Wie schön, wenn sich Oligarch Viktor Vekselberg persönlich auf eine Verkaufsannonce im Gebrauchtwagen-Portal meldet. Wie sich zeigt, ist es zu schön, um wahr zu sein. Sich als russischer Milliardär auszugeben, ist vielmehr die Masche international operierender Betrüger, die geschickt Internet-Technologie mit rabiatem Entreissdiebstahl verbinden. Auch in der Schweiz machte die Bande schon Beute.

Vekselbergs Beteiligungsfirma Renova sieht sich inzwischen genötigt, auf ihrer Webseite explizit vor den Machenschaften der so genannten «Rip-Dealer» zu warnen. Rolf Schatzmann, Compliance-Verantwortlicher der Gruppe, kennt bereits sieben Fälle, bei denen falsche Renova-Visitenkarten, der Name der Familie Vekselberg oder eine gefälschte Webseite der Fima verwendet wurden. «Renova hat umgehend mit den Behörden Kontakt aufgenommen und warnt ausdrücklich davor, sich mit solchen Personen einzulassen», mahnt das Unternehmen. Auch wenn Renova in der Schweiz inzwischen Anzeige gegen Unbekannt einreichte, ist die Gefahr nicht gebannt. 

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Treffen in Mailänder Hotel

Die von den Gaunern benutzte falsche Webseite von Vekselberg Renova etwa (siehe Bildstrecke), die der echten zum Verwechseln ähnlich sieht, ist weiterhin aktiv. Sie könnte weiter Unachtsame in die Falle locken. Unachtsame wie jener 70-Jährige deutsche Immobilienmakler. Nennen wir ihn Klaus Brehm. Brehm brauchte für ein grösseres Projekt einen Kredit von 11 Millionen Euro. Ein Bekannter empfahl ihm einen gewissen Al Merhan El Faid aus Dubai, den er aber nicht persönlich kenne. Brehm nahm via Mail mit El Faid Kontakt auf. Dieser vermittelte ihn weiter zum angeblichen Sohn von Herrn Vekselberg, Dr. Leonard Felixowitsch Wekselberg, und gab auch dessen Mail-Adresse an: wekselberg@gmx.co.uk.

Am Telefon wurde vereinbart, dass ein Kreditvertrag aufgesetzt werde und man sich dazu in Mailand treffen will. Brehm solle bitte die nötigen Dokumente sowie 150‘000 Franken in bar als Vermittlungsgebühr für El Faid mitbringen. Letzten September traf Brehm in einem noblen Hotel der italienischen Metropole jenen Mann, der sich ihm gegenüber als Leonard Felixowitsch Wekselberg ausgab. Mitten in den Verhandlungen entriss er dem verdutzen Gegenüber die  150‘000 Franken – und flüchtete mit einem vor dem Hotel bereit stehenden Fahrzeug.

Deliktsumme bis zu 250'000 Franken

Brehm war geschockt. Der italienischen Polizei wollte er den Entreissdiebstahl aber nicht melden. Stattdessen nahm er mit Schatzmann von Renova Kontakt auf – genauso wie jener Mann, dem in Basel auf ähnliche Weise 75'000 Franken gestohlen wurden. Über falsche Mail-Adressen Kontakt aufnehmen, ein lukratives Geschäft vorschlagen, Vertrauen aufbauen und schliesslich ein Treffen vereinbaren, bei dem das Opfer Bares mitnimmt. Diese Masche wiederholen die Betrüger immer wieder.

Das weiss Ermittler Josef Resch von der Detektei Wifka im deutschen Lübeck, der im Auftrag von Betrugsopfern der Bande auf der Spur ist. Resch sind inzwischen 30 bis 40 solcher Rip-Deals bekannt. Ihm zufolge operierten die Betrüger dabei auch in Bern, Zürich, Zug und Lugano. Die Ziele der wohl acht bis zehn Köpfe starken Bande stammten meist aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Deliktsumme bewegte sich zwischen 5000 und 250'000 Franken.

Spuren nach Belgrad

Die Privatermittler nehmen jedoch an, dass die «Brutnester» in Italien, Spanien und den Niederlanden liegen. Die Betrüger könnten aber einen osteuropäischen Hintergrund haben. Provider der gefälschten Renova-Webpage ist gemäss Domainnamen-Abfrage das Telekom-Unternehmen Verat Net in Belgrad.

Dabei wurde Renova nicht als einzige Firma Ziel der Rip-Dealer. Auch andere Firmen-Webpages wurden offenbar gefälscht. Im Fall einer indischen Gesellschaft wurde gar direkt auf die echte Seite verwiesen. Generell wird der jährlich durch Rip-Deals und ähnliche Betrugsmaschen entstandene Schaden auf 500 Millionen Franken geschätzt. Resch zufolge dürfte die Dunkelziffer aber doppelt so hoch liegen, weil oftmals auch Schwarzgeld im Spiel sei.

Noch ist denn auch kein «falscher Vekselberg» verhaftet worden.