Stimmt es, dass Männer den Frauen noch immer bei Karriereambitionen im Weg stehen?

Annette B. Isenschmid: Es wäre zu einfach zu sagen, es liegt nur an den männlichen Strukturen und den männlichen Vorgesetzten. Wäre das so, könnte man das Problem schneller lösen. Die Gründe sind viel komplexer: Oft liegt es an den Frauen selbst, aber auch an den Vorgesetzten und männlichen Kulturen. Es gibt zahlreiche Gründe dafür, dass die Zahl der Führungsfrauen nur sehr langsam steigt.

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Warum bewerben sich Frauen so oft für Jobs, die sie zwangsläufig in eine Sackgasse führen?

Isenschmid: Die meisten Headhunter werden die Erfahrung bestätigen, die auch ich gemacht habe: Männer sind in der Regel risikoreicher und bewerben sich eher für eine Position, die aus Frauensicht eine Nummer zu gross ist. Männer sind eher davon überzeugt, dass es genügt, wenn sie nur 50% der Forderungen erfüllen, die anderen 50% würden sie ja ohnehin on the job dazu lernen. Sie wollen ja Karriere machen und nicht auf der Stelle treten. Frauen dagegen bewerben sich oft erst dann, wenn sie zu 95% der Ansprüche ja sagen können. Das ist schade, denn ein Stellenwechsel soll ja ein Entwicklungsschritt sein. Diese Haltung führt dazu, dass Frauen schon in kürzester Zeit überqualifiziert sind und zu tief eingestuft bleiben.

Wie soll eine Frau nach oben kommen, wenn sie sich nicht durchsetzen kann?

Isenschmid: Das dürfte schwer sein, vor allem, weil viele Frauen noch immer glauben, man(n) würde ihre beruflichen Fähigkeiten schon entdecken. Das ist ein folgenschwerer Fehler. Dazu gibt es vermutlich noch einige Frauen, die glauben, ein Kampf mit harten Bandagen würde sie beim anderen Geschlecht weniger attraktiv machen. Aber im Business kommt das Spiel mit weiblichen Argumenten nicht an. Frauen sollten sich selbstbewusst auf Männer zubewegen, einen professionellen Auftritt für alle Gelegenheiten trainieren und sich auch in Lohngesprächen nicht überrumpeln lassen. Eine Seminarteilnehmerin hat mir beispielsweise von einem Personalchef erzählt, der Folgendes von sich gab: «Habe ich Sie richtig verstanden: Sie haben keine Familie, keine Kinder, keine Verpflichtungen. Da können wir ja im Lohn runter.» So geschehen im Jahr 2005.

Sie richten Ihr NMP Switzerland ausschliesslich an Senior Female Business Leaders. Also werden Männer nicht erfahren, wie Frauen lernen, was sie wirklich bewegt?

Isenschmid: Das Programm selbst könnte sich inhaltlich genauso gut an Männer richten. Dagegen zeigen Untersuchungen klar, dass Frauen besser lernen, wenn sie unter sich sind. Und zwar, weil sich Männer oft so verhalten, dass sie den ganzen Fokus auf sich ziehen. Das hat zur Folge, dass Frauen sich schnell einmal zurückziehen. Dagegen erlebe ich bei meinen Frauengruppen immer wieder, dass die Teilnehmerinnen sich begeistert darüber äussern, wie tief Themen diskutiert wurden, was in der Anwesenheit von Männern so nicht möglich wäre. Dass wir uns ausschliesslich an Frauen richten verhindert, dass Frauen abschalten oder sich ganz aus dem Programm verabschieden – letztlich wollen wir das Gegenteil: Gezielt Frauenkarrieren fördern.

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Annette B. Isenschmid

Sie gründete 1997 Isenschmid Consulting in Herrliberg/Zürich, spezialisiert auf Veränderungsmanagement. Sie hat das Diplom als Betriebswirtin der Universität Bern und einen Master in «Consulting and Coaching for Change» (Insead/HEC Paris). Neben internationalen Arbeitsaufenthalten (u.a. in den USA und West-afrika) hat sie langjährige Erfahrung in internationalen Konzernen. Mitglied bei BPW (Business & Professional Women), 2002 bis 2005 Zentralpräsidentin BPW Switzerland. Seit 2002 Jurymitglied des Prix Veuve Clicquot, der die Unternehmerin des Jahres auszeichnet.

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New Management Program

Karriere

Wenn sich Frauen unterschätzen und deshalb oft Stellen annehmen, für die sie schon in kürzester Zeit überqualifiziert und dazu noch unterbezahlt sind, hat das Konsequenzen. Sie haben schlechte Karten in der Hand für einen geplanten Karriereschritt. Consultant und Spezialistin in Change Management Annette B. Isenschmid richtet sich mit ihrem NMP Switzerland (New Management Program) explizit an Senior Female Business Leaders in einer entscheidenden Phase ihrer Karriere.

Kunden

Das NMP Switzerland Program fand erstmals 2006 statt. Die nominierten Teilnehmerinnen kamen von ABB, Accenture, Credit Suisse, Novartis, Swisscom, SwissRe und Syngenta.

Kursdaten

Die zweite Auflage startete am 27. März und endet am 23. November 2007. Die Professoren stammen von Schulen und Institutionen wie HEC Lausanne, Insead Paris, Henley Center London. Ausserdem treten Senior Executives auf, um ihre Erfahrungen zu vermitteln. Ein wesentliches Ziel ist das Networking, um den Austausch der Teilnehmerinnen untereinander auch nach dem Seminar zu gewährleisten.

Module Leadership, Strategy & Marketing, Finance, Growth &Change, Life & Career. Growth & Change findet an sechs Tagen in China statt. Seminarsprache: Deutsch/Englisch. Kosten: 19 000 Fr., plus Reisespesen und Logis.

Zukunft

2008 folgt NMP Junior. Auch hier ist der Inhalt des Programms «gender-neutral». Das Ziel des Programms ist es, Junior-Talente auf ihre nächsten Karriereschritte vorzubereiten.