Tausende von Arbeitsstunden wird der Zürcher Anwalt Hans-Jacob Heitz aufgewendet haben, sollte er sein Swissair-Dossier dereinst ad acta legen können. Wie viel Bares wird er bis dahin für die um Millionen von Franken geprellten Kleinaktionäre herausgeholt haben? Und welchen Profit wird Aktionärs-«Winkelried» Heitz, der sich von ABB bis Zurich beinahe jeden Abzocker-Spiess zur Brust genommen hat, in seiner eigenen Bilanz ausweisen können?

Franz Gyger, der mit seiner «Special Situation Holding» auf ähnlichen Schlachtfeldern aktiv ist, dürfte es aus dutzendjähriger Erfahrung am besten wissen: «Bei Angriffen aufs Establishment ist der rechtliche Weg immer der Tod.» Deshalb lässt sich Gyger den Erfolg jeweils im Voraus honorieren.

Nach unblutigen Durchbrüchen in den Neunzigerjahren hält sich dieser nun aber auch bei ihm in Grenzen: Im Scharmützel um die ins Bodenlose geunkenen Think-Tools-Aktien verhalf Gyger seinen Schützlingen zwar zu einem billigen Ausstieg. Als es aber darum ging, gegenüber der Vontobel-Bank Kapitalverluste geltend zu machen, wollte Gyger keiner mehr in die Schlacht folgen. «Dabei hätten wir mit einem Vergleich locker 10 Mio Fr. herausgeholt», kommentiert er die «herbe Enttäuschung».

*Kein Sukkurs für eine Tornos-Lektion*

Ähnlich erging es dem dritten im eher zerstrittenen Bund: Johann Christoph Rudin, Geschäftsführer der Schutzgemeinschaft Schweizer Investoren (SIS), rief letzten Sommer Kleinaktionäre ins Bahnhofbuffet von Moutier, um dem Tornos-Verwaltungsrat eine Lektion zu erteilen.

Den damals ausbleibenden Sukkurs geschröpfter Kleinanleger sieht Rudin heute als «ernüchternde Pleite, die mir gezeigt hat, dass sich Aktionäre nicht exponieren, solange die entsprechende Firma nicht Konkurs ist». Und auch Heitz gibt zu: «Bis sich unsere Arbeit in klingende Münze umsetzen lässt, wird noch viel Zeit vergehen.»

*Präventive Wirkung durchaus vorhanden*

Doch immerhin ist es nicht so, wie in der Öffentlichkeit allgemein verbreitet wird, dass die Aktionärsschützer ausschliesslich erfolglos gegen Bilanzbeschöniger & Co. ankämpfen: Gyger und Rudin räumten da und dort ansehnliche Konkursdividenden und Kapitalrückzahlungen ab (siehe Kasten). «Und es ist ihnen zu verdanken, dass sich das Problembewusstsein in den Publikumsgesellschaften und den Medien in den letzten zwei Jahren enorm verstärkt und eine präventive Wirkung entfaltet hat», attestiert Peter V. Kunz, Wirtschaftsanwalt und Privatdozent an der Uni Bern.

Den aus seiner Sicht bescheidenen Erfolg führt Kunz aber auch auf unprofessionelles Auftreten zurück: Gegenüber fürstlich bezahlten Wirtschaftsanwälten der Gegenseite wirkten sie wie Wald- und Wiesenadvokaten, welche Kleinaktionäre mit ihren Adhoc-Aktionen zunehmend abschrecken würden. Ausserdem verfügten sie meist über zu wenig finanzielle Mittel und eine zu schwache Legitimation der Anleger, um den ohnehin niedrig angelegten Schweizer Aktionärsschutz zu verteidigen.

*Gewerkschaft für Aktionäre?*

Kunz’ Rezept: Eine breiter abgestützte Tätigkeit – und mehr präventiv statt ad hoc arbeiten. «Orientieren können sie sich dabei zum Beispiel am Konsumentenforum oder an traditionellen Gewerkschaften», rät der ehemalige FDP-Politiker. Noch will keiner der drei Aktionärsvertreter eine Gewerkschaft gründen, in seiner Verhaltensweise scheint aber jeder dazugelernt zu haben: «Was ich mache ist Detektivarbeit», erläutert Gyger.

Drei Monate habe er gebraucht, um die Anschuldigungen beweisen zu können, welche Think Tools ohne Gang zum Richter zum Einlenken zwangen. Gyger betont «nur kommerziell» zu arbeiten und für Wirtschaftsanwälte in seiner zwölfjährigen Detektivkarriere bis dato lediglich 3700 Fr. weitergereicht zu haben.

Im Gegensatz dazu räumen die beiden andern Aktionärsschützer ein, dass sie «zu halbem Stundenansatz operieren» (Rudin) oder «Schutzgemeinschaften keine Geldmaschinen, allenfalls Mandatsbringer sind» (Heitz). Ersterer siehts idealistisch: Rudin delegiert die aufgegleisten Dossiers an professionelle Wirtschaftsanwälte. Er selber lerne als Koordinator und Anwalt dazu. Nach der Tornos-Pleite will er sich auch vermehrtan die drei SIS-Grundsätze halten: Aktionärsbedürfnis, rechtliche Vergehen und ein «Goldpot» müssen im Voraus ersichtlich sein. Heitz kommt Kunz’ Empfehlungen zumindest auf dem Papier am nächsten: Die SVSA reagiert erst, wenn mindestens 50 Aktionäre mit einem Nominalkapital von 500000 Fr. involviert sind.

Weil Heitz nicht nur reaktiv, «sondern auch proaktiv» reagieren will, hat er kürzlich eine Projektgruppe zur Professionalisierung seiner Schutzvereinigung für Schweizer Anleger (SVSA) gebildet. Ebenso sind SVSA-Mitglieder mit der Analyse des 4000-seitigen SAir-Berichts und der Vernetzung eines europäischen Dachverbandes beschäftigt. Heitz prozessiert auch lieber im Ausland (CS, Swissair, Zurich), «weil die Bezirksanwaltschaften hier zu wenig bissig sind».

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