Die Albrecht-Brüder schrieben mit Aldi Wirtschaftsgeschichte. Aus der Discount-Idee entstanden weltweit agierende Unternehmen. Im deutschen Heimatmarkt vollziehen sie mit Markenartikeln einen Strategiewechsel. Die Aldi-Ursprünge gehen bis ins Jahr 1913 zurück. Seit 2005 ist Aldi auch in der Schweiz.

An der Huestrasse 89 im deutschen Essen ist Aldi noch richtig Aldi. Keine hochmoderne Ladeneinrichtung, kein Schnickschnack. Nur die neuen Einkaufskörbe fallen auf. Die Filiale ist allerdings kein Aldi-Laden wie jeder andere.

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Vor 100 Jahren legte die Familie Albrecht im Nachbarhaus den Grundstein für den heutigen Handelsriesen Aldi. Der Bäcker Karl Albrecht (geb. 1886, gest. 1943) startete am 10. April 1913 einen «Handel mit Backwaren».

Messlatte für die Konkurrenz

Generationen später sind die eigenständigen Schwesterunternehmen Aldi Nord und Aldi Süd in 17 Ländern in Europa, Nordamerika und Australien aktiv. Im deutschen Heimatmarkt gelten die Aldi-Preise als Messlatte für die Konkurrenz.

Die Männer hinter der Aldi-Erfolgsgeschichte sind die Söhne des Firmengründers, Karl Junior (geb. 1920) und Theo Albrecht (geb. 1922, gest. 2010). Nach dem Tod des Vaters übernahmen sie Verantwortung im elterlichen Geschäft und entwickelten das Discount-Konzept.

Wirtschaftsgeschichte

«Die Familie Albrecht hat Wirtschaftsgeschichte geschrieben mit der Erfindung eines Formates, das man bis dahin auf der ganzen Welt nicht kannte», sagt der Geschäftsführer des Kölner Handelsinstitutes EHI, Michael Gerling.

«In einer Zeit, als im Lebensmittelhandel vorverpackte Ware und Selbstbedienung Einzug hielten, kam die Familie Albrecht auf die Idee: Wir konzentrieren uns auf Artikel, die man täglich braucht ohne eine grosse Auswahl zu bieten», schildert er.

Tiefe Kosten

Mit dem schmalen Sortiment und einfachen Betriebsabläufen konnte Aldi die Kosten niedriger halten, als bei anderen Unternehmen der Fall war. «Wer die niedrigsten Kosten hat, kann die besten Preise bieten», verdeutlicht Gerling.

Aldi verkauft Ware auf Paletten, die Regale werden gleich kartonweise mit Ware bestückt. Schnell müsse bis heute alles gehen, sagt Gerling: «Den Strichcode, den Aldi erst spät mit der Umstellung von D-Mark auf Euro in seinen Kassensystemen einführte, wird x-fach auf die Packung gedruckt, damit die Kassierin die Ware nicht drehen muss», schildert Gerling.

Der vier Meter lange Kassentisch, auf den die Kunden den Inhalt mehrerer Einkaufswagen legen könnten, ehe es losgehe, sei eine «bahnbrechende Erfindung».

Aldi ist nicht gleich Aldi

Aldi ist aber nicht gleich Aldi: Bereits 1960 teilten sich die Brüder das Geschäft und die Welt gleich mit auf. Es entstanden die rechtlich eigenständigen Unternehmen Aldi Nord mit Theo an der Spitze und Aldi Süd geführt von Karl Junior. Über den genauen Anlass für die Trennung wird bis heute gerätselt.

Aldi Nord und Aldi Süd unterscheiden sich nicht nur im Logo. Auch im Sortiment der Lebensmittel-Händler und bei der Aktionsware gibt es Unterschiede. Anderseits lernen die Schwesterunternehmen bis heute von einander. Der erste «Aldi»-Markt - die Abkürzung steht für «Albrecht-Discount» - wurde 1962 eröffnet, also vor rund 50 Jahren.

Die strikte Massgabe, dass für einen völlig neuen Artikel ein Produkt komplett aus den Regalen verschwinden muss, gilt schon lange nicht mehr. Aldi Nord und Aldi Süd nehmen zunehmend Markenartikel in ihre Läden, jüngstes Paradebeispiel ist die Weltmarke Coca-Cola. Das ungefähr 1000 Artikel umfassende Sortiment von Aldi wurde in den vergangenen Jahrzehnten um Tiefkühlware und Frischfleisch erweitert.

Modernisierung seit zwei Jahren

Mit einem grösseren Angebot an Backwaren knüpft Aldi seit einigen Jahren an seinen Ursprung an. Aldi Süd begann 2009 mit dem Einbau von Backstationen. Aldi Nord startete 2011 die Modernisierung der Filialen in Europa.

Die neuesten Läden sollen mit breiteren Gängen und einer bessere Beleuchtung das Einkaufen leichter machen. Auch Backstationen werden aufgestellt. Allerdings erzielt der führende Discounter somit inzwischen auch Umsätze, die so manchem Fleischer oder Bäcker vor Ort fehlen.

Zur Grösse des Handelsimperiums halten sich Aldi Nord und Aldi Süd bedeckt. Nach Schätzung des Handelsinformationsdienstes Planet Retail kamen Aldi Nord und Aldi Süd 2012 mit insgesamt auf rund 62 Mrd. Euro Umsatz (brutto).

Die Eigentümer der Discountketten gelten Schätzungen zufolge als die reichsten Deutschen. Mit einem geschätzten Vermögen von 17,2 Milliarden Euro stand die Familie Karl Albrecht in der jüngsten Liste der 500 reichsten Deutschen des «Manager Magazins» erneut ganz oben.

(vst/sda)