss seien allerdings das Bordmagazin und die Erfrischungstücher, berichtete die Nachrichtenagentur SDA damals. Swiss-Geschäftsführer André Dosé sprach von einem «historischen Moment». Für die Swiss waren es zu Beginn jedoch keine entspannten Zeiten. Beinahe wäre die Airline abermals in den Ruin geflogen. Harte Sanierungen standen an, Personal musste gehen, es gab weniger Flieger, die unterwegs waren. Der Start war ziemlich holperig. Nachdem der Lufthansa-Konzern die Swiss im Jahr 2005 übernommen hatte, ging es bergauf. Die Grössenvorteile zahlten sich aus. Allerdings: Dass die Lufthansa die Schweizer Airline für lediglich 330 Millionen Franken übernehmen konnte, stiess hierzulande auf grosse Kritik. 2. Der Boom Die Swiss entwickelte sich stetig zu einem prosperierenden Anbieter. Zumal die Schweiz über eine kaufkräftige und reisefreudige Kundschaft verfügt. Ebenso ist die Zahl der internationalen Unternehmen gross, die weltweit geschäften und dementsprechend gerne viel fliegen. Doch es gab auch Rückschläge für die Swiss. Ein Beispiel: Seit dem Jahr 2015 ist die Swiss nicht mehr in Basel vertreten, dort musste sie sich von Billigfliegern wie Easyjet geschlagen geben. Seither ist die Swiss nur in Zürich und Genf. Dennoch: Die Swiss mauserte sich zur Ertragsperle im Lufthansa-Konzern. Für 2018 verkündete die Swiss das beste Geschäftsjahr der Firmengeschichte: 636 Millionen Franken Gewinn. Die grössten Sorgen der Swiss-Manager in der erfolgreichen Zeit? Verspätungschaos und die Annullierungen wie etwa im Sommer 2018. Oder die für die Swiss eher nervige Debatte zu Fluglärm und Klimaschutz. Sonst lief es blendend. Die Swiss wuchs stetig: mehr Routen konnte sie anfliegen, mehr Flieger in die Luft schicken, mehr Personal anstellen, mit dem sie immer mehr Kundinnen und Kunden transportierte. Auch beim Fluggerät gab es neues: Als die Avro-RJ100-Flotte ihren Dienst beendete, wurde die Swiss mit der C-Series von Bombardier ab dem Jahr 2016 weltweit Erstbetreiberin des neuen Kurzstreckenfliegers. Mittlerweile heissen die Typen Airbus A220. Zudem kaufte die Swiss für die Langstrecke Boeing-Flieger vom Typ 777-300ER, die im Vergleich zur bisherigen Swiss-Flotte von Airbus mehr Kapazität bieten. 3. Die Krise Dann, nach Jahren des Wachstums, im Frühjahr 2020 der Corona-Schock. Fast alle Flugzeuge am Boden und eingemottet, weil die Pandemie die Aviatik global in die Knie zwang. Statt viele Passagiere flog die Swiss auf den wenigen Flügen, die noch unterwegs waren, Masken und Medikamente. Der Verlust im Jahr 2020: 654 Millionen Franken. Erst Kurzarbeit, dann Entlassungen im grossen Stil sowie vom Staat abgesicherte Bankenkredite, um die Swiss zu retten. Beim Mutterkonzern Lufthansa stieg sogar der Staat ein. Mehr Krise geht kaum. Und ewig dauerte es, bis Kundinnen und Kunden endlich ihr Geld für bereits gebuchte Flüge zurückerhielten. Mitten in der Krise tritt CEO Thomas Klühr ab und übergibt Anfang 2021 an Dieter Vranckx. Immer wieder heisst es, der Ramp-up, das Wiederhochfahren des Geschäfts, stehe bevor. Doch neue Virusvarianten und zum Teil harte Reisebeschränkungen belasten das Geschäft erheblich. Dann, gerade waren Corona-Beschränkungen gefallen, überfällt Russland die Ukraine. Krieg mitten in Europa. Es geht auch um die Verteilung und Verfügbarkeit von Rohstoffen. Der Ölpreis schiesst in die Höhe, die Swiss prophezeit ihrer Kundschaft höhere Ticketpreise. Kein Wunder, dass die Dekarbonisierung ein Mega-Thema bleibt: Die Swiss kündigt an, mit durch Solarenergie hergestelltem Kerosin fliegen zu wollen. 4. Der Ausblick Nun, im Frühjahr 2022, ist die Swiss langsam auf Erholungskurs. Dennoch: Auch 2021 betrug der Verlust noch 428 Millionen Franken. Nachdem die meisten Corona-Beschränkungen gefallen sind, hofft das Swiss-Personal auf ein profitables Sommergeschäft. Was sonst ansteht: weiterhin viel Umbau. Wie gross soll und muss die Swiss in Zukunft sein? Wie sehen die Bedürfnisse der Kundschaft aus? Braucht es in Zukunft überhaupt noch so viele Business-Reisen und ein entsprechend grosses Angebot an Business-Class-Sitzen, wenn sich die Welt auf Homeoffice und Video-Calls eingerichtet hat? Ausserdem: Eine Einigung mit der Piloten-Crew in Sachen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) steht immer noch aus. Zoff gibt es wegen der Impfpflicht fürs Personal. Überhaupt ist die Laune des Personals in der Kabine eher mau. Schlechte Zukunftsaussichten sowie die aus Sicht des Personals schlechteren Arbeitsbedingungen lassen die Stimmung sinken. Swiss-Chef Dieter Vranckx fährt derweil seinen Sanierungskurs, entschuldigt sich bei der Kundschaft für den schlechten Service in den vergangenen Monaten und gelobt Besserung. Er hat kaum einen Grund zum Auftrumpfen, wie es zumindest seine beiden Vorgänger, Harry Hohmeister und Thomas Klühr, auf dem Swiss-CEO-Posten in ihren Amtszeiten noch konnten. Wenig überraschend, dass es in solchen Mager-Zeiten keine rauschende 20-Jahre-Party bei der Swiss mit allen Mitarbeitenden gibt. Daran hat sich das Personal ohnehin gewöhnt. Auch die legendären Sommerpartys der Swiss fanden seit Corona bisher nicht mehr statt.

Airline Swiss wird 20: Niemandem ist zum Feiern zumute

Krise, Boom, Krise: Die Swiss ist nun seit 20 Jahren in der Luft