Sie haben seit dem Einstieg bei der Arbonia-Forster-Gruppe (AFG) mit Gächter, Piatti und Ego Kiefer kräftig zugekauft. War das nicht gar viel auf einmal?

Edgar Oehler: Wir sind in den letzten zehn Monaten kräftig gewachsen. Das hatte einen besonderen Grund: Die für uns interessanten Objekte standen zum Verkauf. Hätten wir nicht zugegriffen, wären sie in andere Hände gekommen. Zudem gehören nach dem Grundsatz «One home, one stop» Küchen, Fenster und Türen zusammen. Forster hat beispielsweise während 50 Jahren erfolgreich Metallküchen verkauft. Als Nischenanbieter verfügte er aber nur über eine beschränkte Auswahl. Mit dem Erwerb von Piatti sind wir nun im Küchenbau ein Vollsortimenter.

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Die Übernahmen sind aber noch nicht verdaut?

Oehler: Ego Kiefer ist bereits vollständig eingebunden. Die Integration von Piatti benötigt mehr Zeit.

Der Küchenbereich war im ersten Halbjahr mit knapp 5 Mio Fr. in den roten Zahlen. Wann erreichen Sie die Gewinnzone?

Oehler: Nächstes Jahr. Bei Piatti fehlte die Aufsicht, und das Unternehmen war zu wenig transparent. Innerhalb der AFG nutzen wir jetzt die Synergien bei Einkauf, Marketing, Produktion, Controlling und Personal. Service und Montage werden zusammengeführt.

Im Halbjahresbericht wurde für 2004 ein Konzerngewinn von gegen 30 Mio Fr. in Aussicht gestellt. Trifft diese Prognose nach zehn Monaten immer noch zu?

Oehler: Ja.

Mit den Firmenkäufen hat sich die Nettoverschuldung auf 300 Mio Fr. erhöht. Die Eigenkapitalquote sank von 40% auf unter 30%. Das kann kein Dauerzustand sein.

Oehler: Dem stimme ich zu. Wir haben innert kürzester Zeit Firmen erworben, die zwischen 150 und 200 Mio Fr. kosten. Bereits Ende 2004 werden wir die Verschuldung auf deutlich unter 290 Mio Fr. reduzieren. Früher verfügte die AFG über mehr Cash als Umsatz. Das ist sicher nicht die Idee eines wirtschaftenden Unternehmens. Dank den Erträgen und einem verminderten Investitionsvolumen wird die Eigenkapitalquote in den nächsten Jahren wieder auf 40% steigen.

Wieweit soll die Diversifikation noch gehen?

Oehler: Wir sind zur Hauptsache ein Bauausrüster. Im Bereich Licht, Boden- und Wandverkleidung werden wir uns nicht engagieren. Für uns stehen Heizung, Sanitär, Fenster, Türen und Küchen im Vordergrund. Daneben konzentrieren wir uns auf die Stahltechnik sowie Rohre und Profile.

Die höheren Stahlpreise haben auf das Sortiment durchgeschlagen. Schafft das keine Absatzprobleme?

Oehler: Der Zustand schafft allen Stahlanwendern Probleme. Wir haben die konkurrierenden Werkstoffe gerade im richtigen Zeitpunkt übernommen.

Sind schon bald weitere Akquisitionen geplant?

Oehler: Jetzt wollen wir die Zukäufe zuerst richtig verdauen.

Verfügt die Gruppe über genügend kritische Masse, um auf dem internationalen Markt als unabhängiger Bauausrüster zu überleben?

Oehler: Wir sind auf gutem Wege. Weltweit sind wir einer der drei grössten Radiatorenhersteller. In Nischenmärkten gehören wir bei den Stahlprofilen für den Fassadenbau zu den zwei Grössten. Gemäss meiner Strategie muss ein Unternehmen auf dem Heimmarkt besonders stark sein. Bei Küchen, Kühlen und Türen sind wir in der Schweiz mit grossem Abstand die Nummer eins.

Die Schweiz und Deutschland sind das wichtigste Absatzgebiet. Bleibt Kontinentaleuropa auch künftig der Schlüsselmarkt?

Oehler: Unsere Exportanstrengungen zielen weiter. Mit den neuen EU-Mitgliedern und Osteuropa ganz generell ergeben sich natürlich unheimliche Chancen. In

Russland gehören wir auf dem Radiatorenmarkt zu den drei grössten Anbietern.

In Tschechien wurde vor einem Monat ein hochautomatisiertes Radiatorenwerk eingeweiht. Bekommen die osteuropäischen Länder als Produktionsstandort mehr Gewicht?

Oehler: Ja, deshalb haben wir in Tschechien investiert. Von dort liefern wir die Produkte nach Westeuropa, aber auch in den Osten.

Verliert der Standort Schweiz weiter an Boden?

