Airlines: Schrumpft die Business Class wegen Corona?

Es herrscht Corona-Pessimismus bei den Airlines und immer mehr deutet sich an, dass es weitere Veränderungen an Bord gibt, zum Beispiel was die Business Class angeht. So hat Lufthansa-Chef Carsten Spohr kürzlich bei einer Video-Diskussion für die London School of Economics gesagt, dass in entwickelten Märkten wie Westeuropa und Nordamerika das Geschäft mit der Business- und First Class wohl nie wieder so gut laufen werde wie vor der Krise. Die Folge: Die Kabinen würden rekonfiguriert werden, so Spohr. Die Business Class werde kleiner, andere Klassen wie Premium Economy würden mehr Platz an Bord bekommen. Hintergrund ist, dass niemand in der Branche damit rechnet, dass sich der Geschäftsreiseverkehr schnell erholt. Eher kommt noch der klassische Ferienflugverkehr zurück, wenn die Corona-Reiserestriktionen fallen. Vor allem Swiss baut auf Premium-Kunden Die pessimistischen Aussagen Spohrs sind bedeutsam, weil die Business Class ein sehr wichtiges und lukratives Geschäft für Airlines ist, besonders für Anbieter wie Lufthansa und ihre Tochterfirma Swiss. Vor allem Swiss baut auf eine zahlungskräftige Kundschaft, die Premium-Produkte schätzt. Und dazu zählt die Business Class mit Sitzen, die grösser sind und sich zum flachen Bett ausziehen lassen, ganz besonders. Die First Class umso mehr. Swiss hat nach einer Berechnung der auf Aviatikdaten spezialisierten Firma ch-aviation weltweit das grösste prozentuale Angebot an Premium-Sitzen (gemeint sind Business- und First-Class-Sitze) in Widebody-Flugzeugen. Gemessen am gesamten Angebot an Sitzplätzen in den Widebody-Flugzeugen der jeweiligen Airline. Für diese Berechnung wurden weltweit alle Airlines berücksichtigt, die mindestens zehn Widebody-Flugzeuge haben. Kommt also bald der Umbau in den Luxusklassen an Bord? Bei der Lufthansa scheint einiges darauf hinzudeuten. Es wären weniger Business-Sitze verfügbar. Bei der Swiss gibt man sich noch diplomatisch: Selbstverständlich beschäftige sich die Swiss «mit dem Volumen und der Struktur der künftigen Nachfrage», heisst es, «es gibt aktuell jedoch keine konkreten Umsetzungspläne für eine Veränderung». Und: «Als Premium-Carrier spielen die Business und First Class für Swiss nach wie vor eine wichtige Rolle.» Economy wird auf Kurzstrecke eine grössere Rolle spielen Thomas Klühr sagte im Dezember 2020 in seinem letzten Interview als Swiss-Chef zur «Handelszeitung»: «Ich bin zuversichtlich, dass auf der Langstrecke Business und First Class weiter gefragt sein werden. Auf der Kurzstrecke wird die Economy Class eine grössere Rolle spielen, das war schon vor der Krise so.» Am 4. März wird der neue Swiss-Chef Dieter Vranckx erstmals vor die Öffentlichkeit treten und die Geschäftszahlen präsentieren. Dann dürfte er, neben Fragen zum Zoff mit seinen Piloten, auch zum weiteren Ausblick Auskunft geben und erklären, wie er sich die Zukunft der sonst so lukrativen Business Class vorstellt. Das Problem: Die Lage ist ambivalent. Auch nach der Krise werden Menschen natürlich geschäftlich reisen. Wer will schon Deals abschliessen ohne dem Geschäftspartner die Hand zu schütteln? Ein Neugeschäft aufzugleisen geht per Video-Call alles andere als gut. Zudem könnte es, wenn die Reiserestriktionen fallen, einen kräftigen Nachholeffekt geben, nicht nur touristisch, sondern auch was Geschäftsreisen angeht. Manche Airlines machen Schluss mit First Class Was aber auch stimmt: In der Pandemie sind viele Menschen sehr gut zurechtgekommen mit der Remote-Arbeit. Und viele KMU und Konzerne, die früher gerne und oft die teure Business Class buchten, dürfen noch längere Zeit ihre Mitarbeitenden dazu anhalten, auf Geschäftsreisen zu verzichten: sowohl aus Kosten- als auch aus Gesundheitsgründen. Sicher ist: Kleinere Flieger sind gefragt in Zeiten der Schrumpfkur. Das Problem für Airlines bleibt: Niemand kann einschätzen, wie hoch der Bedarf in den jeweiligen Buchungsklassen in den kommenden Monaten genau sein wird. Die Menschen buchen derzeit extrem kurzfristig. Thomas Jaeger von ch-aviation sagt: «Weltweit sind Airlines sicherlich jetzt nicht damit beschäftigt, ihre Business Class schon umzubauen, dafür fehlt einfach das Geld.» Was sich aber schon vor der Krise abgezeichnet habe sei der Trend zur Premium Economy Klasse. «Hinzu kommt, dass Airlines wie zum Beispiel Asiana Schluss mit der First Class machen.» Premium Economy liegt im Trend Die Premium Economy erlebt viel Zuspruch. Auch die Swiss will damit bald loslegen. Ursprünglich war der Beginn für Frühling 2021 geplant. Das dürfte sich verzögern. Nach Einschätzung von Jaeger werde die Business weiterhin einen grossen Stellenwert für Airlines haben, besonders auf der Langstrecke. «Es funktioniert sonst betriebswirtschaftlich nicht, auf den langen Routen nur die Economy anzubieten, es muss immer auch einen grossen Teil von Premium-Tickets an Bord geben.» Auch Lufthansa-Chef Spohr sagte, dass in Asien das Business-Class-Geschäft wohl besser laufen werde als in Westeuropa und Nordamerika. Derweil hat die Business, trotz der zum Teil massiv höheren Preisunterschiede zur Economy, auch Pandemie-Vorteile: «Wer bei Cathay Pacific derzeit in Business oder First unterwegs ist, muss keine Maske tragen», sagt Jaeger.