Anand Mahindra: Wie der indische IT-Milliardär von der Schweiz aus eine professionelle Schach-Liga startet

Der internationale Schachverband Fide residiert an nobler Adresse in Lausanne am Genfersee. Die erste professionelle Schach-Liga ist hingegen vorerst an einem weniger glamourösen Ort zu finden: im Glattpark beim Zürcher Flughafen. Hier hat der indische IT-Gigant Tech Mahindra Anfang des Jahres seine neue Liga angesiedelt: in einer Firma namens Tech Mahindra Global Chess League AG. Tech Mahindra zählt 120’000 Angestellte und macht jährlich über 5 Milliarden Dollar Umsatz. Es ist ein Outsourcing-Gigant und Teil eines noch grösseren Gebildes, des Industriekonglomerats Mahindra, dessen Aktivitäten vom Autobau über Banking bis hin zum Tourismus reichen. Der Präsident, Milliardär Anand Mahindra, mag Schach. Und er will seine Passion nun zum Geschäft machen. Mit der neuen Liga könnte im Jahrtausende alten Sport eine neue Ära beginnen – die des Kommerzes und der neuen Technologien. Der Spielplan: Über die ganze Welt verteilte Teams, als Franchises betrieben, sollen gegeneinander antreten. Die Mannschaften werden sich aus Topspielern, Nachwuchshoffnungen und Sprengkandidaten zusammensetzen. Das Spiel um König, Turm und Dame wird mit Hightech kombiniert: Künstliche Intelligenz, 5G, virtuelle Realität und andere Technologien sollen zum Einsatz kommen. Dass das Vorhaben von der Schweizer Global Chess League AG vorangetrieben wird, geht aus einem Handelsregisterauszug hervor – und wird von einem Tech-Mahindra-Spitzenmanager bestätigt. Offiziell bekannt geben will der Konzern den Schweizer Sitz allerdings nicht – «wir sind noch im Prozess, die Details des Standorts festzulegen», schreibt die Medienstelle in Indien. Der eingetragene Zweck der Firma indes ist unmissverständlich: «Die Gesellschaft bezweckt die Durchführung, Ausrichtung, Organisation und Vermarktung von mannschaftsbasierten weltweiten Schachturnieren in der Schweiz und im Ausland.» Unterstützung vom Weltverband Die neue Liga hat den Segen des internationalen Schachverbands Fide. Der Fide-Präsident Arkadi Dworkowitsch aus Russland verspricht sich vom neuen Format «fesselnde Partien für Schach-Fans», wie er in einer gemeinsamen Mitteilung mit dem Ausrichter Tech Mahindra schreibt. Mahindra-Patron Anand Mahindra wiederum sagt, dass «die Zusammenarbeit (...) Schach zur attraktiven Karrieremöglichkeit machen und dem Sport zu globaler Ausstrahlung verhelfen wird». Der Präsident des Schweizerischen Schachbunds, André Vögtlin, hält die Pläne für vielversprechend. «Schach ist auf solche Werbepartnerschaften dringend angewiesen. Heute können nur wenige professionelle Spieler von ihrem Sport leben. Das muss sich ändern.» Schach sei nebst Fussball der Sport mit den meisten Spielerinnen und Spielern weltweit und sollte die Beachtung erhalten, die er verdient. Für die Global Chess League hat Mahindra ein prominentes Aushängeschild gewonnen: Der fünffache Weltmeister aus Indien, Viswanathan Anand, ist als Mentor und Partner mit von der Partie. «Die Global Chess League wird die Popularität des Sports zusätzlich steigern», lässt der Grossmeister verlauten.Magnus Carlsen – der Star des Schachs Die Welt des Schachs wird derzeit von einem Spieler dominiert: Magnus Carlsen. 2013 wurde der Norweger erstmals Weltmeister, als er den Inder Viswanathan Anand besiegte. Viermal hat er den Titel seither verteidigt. Auf einen fünften Titelkampf verzichtet der 32-Jährige aber, und so wird der neue Champion entweder Jan Nepomnjaschtschi oder Ding Liren heissen – nächstes Jahr treten der Chinese Liren und der Russe Nepomnjaschtschi gegeneinander an. (mbü) Indien ist eine Schach-Nation Indien ist eine Grossmacht im Schach, und das Brettspiel ist auf dem Subkontinent sehr populär. Chennai in Indien sprang letzten Sommer kurzfristig als Gastgeber für die Schacholympiade ein, weil das als ursprünglicher Austragungsort vorgesehene Moskau wegen des Ukraines-Kriegs nicht mehr infrage kam. Und so ist es also kein Zufall, dass mit Tech Mahindra ein indischer Konzern diese Liga lanciert – zumal auch ein anderer indischer Konzern den Sport als Werbemöglichkeit entdeckt hat: Stahlhersteller Tata Steel richtet das traditionsreiche alljährliche Turnier in Wijk aan Zee in den Niederlanden aus und hat dafür ein Zweitturnier in Kolkata gestartet. Ohnehin: Der Sport erlebt zurzeit gerade einen Schub, die beliebte Netflix-Serie «Das Damengambit» hat einen regelrechten Boom geschaffen. Der charismatische Schachweltmeister Magnus Carlsen geniesst den Status eines Weltstars, und seine Betrugsvorwürfe gegen den US-Spieler Hans Niemann haben die Faszination für den Sport zusätzlich angeheizt. Mit der neuen schweizerisch-indischen Profiliga dürfte die Popularität jetzt weiterwachsen.

Anand Mahindra: Wie der indische IT-Milliardär von der Schweiz aus eine professionelle Schach-Liga startet

Indischer Milliardär startet von der Schweiz aus eine Schach-Liga