Laut Axel Weber muss sich Europa auf schwierige Zeiten einstellen. Im Interview mit dem deutschen «Handelsblatt» sagt Weber, der am Mittwoch seinen Hut als UBS-Präsident nimmt: «Was mich beunruhigt, sind die sehr hohen Inflationsraten.» 

Er glaube, dass die Welt vor einer tiefen Rezession stehe. In den USA liege die Inflation bereits bei rund 8 Prozent: «Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass wir im Frühjahr zweistellige Werte sehen werden», sagt Weber. Er glaube zudem nicht, dass sich die Europäische Zentralbank bei der geldpolitischen Wende viel Zeit lassen wird.

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Dabei hält es Weber nicht für angebracht, noch «viele Monate» zu warten. Er habe bereits mehrmals auf das Inflationsproblem hingewiesen, eine «raschere Verschärfung der Geldpolitik wäre aus meiner Sicht wünschenswert». Dabei wirft er der EZB vor, nicht schon früher präventive Schritte ergriffen zu haben.

UBS hat Vermögen von Russen eingefroren

Im Interview äussert sich Weber auch zum Ukraine-Krieg. «Der Krieg wird vieles verändern. Er hat dazu beigetragen, dass sich die Europäische Union wieder stärker als Wertegemeinschaft und als Friedenssicherungsprojekt versteht.» Das sei leider in den vergangenen Jahren «etwas verloren gegangen».

Die UBS sei mit Risiken in Russland «kaum betroffen», betont Weber. Man habe schon früh begonnen, Positionen abzubauen. «Wir machen kein Neugeschäft in Russland. Jetzt helfen wir unseren Kundinnen und Kunden, ihre Russland-Risiken abzubauen.» Bei der UBS setze man alle Sanktionen der Länder um, in denen man aktiv sei, so jene der EU, aber auch jene der USA. «Wir haben die Vermögen von Kunden, die auf den Sanktionslisten stehen, eingefroren.»

Frischer Wind mit Kelleher und Hamers

Die UBS zähle heute zu den profitabelsten Banken in Europa. «Wir haben in den vergangenen zehn Jahren 44 Milliarden Dollar Kernkapital erwirtschaftet und davon knapp 26 Milliarden ausgeschüttet. Gemessen an Kursgewinnen und Dividendenzahlungen gehören wir zu den besten Banken in Europa. Das müssen beide weiter vorantreiben», so Weber.

Die UBS habe mit seinem Nachfolger Colm Kelleher, dem ehemaligen Präsidenten von Morgan Stanley, einen ausgewiesenen Kenner des Bankgeschäfts und US-Markts gefunden. Man setze auf die Vermögensverwaltung und den Heimmarkt und habe die Risiken im Investmentbanking abgebaut. «Der UBS wurde manchmal vorgeworfen, langweilig zu sein. In meinen Augen ist eine langweilige Bank eine gute Bank.» Man habe «frischen Wind» mit Kelleher und Ralph Hamers geholt. «Ein privatwirtschaftliches Institut muss in einem sich schnell wandelnden Umfeld jedoch dynamisch agieren können, um erfolgreich zu sein.»

«In meinen Augen ist eine langweilige Bank eine gute Bank.»

Verwaltetes Vermögen: 4,6 Billionen Dollar

Europa spiele für die UBS weiterhin eine grosse Rolle, sagt Weber. Aber: «Das Wachstum aber findet vor allem in dynamischen Märkten mit tiefen, liquiden Kapitalmärkten statt – und das sind nun einmal insbesondere die USA und Asien, allen voran China.» Auf diese Regionen wolle man sich mit Wachstumsinitiativen konzentrieren. «In Europa wollen wir die Effizienz steigern.» Man sei offen für weitere Kooperationen und Übernahmen.

Das sei aber nicht allzu einfach: «Vieles von dem, was gut wäre, ist nicht verfügbar. Und vieles, was verfügbar ist, ist nicht gut genug», sagt Weber. Man verwalte Vermögen von 4,6 Billionen Dollar und sei alleine im vergangenen Jahr über 100 Milliarden Dollar netto gewachsen. «Das heisst, wir wachsen alle fünf Jahre um die Grösse einer grösseren Schweizer Privatbank. Mit dieser Dynamik können wir meines Erachtens auf organisches Wachstum setzen.»

«Das heisst, wir wachsen alle fünf Jahre um die Grösse einer grösseren Schweizer Privatbank.»

Weber zieht wieder nach Deutschland

Weber äusserte sich ebenfalls zum Prozess wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Frankreich: «Diese Baustelle habe ich von meinen Vorgängern geerbt, und ich muss sie leider meinem Nachfolger überlassen.» Das zeige, wie langsam die Mühlen der Justiz mahlen. Die UBS hätte eine deutliche Verbesserung des Urteils erreicht. In der ersten Instanz sei die Busse 4,5 Milliarden Euro gewesen, danach 1,8 Milliarden. «Dabei muss man auch mögliche langfristige Kollateralschäden in Betracht ziehen und sorgfältig abwägen», sagt Weber. 

Der scheidende UBS-Präsident sagt, er werde der Schweiz verbunden bleiben, aber sein Lebensmittelpunkt werde wieder «hauptsächlich in Deutschland sein». Er werde nun kürzertreten und im Herbst entscheiden, was er künftig machen wolle.