Mindestens drei markante Gebäudegruppen im Industriequartier von Crissier (VD) sind mit Baumgartner Papiers SA beschriftet. In ein bis zwei Jahren werden sie alle anders heissen oder nicht mehr stehen, weil die Nummer drei im Schweizer Papierhandel ihr eindrucksvolles Administrationsgebäude, den Lagerkomplex und die Fabrik für Zigarettenfilter verkauft oder geschlossen haben wird. Nur ein Jahr ist es her, da brandmarkte VR-Präsident Jacques Baumgartner den amerikanischen Grossaktionär Asher Edelman als gierigen Raider, der nur eins im Sinn habe : Baumgartner übernehmen und profitabel zerstückeln. Die Mehrheit der Aktionäre, allen voran die Waadtländer Kantonalbank, folgten ihrem Präsidenten und wiesen Edelmans Offerte schroff zurück. Jetzt müssen Baumgartner und sein CEO William Angst einen grossen Teil der Gruppe selber verscherbeln, wenn sie nicht Konkurs gehen wollen.

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Noch schlechter als 2001

46 Mio Fr. weniger Umsatz und ein Verlust von 27,7 Mio; damit haben vor einem Jahr nicht einmal die grössten Pessimisten unter den Aktionären gerechnet. Aufgrund tiefgreifender Restrukturierungsmassnahmen und Kosteneinsparungen traute man dem Management zu, bis Ende 2002 bei leicht tieferem Umsatz wieder in die schwarzen Zahlen zu kommen. Nachdem das Geschäft in sämtlichen vier Bereichen der Gruppe rückläufig ist und nur noch im Verpackungssektor und bei der Tochter Elco gewinnträchtig erscheint, wollen Baumgartner & Angst den traditionellen Papierhandel und die Zigarettenfilter produzierende Fibertec verkaufen. In den USA hat Fibertec ihre Produktionsstätte bereits zugemacht. Für jene in Crissier ist noch kein Käufer in Sicht. Taucht ein solcher nicht auf, wird Baumgartner die 160 Angestellten entlassen müssen, könnte dafür aber mit einem ansehnlichen Erlös aus dem Verkauf des 17000m2 grossen Fabrikgeländes rechnen.

Ebenso ungewiss ist der angestrebte Verkauf des Papierhandels. VR-Präsident Baumgartner konnte an der Medienkonferenz auch nach mehrmaligem Nachfragen keinen Konkurrenten nennen, der die in der Branche als «strukturell marod» geltende Papierhändlerin noch will: «Die Australier oder Finnen vielleicht ; so genau habe ich mir die Namen noch nicht gemerkt», sagte er. Nach Verkauf oder Schliessung der beiden Bereiche wollen die Waadtländer nur noch den Hauptsitz mit heute 16 Angestellten «auf jeden Fall in der Romandie» belassen. Die lukrativeren Töchter befinden sich im Raum Basel (Elco), im Elsass (CFS) und in Barcelona (Litofan).

halb so Gross wie heute

Der selbstständige Anwalt und Autoliebhaber weiss, dass man ihm als nicht operativ tätigem VR-Präsidenten nun vorwerfen wird, genau das zu tun, was Edelman vor einem Jahr schon durchziehen wollte: «Nachdem der Versuch, die Gruppe zu rentabilisieren, misslungen ist, müssen wir sie völlig neu modellieren». CFS und Litofan, die in Frankreich und Spanien Süssigkeitsverpackungen herstellen, seien als führende Produzenten in einem Nischenmarkt am besten für die Konzentration auf ein neues Kerngeschäft geeignet, umschreibtk Baumgartner den offensiven Teil der neuen Strategie. Beide konnten ihre Umsätze letztes Jahr halten und seien durch Restrukturierungen flexibler geworden.

Noch evaluiert wird die Zukunft der Deutschschweizer Tochter Elco, die sich 2002 zwar als einigermassen resistent erwiesen hat, mit zwei einzelnen Produktionsstätten aber immer noch Überkapazitäten aufweisen könnte. Sollte der Umbau nach dem Willen des Managements gelingen, dürfte Baumgartner 2004 noch rund die Hälfte der heute 1050 Mitarbeitenden beschäftigen und einen Umsatz von knapp 150 statt gut 300 Mio Fr. erwirtschaften. Durch gut eingefädelte Land- und Immobilienverkäufe könnte wenigstens die Schuldenlast von heute 92 Mio verringert werden. Nach Baumgartner wäre es dann nichts als logisch, «im Einklang mit den Aktionären» von der Börse zu verschwinden und sich ein für allemal aus den nach wie vor unberechenbaren Klauen des ungeliebten Grossaktionärs zu lösen.