Oehler: Nein, weil wir jetzt bei den Radiatoren über vier Fabriken in der Schweiz, Sachsen, Niederbayern und Tschechien verfügen. Zudem haben wir mit dem Erwerb von Piatti und Ego Kiefer ein klares Bekenntnis zum Werkplatz Schweiz abgelegt.

Als ehemaliger Politiker wollen Sie der einheimischen Bevölkerung die Arbeitsplätze nicht wegnehmen. Wie soll das gelingen?

Oehler: Wir haben mit unserer Firmengruppe im laufenden Jahr 100 neue Arbeitsplätze geschaffen. Auch künftig werden billigere und teurere Produkte in den angestammten Ländern erstellt. Fenster, Küchen und Türen bleiben hier. In diesen Sektoren bauen wir entsprechend aus. In den nächsten Wochen beginnen wir mit dem Ausbau einer bestehenden Fabrik in der Westschweiz. Damit wird die Kapazität für den Schweizer Markt erhöht. Überdies wollen wir auch in grösserem Umfang Küchen aus der Schweiz exportieren.

Das grosse Wachstum soll im Ausland stattfinden. China ist für Bauausrüster ein viel versprechender Markt. Wie viel Volumen braucht es, um dort eigene Produktionsstätten zu errichten?

Oehler: Meine ersten Kontakte mit China liegen schon fast 40 Jahre zurück. Die Hartchrom hat bereits 1987/88 eine Fabrik in der Mongolei erstellt. Bei der AFG liefert das Werk Kermi in Niederbayern intensiv Radiatoren nach China. Ich habe klare Vorstellungen darüber, wann wir bei den Heizungen und Küchen mit der Herstellung vor Ort beginnen.

Was ist ausschlaggebend?

Oehler: Die Menge. Transport und Zölle verteuern die exportierten Güter um 25 bis 30%. Irgendwann ist es nicht mehr möglich, Tausende von Küchen von hier in Containern nach China zu verschieben.

Wie hoch schätzen Sie das chinesische Marktpotenzial ein?

Oehler: Einige hundert Millionen. Allein Grossstädte bieten ein Volumen, das grösser ist als die Schweiz und Deutschland zusammen.

Welche Chancen rechnen Sie sich in den USA aus?

Oehler: Seit zwei Jahren liefert die AFG Stahlprofile nach Übersee. Das Vertriebszentrum liegt im Bundesstaaat Washington. Nun gilt es, ein flächendeckendes Servicenetz aufzubauen.

Können Synergien zwischen der AFG und der Hartchrom genutzt werden?

Oehler: Ja, die Hartchrom verfügt über ein eigenes Werk im Bundesstaat New York. Auch im Fernen Osten können wir von den Erfahrungen des Oberflächenspezialisten profitieren. Die Absatzkanäle sind zwar verschieden, aber sämtliche Produkte aus der AFG benötigen eine Oberflächenbehandlung.

Warum wird die Hartchrom nicht in die AFG integriert?

Oehler: Diese Möglichkeit will ich bis Ende 2005 klären.

Wie lange wollen Sie noch als Mehrheitsbesitzer, VR-Präsident und CEO weitermachen?

Oehler: Die AFG hat es nötig, dass nebst den Aktionären jemand das letzte Wort hat. Das Unternehmen muss geführt und nicht verwaltet werden. Die interne Reorganisation ist in vollem Gang. Anfang November hat ein Generalsekretär die Arbeit aufgenommen (siehe Seite 16). Mit dem neuen Corporate Center werde ich entlastet. Wenn das Haus in rund zwei Jahren bestellt ist, kann ich mich als operativer Chef zurückziehen. Ich bleibe aber Mehrheitsaktionär.

Sie haben vier Kinder. Eines ist im Betrieb tätig. Gibt es eine Nachfolgeregelung innerhalb der Familie?

Oehler: Wegen des Alters der Kinder kann ich bis auf weiteres nicht darauf abstellen. Also muss die Lösung von aussen her kommen.

Die neue Grossgewerkschaft Unia hat einen ihrer Betriebe bestreikt, bei dem Sie die Speditionsabteilung ausgelagert haben. Wie haben Sie darauf reagiert?

Oehler: Mit Kopfschütteln. Es ist vertraglich abgesichert, dass jeder Mitarbeiter in der Logistik einen neuen Arbeitsplatz in der unmittelbaren Umgebung erhält. Das Ganze glich einem Schattenboxen, wobei auf den Mann, einen ehemaligen Politiker, und nicht auf die Sache gezielt wurde. Wir haben den Streit innerhalb eines Tages beigelegt. Für die Gewerkschaften ist es ein Pyrrhussieg. Andere Unternehmen, die neu auslagern, werden wohl keine gesicherten Arbeitsplätze mehr offerieren, sondern sich von Mitarbeitern trennen. Ich betone immer wieder, dass auch die Gewerkschaften eine soziale Verantwortung und das Gesamtinteresse einer Unternehmung im Blickwinkel haben müssen.