An den Märkten sind die Strompreise stark gefallen, doch für Kleinkunden steigen die Kosten. Das macht durchaus Sinn. Ein Kommentar.

Wer derzeit an die Strombörse blickt, staunt. Zum Jahreswechsel war Strom praktisch gratis zu haben. Innerhalb eines Monats war der Spot-Preis von rund 40 Rappen pro Kilowattstunde auf weniger als 10 Rappen gefallen. Die Preise kratzten mehrere Tage lang sogar an der Nulllinie. Das gleiche Bild beim Erdgas: Kostete die Kilowattstunde Flüssiggas im Sommer noch mehr als 30 Rappen, so war sie zuletzt für 7 Rappen zu haben – Preise wie zuletzt vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs. Das sind gute Nachrichten für all jene, die selbst am Markt Energie beschaffen und noch vor wenigen Monaten um ihre Existenz bangten. Was ist der Grund für die Entspannung? Vermutlich ein Mix: Wenig Nachfrage über die ruhigen Feiertage, weniger stark laufende Heizungen wegen des warmen Wetters, ein Hochfahren der lange ausgebremsten französischen AKW-Flotte. Ein Teil dieser Effekte ist kurzfristig, ein Teil dürfte anhalten. Grund zur Freude? Nicht, wenn Sie ein Kleinkunde oder eine Kleinkundin sind. Denn für Private und kleine KMU steigen die Energiepreise zunächst mal an. Aufs neue Jahr traten die neuen Stromtarife in Kraft, mit durchschnittlichen Aufschlägen von 20 bis 30 Prozent. Auch die Gaspreise sind vielerorts immer noch am Steigen. Das hat durchaus seine Ordnung, denn es zeigt, dass die Schweizer Regulierung gar nicht so schlecht funktioniert. Warum? Wenn die Stromversorger erst jetzt die Preise anheben, so tun sie das, weil sie ihre Kleinkunden bisher mit starken Ausschlägen verschont haben. Die Erhöhungen nahmen sie – wenn sie kurzfristig Strom am Markt kauften – auf ihre eigenen Bücher. Die meisten Versorger dürften deswegen 2022 einen Verlust in der Grundversorgung eingefahren haben. Und sie werden es wohl auch 2023 noch tun, da auch im letzten Sommer noch unklar war, zu welchen Kosten der Strom heuer gehandelt werden würde. Damals wurden die Tarife für 2023 gerechnet. Und so werden die Strompreise für uns Private eher noch steigen, auch wenn sie am Markt bereits wieder fallen. Wir bezahlen ab, was die Versorger vorgeschossen haben. Und die Gewinne der Stromproduzenten? Müsste man diese nicht abschöpfen? Schliesslich sahnen sie ab, während die Wirtschaft unter den hohen Preisen ächzt. In der Tat verkünden die Stromproduzenten schöne Zahlen: Gerade sagte die BKW einen Milliarden-Ebit für 2022 voraus. Und die Axpo berichtete bereits im Dezember von einem Aufschwung. Und das ist gut so. Einerseits gingen diese Firmen durch lange Jahre mit Milliardenverlusten, als der Strom weniger wert war als seine Produktion kostete. Da ist es nur fair, wenn auch das Gegenteil gilt. Die heutigen Gewinne sind teilweise nichts anderes als die Korrektur der damaligen Abschreiber. Andererseits ist es gut, wenn – am freien Markt – mit Energie Geld verdient werden kann, denn nur das sichert langfristig Investitionen in bitter benötigte neue Kraftwerke, ohne dass dafür Subventionen gesprochen werden müssen. Gleichzeitig sorgen hohe Preise dafür, dass Energie spart, wer sparen kann. Der Markt funktioniert, auch wenn derzeit gerne das Gegenteil behauptet wird.

An den Märkten sind die Strompreise stark gefallen, doch für Kleinkunden steigen die Kosten. Das macht durchaus Sinn. Ein Kommentar.

Freuen Sie sich nicht zu früh über die gefallenen Energiepreise!