Hinfahrt Milch» wird regelmässig lesen, wer auf der A1 Richtung Westen unterwegs ist. «Rückfahrt Käse» lautet die Botschaft für Vorüberfahrende, wenn Badis neue 40-Tonner vom Produktionsbetrieb der Migros in Estavayer FR zurück ins Zürcher Weinland unterwegs sind. Der grösste Milchtransporteur der Nordostschweiz will keine Leerfahrten mehr machen.

Solche gehörten bisher zur Tagesordnung, weil Milchtanks aufgrund ihrer Form und ihres delikaten Inhaltes auf der Rückfahrt nicht einfach mit anderen Produkten gefüllt werden können. Die Badi-Transport AG hat nun einen Universalauflieger entwickeln lassen, der den Transport sowohl von flüssiger als auch fester Ware ermöglicht.

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In den kommenden Monaten will das KMU seine Sattelanhänger mit beweglichen Milchtanks losschicken: Zum Sammeln und zum Transport der Milch in die schweizweit verstreuten Produktionsbetriebe liegt der gut 13 m lange und 2,50 m breite Tank auf der Ladebrücke. Um bei der Rückfahrt Ware wie Käse, Jogurt oder Butter mitnehmen zu können, lässt er sich mit Seilzügen an die Decke des Sattelanhängers hieven. Unter ihm haben dann 33 Paletten oder Rollis mit rund 20 t Nutzlast Platz.

Transportpreis sinkt

Der kürzlich auf dem Firmengelände in Kleinandelfingen vorgeführte und bereits drei Wochen lang getestete Prototyp dürfte in der Transportbranche auf grosses Interesse stossen: Unternehmer Urs Badertscher stellte jedenfalls mehrprozentige Transportpreisreduktionen in Aussicht. Ausserdem kommt der Auflieger dem von den Transporteuren noch nicht verdauten Anliegen des Bundesrates entgegen, ökologisch bedenkliche Leerfahrten mit Erhöhung der LSVA zu verringern. Die Nachteile des neuen Aufliegers 3 t weniger Nutzlast und doppelt so hohe Beschaffungskosten gegenüber herkömmlichen Sattelanhängern würden mit der angestrebten 100-Prozent-Auslastung der Transportkapazität mehr als wettgemacht.

Not macht innovativ

Die zusammen mit einem Winterthurer Fahrzeugbauer, einem Emmentaler Tankkonstrukteur und der Nordostmilch AG (siehe Kasten) entwickelte Transportlösung ist revolutionär, insbesondere weil sie aus einem verhältnismässig kleinen KMU aus dem Zürcher Weinland stammt. Aber sie kommt nicht von ungefähr: Mit dem Zusammenbruch der Swiss Dairy Food und ihrer Molkereien entstanden Lücken im Milchtransportnetz.

Badi springt heute mit zehn Sammelfahrzeugen in die nordostschweizerische Lücke, wo sie jährlich rund 100 Mio kg Milch an 500 Ladestellen abpumpt. In der Zwischenzeit wurde aber die LSVA um 50% angehoben, und auch die Dieselpreise sind massiv gestiegen. Der herkömmliche Transport und die Leerfahrten seien schlicht nicht mehr rentabel.

Welches Potenzial Badertscher sich mit dem neuen Universalauflieger erhofft, zeigt die Tatsache, dass er dabei ist, ihn patentieren zu lassen. Recherchen in Europa hätten ergeben, dass die neue Art des Transports bislang einzigartig sei. Gemäss der Vereinbarung, welche die drei beteiligten KMU untereinander geschlossen haben, will Badertscher die neue Erfindung vorerst aber für sich nutzen, bevor sie auch für andere Transporteure vermarktet werden könnte: «Vor allem für Grossverteiler bieten sich die neuen Spezial-Auflieger geradezu an», heisst es in einer Medienmitteilung. Nach einem Branchenkenner hat Badertscher am richtigen Ort investiert: «Migros wollte ihre Milch eigentlich über die Bahn transportieren lassen. Im Gegensatz zu Badertscher dürften die SBB aber nicht daran interessiert sein, die Verantwortung des delikaten Gutes vom Bauern bis in den Verarbeitungsbetrieb zu übernehmen.» Ausserdem klaffen an der West-Ost-Achse noch weitere Transportlücken.



Die Initiatoren: Erfolg in Nische

Initiant der neuen Transportlösung ist Urs Badertscher vom Kleinandelfinger Familienunternehmen Badi-Transport AG. Der 24000 l fassende, flachrunde und belastbare Milchtank wurde von der Langnauer Behälterbauerin Kasag konstruiert. Eingebaut hat ihn der Winterthurer Fahrzeugbauer Peter, der auch das Hebe- und Kühlsystem installiert hat. Beide Konstruktionsunternehmen haben sich in den letzten Jahren auf die Nische für spezielle Auf- und Umbauten an Transportfahrzeugen spezialisiert. Bei Peter soll in einigen Wochen wieder eine Neuheit vom Stapel gehen: Eine auf drei Seiten kippbare Ladefläche aus Aluminium, die, erstmals auf Fünfachsern montiert, bis 6 t mehr Baumaterial fassen kann. Die vom gerade konstruierten Universalauflieger profitierende Nordostmilch AG wurde erst im März 2005 gegründet und vereint 1650 Milchproduzenten, die jährlich 150 Mio kg Milch abliefern. (tmö)