Freitag, 11. Dezember 2015, Industriestrasse 24 in Dietlikon. Im grauen Metallbau tagt hinter Kunststoffjalousien der gesamte ImpleniaVerwaltungsrat. Hubert Achermann, seit gut einem halben Jahr auf dem Präsidentenstuhl, hat einen Plan. Er will Anton Affentranger, den CEO, absetzen. Monate lang hatte er es nicht geschafft, seinen umtriebigen Konzernchef unter Kontrolle zu bringen; seit einigen Wochen herrscht Funkstille zwischen dem Präsidenten und seinem ersten Offizier. Man hat sich nichts zu sagen. Mitte Dezember scheint der Bruch unausweichlich.

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Zwei Varianten stehen an jenem Freitag im Verwaltungsrat des grössten Schweizer Baukonzerns zur Diskussion. Die ehrenvolle Variante: Abgang des operativen Chefs an der Generalversammlung vom 22. März 2016, also in drei Monaten. Die weniger ehrenvolle: Kündigung, Abgang per sofort. Für diesen Fall ist vorgesorgt: Ein Securitas-Mann steht auf Abruf bereit. Für den Fall der Fälle hat der Verwaltungsrat einen Konzernchef bestimmt, der interimistisch einspringen kann. Sein Name: Henner Mahlstedt, Bauingenieur und Berater aus Braunschweig. Notnagel Mahlstedt sitzt – wie Achermann – seit Frühling im ImpleniaVerwaltungsrat.

«Überrascht über Affentrangers Rückhalt»

So wars im Strategiegremium besprochen. Und so wurde es Anton Affentranger, der nebenan in seinem Chefbüro sass, am Abend mitgeteilt. Später wird er davon reden, dass seine Kündigung «eine Option» gewesen sei.

Zwei Wochen später, kurz vor Weihnachten, dreht die Stimmung – für Affentranger, gegen Achermann. Mittlerweile hatten einzelne VR-Mitglieder und der grösste Einzelaktionär, Max Rössler, mit der Konzernleitung geredet. Unisono sprachen sich die zehn Top Kader für den Verbleib Affentrangers aus. Am Entschlossensten plädierte Finanzchef Beat Fellmann für einen Verbleib. Einzelne deuteten an, eine Zukunft ohne Affentranger sei unvorstellbar für sie. Ein Involvierter sagt: «Wir waren überrascht über Affentrangers Rückhalt, wir hatten ganz anderes gehört.»

Anfang Jahr verschieben sich die Fronten

Anfang Januar kippte die Mehrheit. Als Achermann die Spitzkehre seines Gremiums in der ersten Sitzung im neuen Jahr realisierte, reichte er den Rücktritt ein. Anfänglich war ein Ausharren bis zur Generalversammlung Ende März eine Option, schliesslich entschied er sich für den sofortigen Abgang. In der offiziellen Medienmitteilung vom 3. Februar war von Arbeitsüberlastung die Rede.

Ein schier unglaublicher Vorgang in einem börsenkotierten Milliardenkonzern: Anton Affentranger, der Mitte Dezember die Kündigung auf dem Tisch hatte, für den ein Interimsnachfolger bereitstand, hatte in letzter Sekunde die Kurve gekriegt. Stattdessen räumte sein interner Gegner das Pult.

Der Fachprofi, der Kämpfer, das Alphatier

Zwar ist er nach dem Showdown leicht zerknirscht, gibt sich selbstkritisch und geduldig, auch soll er nun auf Geheiss des Verwaltungsrats einen Nachfolger aufbauen. Affentranger setzt offenbar auf Finanzchef Fellmann. Von innen sollte er kommen – irgendwann. Wenn überhaupt. Anton Affentranger, der passionierte Marathonläufer mit Bestzeit 3 Stunden 49 Minuten, lässt sich nicht so schnell bremsen. «Bei Toni brennt die Kerze an beiden Enden, immer», sagt einer, der ihn seit mehr als zehn Jahren kennt.

Nach Gesprächen mit einem Dutzend Weggefährten ist klar: Es gibt keinen Spitzenmanager in der Schweiz, der derart polarisiert: Die einen schwören auf seine Visionen, sein Engagement, seinen Mut, seine Loyalität. Die anderen halten ihn für arrogant, selbstverliebt, rücksichtslos, emotional. Es sind die Ingredienzen einer steilen Karriere.

Das ausführliche Porträt über Anton Affentranger, sein Leben und die künftigen Herausforderungen von Implenia lesen Sie in der neuen «Handelszeitung», ab Donnerstag am Kiosk oder mit Abo bequem jede Woche im Briefkasten.