Wer Geld anlegt, will wissen, wie es läuft. Und es gibt eine ganze Industrie, die sich dem Thema widmet: Benchmarking heisst das Zauberwort. Wir vergleichen unseren Erfolg mit dem, was der Markt im Schnitt erreicht hat. Besser als die Benchmark ist gut. Schlechter ist gar nicht gut.

Das scheint eine natürliche Vorgehensweise zu sein. Zu wissen, wie gut man ist, ist wichtig, wenn man besser werden will. Sich mit dem Durchschnitt zufriedenzugeben, ist aber eigentlich kein hoher Anspruch. «Best Practice» nennt man den Ansatz auch in der Betriebswirtschaftslehre. Ebenfalls eine Fehlbezeichnung.

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Die Benchmarkingindustrie treibt darüber hinaus noch grobes Schindluder mit der Messung der Performance. Das kann man mittlerweile bei Anlagen an der Börse im Sekundentakt beobachten. Sich laufend zu vergleichen, macht an den Finanzmärkten aber höchstens aus Neugier Sinn. Sinnvolle Schlussfolgerungen darüber, was man besser machen kann, können meist erst nach Monaten oder Jahren gezogen werden. Zu gross ist der Zufallsanteil im Auf und Ab der Kurse.

Der Gastautor

Der Ökonom Klaus Wellershoff ist Gründer und Verwaltungsratspräsident von Wellershoff & Partners.

Womit man vergleicht, ist ein noch wichtigeres Thema. Innerhalb von Anlageklassen scheint das einfach. Wer zum Beispiel nur Aktien kauft, vergleicht sich mit der durchschnittlichen Entwicklung des jeweiligen Marktes, an dem man gekauft hat. In den meisten Fällen wird das mit kapitalmarktgewichteten Indizes gemacht, bei denen grosse Gesellschaften ein höheres Gewicht haben.

Ist das sinnvoll? Es kommt darauf an. Wenn ich ein Portfolio von Einzelinvestitionen bewerten möchte, sicher nicht. Warum sollte mein Massstab als Schweizer Aktienanleger zu 50 Prozent aus Nestlé, Roche und Novartis bestehen? Jede Aktie bietet mir ja gleich viele Chancen und Risiken. Die richtige Vergleichsgrösse wäre ein Index, der jeder Aktie das gleiche Gewicht gibt.

Wenn man eine Strategie verfolgt, die verschiedene Anlageklassen wie Obligationen, Aktien oder Gold berücksichtigt, wird es noch schwieriger. Je nach Mischung ergibt sich ein anderes Risiko der Gesamtanlagen. Und mehr Risiko sollte eigentlich mehr Rendite bringen. Einen anerkannten, allgemeinen Vergleichsmassstab gibt es aber nicht.

Banken und Vermögensverwalter behelfen sich und berechnen dann eine sogenannte optimale Strategie. Dann wird halt gemessen, ob das Portfolio sich so verhält wie die vorgegebene Strategie. Ob die Strategie sinnvoll ist, wird dagegen praktisch nie hinterfragt – obwohl die Mischung der Anlageklassen zu 90 Prozent den Anlageerfolg ausmacht.

Dabei wäre es so einfach. Fügen die Menschen, die Ihr Geld verwalten, dem Ganzen irgendeinen Wert zu, müsste es besser sein als das, was ein Ahnungsloser machen würde. In Abwesenheit von jedem Fachverstand würde dieser einfach in jeden Topf gleich viel tun. Der Ertrag einer zu gleichen Teilen auf Aktien, Obligationen, Immobilien oder Gold verteilten Investition müsste durch gut bezahlte Superprofis doch zu schlagen sein! Die Praxis zeigt, dass das aber nicht der Fall ist.

Kein Wunder. In einem typischen Anlageausschuss verbringen unsere Experten den Grossteil ihrer Zeit damit, Performancezahlen von Indizes und Portfolios zu betrachten und zu bewerten. Verstehen wir uns richtig: Kontrolle muss sein. Aber sollte es nicht viel mehr um Investitionsentscheide gehen?

Und so geht es in der Finanzwelt tagein, tagaus um Performancezahlen statt um Inhalte, und wir vergleichen unsere Ergebnisse oft mit den falschen Benchmarks. Kann man sich da wundern, dass unsere Anlagen nicht richtig vorwärtsmachen?