Es gibt kein Modell mehr, das wir garantiert in Kürze wieder an den Mann bringen», sagt Peter Rufener von der Ryser AG in Kerzers FR, die jährlich rund 300 gebrauchte Fahrzeuge verkauft. Nicht einmal mehr die Diesel-Fahrzeuge, die eben noch boomten und als sichere Verkaufswerte galten, könnten schnell abgestossen werden. «Um die Autos loszuwerden, marschieren wir mit dem Rotstift durchs Haus und schreiben die Preise noch und noch herunter.»

Die Situation bei Ryser ist typisch für die gesamte Branche, was angesichts der Zahlen nicht weiter erstaunt. Die Occasionshändler verkauften von Januar bis Ende September 2003 noch 537 000 Gebrauchtwagen, gegenüber der Vorjahresperiode ein Minus von 3,3%. Im Vergleich zu den Verkäufern von neuen Autos, die ein Minus von 9,1% zu beklagen hatten, ist dieser Einbruch zwar deutlich geringer. «Der Occasionshandel ist prinzipiell weniger konjunkturempfindlich als der Neuwagen-Verkauf», erklärt Heiner Lehmann vom Autogewerbe-Verband der Schweiz (AGVS). Trotzdem sind die Zeichen mehr als deutlich, dass auch der Occasionsmarkt lahmt: Die Autos standen in diesem Jahr im Schnitt 94 Tage herum, bevor sie wieder verkauft wurden. Das sind ein paar Tage mehr als noch vor einem Jahr. Und der Durchschnittspreis von 14 000 Fr. im Jahr 2002 dürfte in diesem Jahr min-des-tens um ein paar Hunderter gesunken sein. Im Schnitt sind

die Fahrzeuge auf dem Occasionsmarkt fünf Jahre alt und haben 75000 km unter den Rädern.

*Ein paar dunkle Schatten*

Zwar möchten die Occasionshändler nicht ins grosse Jammern der Neuwagen-Verkäufer einstimmen, aber auch bei ihnen wirft die Konjunktur ein paar dunkle Schatten. Anton Kunz vom Hammer Auto Center in Emmenbrücke erklärt: «Ganz schlecht laufen Fahrzeuge über 30 000 Fr.» Die Leute schauten halt wieder aufs Portemonnaie, beobachtet er. Vans wie etwa VW Sharan oder Fiat Ulisse, die eben noch heiss begehrt waren, drohen jetzt fast schon zu Ladenhütern zu werden. Bei der Amag AG sind es vor allem die teuren Audis - meist ehemalige Geschäftsautos - für die gegenwärtig kaum solvente Käufer zu finden sind. «Mühe haben wir mit teuren Autos, zum Beispiel auch mit den früher so begehrten Vorführwagen», doppelt Urs Weibel von Autoweibel in Aarberg BE nach.

Viele Autobesitzer müssen den Gürtel enger schnallen. «Sie entledigen sich ihrer Leasing-Fahrzeuge, die ihnen plötzlich zu teuer geworden sind», stimmt Roger Dal Santo, Geschäftsführer von Car4you.ch, einem Internet-Marktplatz für den Occasionshandel, ins allgemeine Klagelied ein. «Der Spielraum fürs Budget ist bei vielen geschrumpft», sagt Paul Abegglen, Leiter des Occasionscenters Langenthal. Er deutet die Zurückhaltung der Käufer mit den Sorgen um die Pensionskassengelder und mit dem neuen Konsumkreditgesetz. Logischerweise ist Barbezahlung plötzlich wieder Mode. Kaum verändert hat sich dagegen die Kundschaft.

*Lichtblicke und ewige Werte*

Wo derart viele Schatten fallen, muss es auch irgendwo ein paar Lichtblicke geben. Einen hat der AGVS bereits geortet. Mit Blick auf den Jahresverlauf scheint die Talsohle durchschritten zu sein. Seit den Sommerferien hat der Absatz sogar leicht angezogen. «Das Occasionsgeschäft nimmt Fahrt auf», so Lehmann.

Tatsache ist weiter, dass bestimmte gebrauchte Autos, je nach Preisklasse, Marke, Modell oder Land, jetzt umso gefragter sind. Sehr begehrt sind zum Beispiel Kombis in der Preisklasse 15000 bis 20000 Fr. und Kleinwagen bis 12000 Fr. Bei Autos der Preisklasse 8000 bis 15000 Fr. hält das Angebot mit der Nachfrage gegenwärtig sogar kaum Schritt. Deutsche Occasionen geniessen nach wie vor höchstes Prestige, gefolgt von den Japanern, Koreanern und Franzosen, während italienische Autos ganz am Schluss rangieren. Mercedes und Audi sind die einzigen unter den grossen Marken, von denen 2003 bisher mehr Occasionen verkauft werden konnten als im Vorjahr.

Einen schlechten Ruf auf dem Occasionsmarkt hat hingegen Lancia, was zahlenmässig in einem Minus von 16% zum Ausdruck kommt. «Man darf aber eine Automarke nie einfach nur verdammen», gibt Weibel zu bedenken. Jeder Hersteller habe bessere und schlechtere Modelle. Bei Fiat etwa ist der Punto auf dem Occasionsmarkt geradezu ein Renner. Das Gleiche gilt für140-er Mercedes

der A-Klasse, VW-Golf und VW-Polo.

*Das Schicksal von Ladenhütern*

Auf eines können sich die Occasionshändler 100%ig verlassen.

«Die Leute wollen auch ins schlechteren Zeiten nicht aufs Auto verzichten», so Kunz. Trotzdem muss sich die Branche, wie Richard Trachsel von der Amag einräumt, jetzt viel mehr anstrengen. Die Kunden sitzen am längeren Hebel, und viele Occasionen gehen unter Marktpreis weg. Will heissen: Unter dem Eurotax, der so etwas wie die Branchenbibel für die Preisbestimmung von Gebrauchtwagen ist. «Wer bereit ist, sein Auto unter Eurotax-Preis anzubieten, ist es in der Regel innerhalb von zwei Wochen los», lässt Weibel durchblicken.

«Auf unserem Platz ist jedenfalls noch kein Auto länger als zehn Monate herumgestanden», sagt Abegglen. Damit ist signalisiert: Auch für die scheinbaren Ladenhüter haben die Occasionshändler ihre speziellen Absatz-Methoden. Die teuren Karossen etwa werden im Multipack - allenfalls halt mit einem Abschreiber - an Grosshändler wie etwa die Garage Züriwest verkauft. Und das unterste Segment - Wagen für ein paar Tausender -landet im Export in Richtung Osteuropa oder Afrika.

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